(editiert am 1.5.2007) Dass
uns nach der Satire zum Bundestrojaner der Ernst des Lebens derart
schnell und vor allem so erschütternd einholen würde, war
nicht vorherzusehen. Ohne öffentlichen Aufschrei zog diese
Meldung des Stern vom 19.04.2007 durch den Medienbrei in
Absurdistan: In Speyer ist ein psychisch kranker junger Mann (20)
verhungert. Er war trotz seiner Erkrankung offenbar als arbeitsfähig
eingestuft worden und zählte zum Kreis der stolzen Bezieher von
Hartz IV. Der erste Hartz-Tote in Deutschland! In der nebenstehenden Wohung in einem sonst leeren Haus lebte er zusammen mit
seiner Mutter in einer "Bedarfsgemeinschaft" - die
selbst, nachdem sie den Tod ihres Sohnes mit ansah und vier Tage nicht meldete, mit Mangelernährung
in eine Klinik eingeliefert werden musste. Als wenn der Vorfall an
sich nicht schon widerlich genug wäre - Geschlagene 2 Wochen
liegt er bereits zurück, ohne dass er ein größeres
Echo in den Medien gefunden hätte - obwohl die Meldung über die DPA-Ticker lief. Was
ist los mit diesem Land - was ist los mit den Menschen, die darin
leben - und was sind das für Medien, die wir in diesem
Absurdistan haben? Medien, denen hirnlose und zweckfreie
Dieter-Bohlen-Kacke jederzeit einen Platz zur besten Sendezeit oder
auf Seiten Eins wert ist. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht,
liebe Leserinnen und Leser.
Ich jedenfalls schäme mich
- schäme mich für unsere Gesellschaft, für unser Land,
für unsere Medien, für unsere Politiker, unsere Behörden
und unser Recht.
Was
ist geschehen? Weil der junge Mann - offenbar aufgrund seines
psychischen Zustands - mehrfach "Gesprächseinladungen"
seiner zuständigen Behörde, der "Gesellschaft für
Arbeitsmarktintegration (GfA)" in Speyer ignorierte, wurden ihm
seine ALG2-Bezüge wie in diesen menschenverachtenden
Gesetzesunrat vorgesehen, in Stufen gekürzt - bis zum Jahresende
schließlich gar nichts mehr gezahlt wurde. Nicht zuletzt
weist der ebenfalls unterernährte Zustand der Mutter des Opfers
darauf hin, dass die Kleinfamilie sich vermutlich schon lange mit der
kafkaesken Situation arrangierte, so gut es eben ging. Als dann vor
vier Monaten eben gar kein Geld mehr kam - war klar, dass nunmehr die
Katastrophe ihren Lauf nehmen würde.
Sicher,
die Verhältnisse im Haushalt der beiden mögen - selbst für
die Unterschicht - jenseits
der Norm angesiedelt gewesen sein. Offenbar aber
litt der 20-jährige Sonderschüler an schweren Depressionen,
zu deren Krankheitsbild vor allem Antriebslosigkeit und Phlegmatie
bekanntermaßen gehört. Zuvor aber war er bereits Kunde des
zuständigen Sozialamtes, welches ihn wohl trotzdem als
arbeitsfähig eingestuft hat. Bereits hiermit könnte
möglicherweise das Schicksal des jungen Menschen besiegelt
gewesen sein - da bei seinem Zustand fast zu erwarten war, dass er
bei dem üblichen "Mach-Männchen-Spiel", zu
welchem die nach einem Wirtschaftkriminellen benannten Schandgesetze
hiesige Behörden ermächtigen, früher oder später
unter die Räder kommen würde.
