Diese
Momentaufnahme sollte sich niemand entgehen lassen: Schauen Sie sich
einmal dieses "Special"
der Financial Times Deutschland (FTD) zum Thema Mindestlohndebatte
an. Uns zumindest packt das kalte Grausen - Kann man so etwas noch
Journalismus nennen? Wohl nicht... eher dann schon
Propaganda-Feldzug. Es lohnt sich allerdings, diesen einmal genauer
unter die Lupe zu nehmen - und daher bringen wir hierzu nach dem
letzten Beitrag "Ball
Paradox" gleich noch mal einen Artikel zum Thema Niedriglohn
und Arbeit. Überwiegende Verantwortung für die
redaktionelle Gestaltung des Propaganda-Feuerwerks bei der FTD:
Birgit Marschall, eigens zu diesem Zwecke eifrigst unterwegs zwischen
Berlin und den anderen absurdistanischen Hochburgen hierzulande - München
und Wiesbaden. Nun zur Sache....
Fangen
wir mit den sogenannten Oekonomen an. Das sind Menschen, die - wie
Prof. Sinn - höchst merkwürdigen Theorien anhängen und
mit gradezu furioser Vorliebe auf jenen Menschen herumtrampeln, die
diese merkwürdigen Theorien schon mit ihrer bloßen
Existenz in Frage stellen. Fakt bleibt indes: Es ist für unsere
Wirtschaft absolut belanglos, wieviel Blöd-Sinn man im
Niedriglohnsektor noch anstellt. Allenfalls der Staat hat Probleme
damit - denn dieser muss die Auswirkungen des Schwach-Sinns berappen
- wozu Konzerne und Reiche in Deutschland immer weniger beitragen
(siehe Steuersenkungen...)
Das
Ausland sollte diese illustere Gesellschaft mal lieber ruhen lassen -
denn z.B. im neoliberalen Musterland Großbritannien beträgt
der dort bereits seit 2005 bestehende Mindeslohn derzeit 7,96 € -
ein Wert für den hier anscheinend der kollektive Freitod unserer
Wirtschaftslobby angekündigt ist, weil bei ihm - zumindest nach
unseren Oekonomen - unsere hiesige Wirtschaft scheinbar auf der
Stelle zusammen brechen müsste. In 18 von 25 EU-Ländern
gibt es indes bereits Mindestlöhne (weitere
Info hier) und Nichts ist dort bisher zusammen gebrochen.
Der
unbefangene Beobachter mag sich die Augen reiben und fragen "...wozu
dann diese Gespenster-Debatte hierzulande?". Nun - die Antwort
ist relativ einfach. Es gibt hierzulande wohl eine Lobby, die unsere
Führungsgeweihten seit Jahren mit absoluten Spitzenratschlägen
versorgt - die haben zwar alle nichts gebracht bzw. sich hinsichtlich ihrer vorgeblichen Ziele als
wirkungslos erwiesen. Aber das ist natürlich kein Grund, nicht
immer noch weitere solcher absurden Vorschläge nachzuschieben.
Immerhin ist Deutschland als die mit Abstand stärkste
Volkswirtschaft in der EU inzwischen führend in Sachen
Lohndrückerei bei Arbeitnehmern und zugleich auch bei der
Explosion der leistungslosen Einkommen. Der Beschäftigungsgrad
indes blieb - wie wir alle wissen - auf der Strecke.
Und
nun eine Kostprobe von unserem Professor Sinn - "Wenn
ich durch Kombilöhne etwas erreichen will, muss ich alle
fördern", sagte Sinn. Flickwerk sei dagegen "des
Teufels", da die subventionierten Gruppen regulär
Beschäftigte schlicht verdrängten. Doch sei unstrittig,
dass Arbeitsplätze für Geringqualifizierte subventioniert
werden müssten, da diese die Anspruchslöhne nicht mehr
selbst am Markt erzielen könnten, die die soziale Grundsicherung
vorgebe". Wer und was hier des "Teufels"
sein könnte, wollen wir an dieser Stelle lieber nicht
erörtern... kommen wir statt dessen gleich zu den Lügen:
Erste
Lüge - "Anspruchslöhne". Hartz IV ist kein
Leben in unter fragwürdigen Umständen erworbenem Saus und
Braus, wie bei Esser und Landowsky - Hartz IV ist Herumkrebsen am
Existenzminimum - Herr Professor. Und dies Tag für Tag, Monat
für Monat... und leider auch: Jahr für Jahr.