Dieser
Fall legt nicht nur die von uns schon immer so gesehene widerlich
menschenverachtende Struktur dieser Gesetze offen. Gegen
das beteiligte Sozialamt wie auch gegen die GfA in Speyer sind genau
betrachtet Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung oder gar
Totschlag fällig. Längst müsste hier die
örtlich zuständige Staatsanwaltschaft von sich aus tätig
geworden sein - denn hierzu ist sie ohne Entscheidungsspielraum
verpflichtet sobald ihr ein entsprechender Fall bekannt wird. Hiervon
ist auszugehen, wenn das ganze Drama sogar in der Zeitung steht. Doch
von Ermittlungen ist nichts bekannt - Weit haben wir es schon
gebracht, kann man dazu nur sagen. Noch ein bischen weiter - und wir
dürfen uns über unsere Mitgliedschaft im Club der
Bananenrepubliken freuen.
Dabei
steht eindeutig fest: Hier führten im
Zusammenwirken zwei Behörden den Tod eines Menschen herbei - und
dies insoweit schuldhaft, als das Verhungern
der Bedarfsgemeinschaft mindestens
fahrlässig in Kauf genommen worden war.
Vor diesem Vorwurf schützen auch die Hartzgesetze nicht - denn
diese stehen als Rechtsgut weit unterhalb der in der Verfassung
verbrieften
und unkompromittierbaren Menschenrechte in
diesem Land.
Dem
Sozialamt müssen bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung
seiner Obliegenheiten zumindest Hinweise auf den Zustand des Opfers
vorgelegen haben - mithin wird seine Einstufung als "arbeitsfähig"
höchst fragwürdig - vielmehr besteht der Verdacht, das man
den jungen Mann aus finanziellen Gründen von der kommunal
finanzierten Sozialhilfe in das bundesfinanzierte Hartz-Heer abschob.
Unglaubwürdig
erscheint, dass die Hartzbehörde GfA von der Krankheit des
Opfers nichts gewusst haben will. Auch die GfA kann sich als Behörde
nicht unter Hinweis auf nachrangige Gesetze (nichts anders sind die
Hartz-Gesetze) von dem Vorwurf befreien, mit der Kürzung des
Geldes sachlich zunächst einmal das Leben der betroffenen
Menschen zu gefährden - Genau dies ist mit einer höchst
schwerwiegenden Folge im vorliegenden Fall eingetreten.
So
musste der junge Mann in Speyer die Aktivität der Behörde
sowie die Widerlichkeit der Gesetze mit seinem Leben bezahlen - und
seine Mutter wäre fast noch zum zweiten Opfer geworden. Die
zynisch-behördliche Logik zu ende gedacht, waren die
Dienstleistungen, die die GfA an diesen Menschen nach den "Gesetzen
für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt"
vollbrachte, folgende: Tod und Lebensgefahr.
Die
perversen Kürzungsorgien bei HartzIV - die übrigens gerade
erst verschärft wurden und sich künftig AUCH auf den
Mietzuschuss (!) erstrecken werden, KÖNNEN indes generell nicht
verfassungskonform sein. Ihrem Wesen als Sanktion nach kommen sie
einer Bestrafung gleich - einer Bestrafung von Menschen
allerdings, die nichts verbrochen haben, und selbst wenn man die
mickrige Ordnungswidrigkeit eines Terminversäumnis als
strafwürdig einordnete - so wäre immer noch die Anforderung
nach der Verhältnismäßigkeit zwischen Tat und
Strafe gegeben. Langzeitarbeitslose sind heute bereits defakto
Menschen Zweiter Klasse in diesem Land:
Selbst für Schwerst-Kriminelle würde unsere verkorkste
Justiz die HUNGER-STRAFE jederzeit als verfassungswidrig
ansehen.
In
unserer Verfassung heißt es in Artikel 1 Absatz (2): Das
Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und
unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder
menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der
Welt. Wie der Fall in Speyer auf tragische Weise deutlich
macht, sind es hier bereits schon Gesetze selbst, die gegen diesen
Artikel verstoßen. Doch selbst das enthebt die Behörden
nicht ihrer Verantwortung - denn es heißt im ersten und damit
wichtigsten Verfassungsartikel ein Absatz zuvor: (1) Die
Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu
schützen ist Verpflichtung aller
staatlichen Gewalt.
Diese
Verpflichtung ist von der GfA in Speyer - unwiderlegbar bewiesen
durch die grausame Realität - mit Todesfolge missachtet worden
und somit stellt sich hier die Frage nach der persönlichen
Verantwortung von entscheidenden Funktionsträgern dieser
behördlichen Einrichtung - auch das zuvor für das Opfer
zuständige Sozialamt ist ebenfalls in die Ermittlungen
einzubeziehen - denn auch hier steht der Verdacht der
Dienstpflichtverletzung im Raume.
Insgesamt
erhebt sich die Frage, wie lange eigentlich die Bürger dieses
Landes noch weiter tatenlos zusehen wollen, wie hier tagtäglich
die Rechte von Mitmenschen offen mit Füßen getreten werden
- und das auch noch von Behörden - Menschen die von der
Gesellschaft für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung
bezahlt werden. Alles worum es Im vorliegenden Fall ging, waren ein
paar Euro-Fünfzig für das allernötigste, was ein
Mensch hierzulande zum Leben braucht. Den Jahresgehalts-Millionären
müsste angesichts dieses Vorfalls doch der Kaviar im Halse
stecken bleiben. Das Ganze wird zu nichts mehr als nur noch eine
Karikatur auf jeden - aber auch jeden - Gedanken von Gerechtigkeit,
wenn in einer der reichsten Gesellschaften der Welt irgendein nicht
wahrgenommener Papierkram Rechtfertigung sein soll, das - gemäß
unseren Gesetzen verbotene -Todesurteil
über Menschen zu verhängen, die nichts wirklich
wichtiges verbrochen haben.
Wann
endlich ist denn für die noch klar denkenden Menschen dieses
Landes der Zeitpunkt gekommen, faule Tomaten und Eier nach all den
Sinns, Söders und und deren Konsorten zu werfen, sobald sie ihre
nächste Forderung nach Verschärfung dieser verfassungs- und
vernunftwidrigen Hartz-Gesetze erheben? Oder wollen
wir wirklich zuwarten, bis man armen Menschen, die keine Arbeit mehr
finden können, wieder ein Zeichen an ihre Kleidung (...wie
wär's mit der schwarz-weiß-roten Swastika?...)
heftet und sie in Lager mit der Aufschrift: "Arbeit
macht frei..."
pfercht? Ein Szenario übrigens, das als Folge der neuerlichen
Sanktionsverschärfung bei Hartz IV schneller Realität
werden könnte, als mancher glauben mag.
Schließlich
steht jeder, der künftig seine
Miete wegen Sanktionen nicht mehr zahlen kann vor der Zwangsräumung.
Sollen solche Menschen künftig nicht die Innenstädte
bevölkern, werden derartige Institute (...die sich dem Vernehmen
nach bereits in stillschweigendem Aufbau befinden...) unvermeidlich
sein - da die vorhandenen Obdachlosenheime über praktisch keine
Kapazitätsreserve verfügen. Die Chancen auf einen
Arbeitsplatz für Menschen mit solcher Wohnanschrift indes kann
sich jeder an drei Fingern abzählen.
Der
Ursprung all diesen Übels, jene Gesetze mit dem zynischen Namen
"Gesetz
für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt",
haben auf der ganzen Linie versagt. Eigentlich konnten sie auch nie
funktionieren - denn Arbeitsplätze, die es nicht gibt, kann sich
selbst der willigste und eifrigste Arbeitslose nicht schaffen. Alles
- was er je schaffen könnte, ist bestenfalls, sein Schicksal mit
einem anderen, der noch arbeitet, zu tauschen. Für Gesellschaft
und Arbeitsmarkt bleibt dies ein Nullsummenspiel - bei dem einzig
nicht selten durchaus fragwürdige Strukturen noch kräftig
Kasse machen.