Zweite
Lüge - Hier könnten Menschen angeblich am Markt etwas
selbst nicht mehr erzielen. Falsch - der Markt fragt die Leistung
dieser Menschen nicht nach. Und das ist eigentlich alles was sie
"verbrochen" haben. Selbst meine Oma begreift, dass noch
mehr Druck auf Arbeitslose hieran nicht auch nur das Allergeringste
zu ändern vermag. Arbeitsplatzverlust ist heute ganz überwiegend
nicht Ausdruck von Minderleistung sondern ein Pech, das einen
abhängig von der gerade frühstückenden Heuschrecke
ereilt, wie einst die Jungfrau zum Kinde kam.
Dritte
Lüge - "Geringqualifizierte". Sinn suggeriert dort
läge die Wurzel des Übels - in Sinn's Welt sind eben alle
Arbeitslosen "Geringqualifiziert". Falsch - erstens gibt es
eine Menge durchaus beachtlich qualifizierter Arbeitsloser und alle
gemeinsam haben wir, weil ganz offensichtlich unsere mometane Art des
Wirtschaftens es der Wirtschaft nicht erlaubt, genügend
Arbeitsplätze anzubieten. Und selbst wenn alle heutigen
Arbeitslosen derart "qualifiziert" wären, wie Sinn -
der eine oder andere würde ja vielleicht Arbeit finden (z.B. als
Propagandist für die Interessen von Konzernen und Reichen) - und
doch stünden dafür dann aber andere auf der Straße.
Vierte
Lüge - Sinn fordert flächendeckenden "Kombilohn". Dies verbindet er mit der Vorgabe, ein solcher
müsse flächendeckend sein, da es sonst zu "Verdrängung"
regulärer Arbeit komme. Diese Argumentation entbehrt jedweder
inneren Logik - Kombilöhne werden IMMER reguläre Arbeit
verdrängen, gleich ob man sie nur vereinzelt, flächendeckend
oder in Paisley-Mustern einführt. Kombilohn heißt nichts
weiter, als dass Arbeit für den Unternehmer NOCH billiger
wird. Am Markt selbst aber - der letztlich den Spielraum für den
Bedarf des Unternehmers an Arbeit vorgibt - ändert sich durch
billigere Arbeit zunächst mal gar nichts.
Auch
verdrängen die "Kombilöhner" selbst übrigens
niemanden - hier gleich noch mal eine Lüge in der Lüge. Sie
arbeiten nach wie vor für den gleichen Schweinelohn wie vorher.
Verdrängen werden die Arbeitgeber - denn diese können via
Kombilohn billiger an die von ihnen benötigte Arbeit kommen. Da
bei diesem Prozess nirgendwo mehr Geld auf dem Markt freigesetzt
wird, kann es indes auch keine Impulse für diesen geben. Ergo
wird Arbeit schlicht vom höheren zum niedrigeren Lohn verlagert - und das
wird es dann gewesen sein.
Übrigens
ist der Kombilohn in Hamburg bereits ersprobt worden - die Ergebnisse
entsprachen in etwa den düsteren Vorhersagen für ein
solches Szenario (wir berichteten hier).
Doch unser nimmermüder Professor sieht in der Konkurrenz, die
sich Unternehmen um Kombilöhner angeblich machen werden
(...hoch lebe der Traumtanz!), einen zuverlässigen Schutz gegen
Lohnverfall. Erfahrungstatsache in Hamburg war indes: Dort wurden
Arbeitnehmer "erpresst", in den Wechsel zu einem
Kombilohnvertrag einzuwilligen - ansonsten "fliege" man...
so einfach kann Realität sein - wenn man sie nur mal sehen
wollte.
Sinn
mag es drehen und wenden wie er will - der Gewinner bei all seinen
Lügen bleibt immer: der Arbeitgeber - der hat mehr Gewinn in der
Kasse. Dieses Mehr wird in diesem Fall bezahlt vom Staat, der das
Kombi zum Lohn finanziert. Dieses Mehr an Gewinn fließt
allerdings - wie heute zweifelsfrei feststeht - nicht zurück in
den Markt, sondern landet im Anlage- und Heuschreckenbereich, auf
dass es sich fortan arbeits- und leistungslos von selbst vermehre.
Wer
nun denkt, mit Sinn's absurden Thesen sei das Kabinett der
Grausamkeiten in der Propaganda-Offensive erschöpft, der irrt.