Sicher
- der Vorfall in Speyer mag ein Einzelfall sein. Er ist aber keine
Tragödie, die unvermeidlich über uns gekommen ist. Er ist
ein GAU, der eindringlicher als jede Expertenrunde oder
Parlamentsrede den perversen Charakter des Hartz-Gesetzeswerks
offenlegt und unter Beweis stellt. Längst geht es hier nicht
mehr um Zustimmung oder Mehrheiten in der Bevölkerung. Denn
selbst eine 90%-Mehrheit
hat nicht das Recht,
eine weitgehend unschuldige Minderheit zu verfolgen und ihnen ihre
verfassungsgemäße Rechte abzusprechen. All dies gab es
hierzulande schon einmal - und so sollte jeder bedenken: Wer diesen
klaren Befund immer noch ignoriert, macht sich mitschuldig an dem
Unrecht, dass an diesen Menschen begangen wird und weiter begangen
werden wird. Daher ist zu fordern, dass sämtliche
Sanktionsbestimmungen nach den Hartzgesetzen unverzüglich
solange auszusetzen
sind - bis sichergestellt ist, dass nicht noch weitere unschuldige
Menschen hierdurch zu Schaden kommen können.
Die
zumindest in den wenigen Medien, die diese Meldung überhaupt
veröffentlichten, daraufhin erfolgenden teilweise heftigen
Diskussionen kristallisieren zwei Meinungslager heraus: ein
kleineres, welches sich hinter der Devise "Selber Schuld!"
versammelt und eine Mehrheit, die den Standpunkt "Riesen-Sauerei!"
vertritt. Wie meist in öffentlichen Forendiskussionen verfehlen
die Statements indes das Gesamtspekrum dieses
eigentlich höchst alarmierenden Vorfalls, weswegen wir das hier etwas aufarbeiten
wollen.
Die
Verniedlicher des Vorfalls sind auf dem Holzweg - der Vorfall ist
vollendete Realität. Hiermit erübrigt sich jede Diskussion
darüber, ob oder wie das Opfer oder seine Mutter ihn hätte
vermeiden können - offenbar konnten beide es nicht. Der Mann ist auch nicht bei Bezug seiner vollen Stütze freiwillig in den Hungertod
gegangen oder weil da Geld für Alkohol oder Drogen verplempert
worden wäre. Die behördliche Streichung der Unterstützung
stellt unter den gegebenen Umständen eindeutig und ohne "Wenn und Aber" zweifelsfrei die
sachliche Ursache für seinen Tod dar.
Besonders
gerne verweisen manche Klugscheißer auf die vielen Tafeln,
Hilfsorganisationen etc. Wunderbar, dass wir solche Einrichtungen
haben - nur können diese das Rückgrat unseres
Sozialsystems bilden? Können diese die augenscheinliche Defekte von Gesetzen geheben? Nein - können sie natürlich nicht, zumal weder kontinuierliche noch flächendeckende Versorgung
garantiert werden kann. Das - oder genauer beide - Opfer standen nun mal unbestreitbar unter
der Verwaltung der zuständigen GfA, deren Zahlungen sie jahrelang am Leben hielten. Diese Zahlungen stellte die Behörde
nach und nach ein. Dies ist kein Zufall - sondern ein Akt des Willes und Auswirkung der Gesetzesstruktur. Die Behörde tat dies offenbar ohne auch nur einen Gedanken an die
möglichen Folgen zu verschwenden.
Die
Sanktionsbestimmungen in den Hartz-Gesetzen selbst sind es, die den
Sinn eines Sozialsystems und noch einiges mehr pervertieren - DARF
unser reicher Staat denn überhaupt eine Hilfe zahlen, von der
ein Mensch hierzulande nachweislich nicht leben kann? Hiervon ist
bereits nach der ersten 30%-Kürzung der Hilfe zum
Lebensunterhalt auszugehen, da von der Hilfe ja noch allerhand
anderes als nur Lebensmittel zu bezahlen sind. Es steht auf einem
völlig anderen Blatt, ob hiervon Betroffene sich anderweitig
Hilfe organisieren können - Zahlungen an Bedürftige, die
ein Überleben nicht mehr ermöglichen, sind nicht minder
zynisch als Arbeit zu einem Lohn, von dem man nicht leben
kann.