Unsere tollen Oekonomen brandmarken nämlich etwas, was sie vor
nicht allzu langer Zeit selbst noch empfohlen hatten: den
Zuverdienst für Arbeitslose. Der müsse nun
eingeschränkt werden, da Arbeitslose - "faul" wie sie
nun mal sind - es sich sonst in der sozialen Hängematte
angeblich allzu gemütlich machten, indem sie ihr karges
Einkommen einfach mit einem bombigen 400€ Job aufstocken. Und nun
wird es richtig bizarr: Schon heute hat ein minijobbender Hartzling
nur zwischen 100 und 160€ mehr im Geldbeutel - den Rest kassiert
der Staat bereits via Anrechnung auf das ALG2.
Diese
paar Kröten möchte nun die hessische Sozialmininsterin
Silke Lautenschläger - als Juristin sozial kompetent bis
dorthinaus - auch noch einkassieren. Im Klartext - der Arbeitslose
soll seinen 400 € Job künftig bitteschön "umsonst"
machen. Doch selbst das reicht der überaus ambitionierten
Fehlbesetzung für Soziales im Kabinett Koch noch lange
nicht - Lautenschläger macht ihrem Namen alle Ehre und möchte
mit ihrer Forderung nach Unterhaltsrückgriff
bei ALG2-Beziehern nicht nur die unglücklichen
Arbeitslosen selbst, sondern auch gleich noch deren Verwandtschaft
kräftig mit abzocken. Und das "natürlich"
ausschließlich zu dem Zweck, dass böse Arbeitslose endlich
mal Vollzeitarbeitplätze anstreben, von denen derzeit noch weit
mehr als 4 bis 6 Millionen hierzulande schlicht fehlen dürften.
Gänzlich
zynisch wird die hessische Ministerin übrigens dann mit ihrem
und der CDU Wahn von der "Sozialen Kapitalpartnerschaft"
- jenes Märchen von der Beteiligung der Arbeitnehmer am Kapital
und am Erfolg der Wirtschaft. Hartzlinge können sich schon heute
rein gar nichts mehr leisten - weder ein ordentliches Gebiss, noch
eine private Altersvorsorge und erst recht keine Beteiligungen an
irgendwelchem Kapital. Wenn man nun noch hinzunimmt, dass Silke
Lautenschläger einen kurzen Draht zu unserer Kanzlerin hat, kann
sich jeder hierzulande in etwa ausmalen, dass mit dem bereits
Vollzogenen die Steigerung des Absurden in Deutschland noch lange
nicht am Ende sein muss. Wer es genauer wissen will, sollte unbedingt
weiter CDU wählen!
Das
Gruselkabinett dieses Artikels dieses Artikel jedenfalls wird am Ende
noch durch Vizedirektor des Nürnberger Instituts IAB, Dr. Ulrich
Walwei, abgerundet. Dieser hält - überaus generös -
einen Mindestlohn von 4,50 € immerhin für "unschädlich".
Das sind satte 720 € im Monat für einen 40Std-Vollzeitjob. Eine
Erklärung dafür, wieso der Mindestlohn in der stärksten
Volkswirtschaft der EU bei nur etwa 60% dessen liegen soll, was in
vergleichbaren Ländern der EU längst üblich ist,
bleibt Dr. Walwei indes schuldig.
All
die obigen Sozial-Kombattanten nehmen die Realitäten im Lande
überhaupt nicht mehr oder bestenfalls noch höchst selektiv
wahr - bzw. wollen vorsätzlich über diese hinwegtäuschen.
Längst regt sich bereits bei EU-Partnern Unmut über die
deutsche Politik der binnenwirtschaftlichen Demontage. Deutschland
wird defakto zunehmend zur Niedriglohnkonkurrenz für die Partner
- was jenen wiederum Probleme im eigenen Haus und auf dem Weltmarkt
beschert.
Doch
wichtiger für die drangsalierten Menschen hierzulande ist indes
ein anderer Zusammenhang: Nehmen Sie einen Hartzling, verehrte
Leserinnen und Leser. Wie wir alle wissen erhält dieser 345 €
für einen Monat Leben. Allein die "Maschinerie" zur
Prüfung seiner Bedürftigkeit, Zwangseinweisung in 1€
Jobs, Überwachung seiner Lebensumstände
(Bedarfsgemeinschaften) ist DAS Arbeitsbeschaffungsprogramm für
Behörden schlechthin - und dürfte allein pro Hartzlingkopf
schon einen erheblichen Aufwand an Kosten verursachen. Denn all die
Menschen, die solches tun, verdienen ja nun mal ein Vielfaches von
dem, was für einen Hartzling je erreichbar wäre. Nehmen wir
dann noch die Parteien, Institute (Professoren) und Medien hinzu, die
anscheinend nichts Besseres zu tun haben, als sich fortwährend Gedanken zu machen, wie man diese Menschen noch mehr
drangsalieren könnte, dürfte sich diese Bilanz noch weiter
zu ungunsten der - eigentlich ja in einer Notlage befindlichen
Menschen - verschlechtern.