Vollkommen
grotest wird das Ganze indes, betrachtet man die Umstände, die
zur Streichung der Zahlungen führten. Gut - der Mann hat von der
Behörde eingeforderte Termine nicht eingehalten. Doch - was ist
daran so schlimm? Ist das etwa kriminell? Ist irgendeine Person
hierdurch zu Schaden gekommen? Wusste die GfA in Speyer nicht mehr
wohin mit all den tollen Arbeitsplätzen für diesen Mann?
Nichts von alledem war der Fall. Hieran wird u.a. auch deutlich, dass die Hartzgesetze soziale Randständigkeit nicht nur nicht bekämpfen, sondern sie vielfach fördern.
In
unserem heutigen Absurdistan aber verbreiten Politiker und Medien
tagtäglich neue Lügen von einem angeblichen Rückgang
der Arbeitslosigkeit - knapp 4 Mio sollen es derzeit noch sein. JEDER
weiß, dass in dieser Witz-Zahl all die 1€-Jobber sowie jene,
die in sogenannten "Maßnahmen" der Behörden
stecken, NICHT enthalten sind. Vor allem der Umfang der "Maßnahmen"
wird nun schon seit Monaten ausgeweitet, womit dann auch klar ist, wo
die wahren Quellen für das "Job-Wunder" sprudeln.
Natürlich ist ein 1€-Jobber genau so ARBEITSLOS wie einer, der
grade einer "Maßnahme unterzogen wird" (...denn die
Teilnahme daran ist ja nicht etwa freiwillig...).
Hiermit
steht der Sinn der in den Hartzgesetzen vorgesehenen Sanktionen
vollumfänglich in Frage. Es fehlen nach wie vor weit mehr als
die offiziellen 4 Mio Arbeitsplätze in diesem Land. Was also
kann eine Sanktion da überhaupt je bewirken? Nichts - nichts
jedenfalls, als solchen Menschen, die ohnehin schon unter ihrer
ausweglosen Lage leiden, noch ein weiteres Mal ins Gesicht zu
schlagen. Und dies nur, um tumbe Urängste engstirnigen Bürgertums
spätmittelalterlicher Prägung zu befriedigen.
Die
Angst lautet: "Wenn es in der Sozialen Hängematte arg zu
kuschelig wird, wird niemand mehr Arbeiten wollen..." und an genau dieses idiotische Konstrukt wird vor allem von Jenen so gerne appeliert, die selbst nicht auch
nur entfernt einen Schimmer davon haben, wie sich Leben in der
Sozialen Hängematte heute wirklich anfühlt. Darüber
hinaus ist diese These so alt wie sie falsch ist. So toll lebt es
sich gewiss nicht von 621 € für 2 Personen - und wenn man dieses dann
noch kürzt, lebt es sich sehr bald gar nicht mehr - wie in Speyer
bewiesen wurde.
Somit sind diese Sanktionen nichts weiter, als ein massiver Eingriff in die
sowieso schon bescheidenen Lebensumstände armer Menschen und
letztlch in deren körperlicher Unversehrtheit. Sie sind
menschenrechtswidrige Bestrafungen für ein gesellschaftlich völlig
irrelevantes "Kunstdelikt" - künstlich geschaffen von
Gesetzen mit völlig anderen Zielen als den vorgegebenen.
Langzeitarbeitslose werden hierbei einer wesentlichen härteren
Bestrafung ausgesetzt, als sie Mördern oder Kinderschändern
je drohen könnte. Solche werden in den Justiz-Vollzugs-Anstalten
des Landes notfalls sogar zwangsernährt - würde man
Strafgefangenen heute wegen unbotmäßigem Verhalten die
Essensration kürzen, säße Deutschland morgen auf der
Internationalen Anklagebank.
Selbst
Krimimellen wie im Übrigen auch Behinderten wird mehr Lebensrecht zuerkannt - beide lässt sich unsere Gesellschaft Einges
kosten - nur für den zumeist sogar arbeitswilligen Langzeitarbeitslosen indes scheint jeder Cent zuviel - der soll verrecken. Das ist die am
Beispiel Speyer deutlich gewordene Botschaft dieses Gesetzesunrat -
passenderweise benannt nach einem Wirtschaftskriminellen.
Doch
wenn diese Sanktionen so widersinnig und so nutzlos sind, wieso gibt
es sie dann? DIES ist allein die zielführende Frage zu dem
gesamten Komplex. Weder die Hartzgesetze noch ihre Sanktionen gibt es in Wahrheit,
um Menschen zu helfen... das war von vornherein auch nie ihr Anliegen
oder Ziel. Auch wenn wackere Schröder-Fans in der SPD es immer noch nicht wahrhaben wollen - es geht um eine ebenso verdeckte wie gezielte
Beeinflussung des Arbeitsmarktes insgesamt. Es geht um dessen nachhaltige
Deformation zugunsten von Ausbeutungs- und Machtstrukturen. Jedem,
der aus welchen Gründen auch immer nicht arbeitet oder arbeiten kann, droht heute - legalisiert durch Hartz -
in dieser Reihenfolge: Enteignung, soziale Ausgrenzung und letztlich auch noch die Streichung seiner
bis dahin bereits mickrigen Lebensgrundlage.
All
den Tafel- und Caritasfans sei gesagt - wenn die wirtschaftlichen
Prozesse sich so fortsetzen, wie sie derzeit angelegt sind, werden
diese die bereits längst auf sie zu rollende Aufgabe nicht einmal
ansatzweise bewältigen können. Wir wollen ja schließlich die Armutsrentner nicht vergessen - die demnächst auch noch in Scharen entstehen werden. Almosen und Gute Taten sind
immer zu begrüßen - was hier aber dringend Not tut, ist die
Wiedererrichtung eines Gleichgewichts der Kräfte in unserer
Gesellschaft.
Die
Hartzgesetze bedrohen schon strukturell den Entscheidungsspielraum aller
Arbeitsfähigen - formell muss der Arbeitslose jede Arbeit,
und sei sie noch so beschissen, antreten - oder sie werden auf Raten
vernichtet. Zugleich bauen diese Gesetze auch die entsprechende
Drohkulisse für jene auf, die noch Arbeit haben. Das ist die klare
Sprache dieser widerlichen Think-Tank-Optimierten Strukturen. Über
die Attraktivität ihres Angebots brauchen sich
Arbeitsplatzanbieter da keine Gedanken mehr zu machen - weil durch
die Hartzgesetze der freie Arbeitsmarkt längst außer Kraft
gesetzt ist. Jetzt fügt sich das dann auch nahtlos zu der nicht
anders als debil zu nennenden Debatte um Mindestlöhne - wieso
sollten heute schon Herrschende auf die Option verzichten, demnächst auch auf breiterer Front Hungerlöhne anzubieten, wo es doch durch dieses "wunderbare"
Gesetzeswerk das Druckmittel gibt, auf dem Arbeitsmarkt willkürlich beliebige
Arbeitsbedingungen durchzusetzen?
Traurig
- aber Realität. Hartz hat den ersten (und sehr wahrscheinlich
bislang keineswegs einzigen) Toten gefordert. Wenn man das Szenario erweitert auf Wirtschaftskrisen und die vielen anderen zu befürchtenden
Folgen des weltweit grassierenden Casino-Kapitalismus, ist dies nur
der Anfang, ein früher "Betriebsunfall" sozusagen - wobei auch klar wird, wieso unsere Medienwelt weitgehend dazu schweigt. Die Defekte und das offene Unrecht dieses Gesetzeunrats indes werden in
solchen Szenarien erst ihre menschenverachtende Konzeption so voll
richtig entfalten. Der Tote von Speyer ist - jenseits aller
Diskussion - der klare Beweis dafür, was da in diesen Gesetzen defakto angelegt ist, wozu sie in Wahrheit auch dienen können:
und wieder wird es dann irgendwann viel später vielleicht wieder Juristen geben, die für sich in Anspruch nehmen: "Was
damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein...". Dabei steht heute schon fest: Hartz ist nicht Recht, sondern Unrecht!.
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