Damit
nicht genug - wer 1€-Jobs bereit stellt, wird "gefördert"
- Zitat: "...Die Arbeitagentur zahlt Ihnen
für Ihren Aufwand, den Sie mit der Schaffung der Zusatzjobs
haben, 200 € bis 500 € pro Monat und geschaffenen 1-Euro-Job...".
Ein Umstand übrigens, der die bisweilen höchst merkwürdige
Haltung von Insititutionen der Wohlfahrt und Caritas zu diesem
Themenkomplex erklärt und eigentlich gar nicht mehr mit
irgendeiner Sinnhafltigkeit politischen Handelns in Einklang zu
bringen ist.
Hinter
dem Ganzen zeichnet sich eine Strategie zur gesellschaftlicher
Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsteile ab. Hier werden Menschen
per Gesetz zunächst systematisch verarmt und dann in einen
Gespenster-Arbeitsmarkt "abgeschoben" aus dem es praktisch
kaum noch ein Entrinnen gibt. Für diesen Markt könnte man
treffender freilich gleich den Begriff "Sklavenmarkt"
wählen - denn der Hartzling ist ja per Gesetz bereits gezwungen,
jegliche Arbeitsangebote anzunehmen. Auch wenn das noch nicht bis zu
Michael Glos mit seinem Reicharbeitsdienst vorgedrungen scheint...
Langzeitarbeitslose
sind als "Marktteilnehmer" also alles andere "frei".
Hier werden Menschen marginalisiert - übrigens auch statistisch:
wer einem 1€ Job nachgeht, taucht in der BA-Lügenstatistik
über die Arbeitslosigkeit nicht einmal mehr auf. Auch als
Konsumenten sind diese Menschen marginalisiert - auch dort spielen
sie praktisch keine Rolle mehr.
Aber
alle Welt "verdient" an ihnen - nur sie selber schauen
in die Röhre und fortwährend wird ihnen mit noch mehr
"Bestrafung" (obwohl sie nichts verbrochen haben) in Form
immer unerträglicherer Lebensumstände gedroht - während
die echten Wirtschaftsverbrecher vor Gericht meist freikommen. Der
vorläufige Noch-Nutzen des Arbeitslosenheeres für die
"grauen Eminenzen" der Republik liegt allein nur noch in
ihrer Instrumentalisierung als "Knochen" im Gezerre der
Restgesellschaft um die größtmögliche Bereicherung
dieser oder jener Gruppe jenseits des Sklavenmarktes.
Seit
Jahren schon halten jene grauen Eminenzen dem Staat eine angebliche
Lösung des Problems der Arbeitslosigkeit hin, wie man einem Hund
einen Knochen hinhält. Und fürwahr - es ist gelungen, der
Politik eine Reihe beachtlicher Kunststückchen beizubringen.
Perfekt "Männchen" machen und brav Apportieren dürften
dort inzwischen zu den Basic-Assetts zählen. Und doch bleibt es
nun mal logisch unabdingbar für weitere Dressurübungen, den
Knochen niemals heraus zu rücken - will heißen: es
besteht ein sich erhärtender Verdacht, dass es vielleicht nie
wirklich das Ziel all der vielen bereits "verbrannten"
Patentrezepte war, die Arbeitslosigkeit auch wirklich zu senken.
Schon
seit den Zeiten des dicken Kanzlers ist eigentlich klar: Wer zur
Lösung des Arbeitslosenproblems auf die Vorschläge der
Wirtschaft und ihrer Zirkel hört, tut nichts weiter, als den
Bock zum Gärtner zu machen. Seit vielen Jahren haben all diese
Leute, Verbände, Initiativen und Seilschaften nur eines
bewiesen: nämlich, dass sie zu einer grundsätzlichen Lösung
der Probleme nichts beizutragen haben. Warum sollten sie auch -
wenn sie doch an den gegenwärtigen Verwerfungen so prächtig
wie noch nie verdienen?
ARTIKELENDE
CogitoSum
- Beitragskritik:
Wirschaft
- Hintergründe:
|