Eigentlich
sollte uns das Sommerloch verschnaufen lassen - denn die hiesige
Politik ist sozusagen "in Urlaub". Dennoch sprudeln die
Quellen absurdistanischen Schmierstoffes munter weiter. Einen
grandioses Beispiel leistete sich letzte Woche das ARD-Magazin
"Panorama" vom 26.7.2007. Dort war dieser
Beitrag zu verfolgen, in dem Linken-Chef Lafontaine in bekannter
Manier mal wieder mit Jenem beworfen wurde, was man sonst eher in
Keramikobjekten anfindet. "Verdrehen" und "Verschweigen"
lautete die Überschrift des Beitrags - so quasi als
unabsichtliche Zusammenfassung seines Inhalts. Und wie wir zeigen
werden, waren es höchst schmale Bretter, die dort gebohrt wurden
- und das auch noch von dünnen Kanten her. Schon der reißerische
Ansatz: "Die Berliner Republik hat einen neuen Demagogen"
deutet auf schweres Geschütz hin, was man wohl in Stellung zu
bringen gedachte. Angeblich nehme Oskar es mit den Fakten nicht so
genau - Hallo? Wie ist es denn mit der hochoffiziell geschönten
Arbeitslosenstatistik im Lande - die ebenso meilenweit an der
Realität vorbei geht, wie das unablässige Schulterklopfen
unter den Politclowns aller Coleur wegen der grandiosen Scheinerfolge
auf dem Arbeitsmarkt. Doch dass auch schwere Geschütze nicht vor
Rohrkrepierern gefeit sind, konnte man gleich in der nächsten
Sequenz des Beitrags verfolgen.
Als
Erstes mockierte man sich darüber, dass Lafontaine gerne die
Kapitalismuskritik des Vorgängerpapstes zitiert. In einer
geradezu hirnverbrannten Argumentation wurde versucht, klar zu legen,
dass es sich hier um schändlichen "Missbrauch" handele
- denn schließlich sei Johannes Paul II. ja ein entschiedener
Gegner des Sozialismus gewesen. Das mag stimmen - unterschlagen
hingegen wurde ein klitzekleines Detail: denn Lafontaine behauptet ja
keineswegs,
der Ex-Papst sei Sozialismusfan gewesen. Reich an Worten und Mienen
arbeitet sich der Beitrag so an einer These ab, die von seinen
logikfernen Redakteuren völlig aus der Luft gegriffen war - was
sie aber nicht daran hinderte, auch noch mit "aus dem
Zusammenhang gerissenen" Zitaten hantieren...
Logisch
ist die Sache klar: Kapitalismuskritik bleibt auch dann
Kapitalismuskritik wenn sie von Päpsten kommt. Mithin steht es
jedem Menschen - und so auch Oskar Lafontaine - frei, diese Kritik zu
zitieren oder sich ihrer im Rahmen der eigenen Argumentation zu
bedienen. Lüge oder Missbrauch wäre allein dann und nur
dann gegeben, wenn es die behaupteten Papstworte überhaupt nie
gegeben hätte - doch es gab sie aber. Ohnehin war in diesem
Hardcore-Propagandabeitrag fortwährend von einer angeblichen
"Politik Lafonaine's" die Rede - Fakt aber wäre
gewesen: Es ist eben (leider) nicht Lafontaine, der gegenwärtig
Politik in Absurdistan macht, sondern eine ins Parlament gewählte
bunte Kollektion irgendwelcher Wirtschaftslobbyisten.
Doch
nun zum Prunkstück dieses - offensichtlich als Demontage
gedachten Propagand-Machwerks. Lafontaine ist bekannt dafür dass
der die "Reformchaoten" dieser Zeit (wo er Recht hat, hat
er nun mal Recht...) gerne dafür öffentlich geißelt,
sie würden das hiesige Rentensystem "zerstören".
Bei dieser sicherlich etwas dramatisierenden Beschreibung zitiert
Lafontaine aus einer aktuellen OECD-Studie, dass die Rentner
Absurdistans die geringsten Renten unter allen Industrienationen zu
erwarten hätten. Die Kernaussage dieser Studie können Sie
hier
selbst nachlesen - und schnell ist klar - so wirklich kann man
Lafontaine auch hier nicht widersprechen. Interessant nun, was dieser
interessengeleitete Beitrag daraus machte.
Vorneweg
- der OECD-Studie geht eindeutig
hervor, dass die deutsche Rentenquote mit nur noch 39,9% des letzten
Bruttos deutlich UNTER dem OECD-Schnitt von 58,7% liegt. Dies könnte
einem relativ hohen Lohnniveau in Deutschland geschuldet sein - doch
dieses ist längst dabei, sich zu im internationalen Vergleich
verflüchtigen. Absurd dagegen der erkennbare Einblick in die
Berechnungsmethoden der OECD (werden wir weiter verfolgen...) - denn diese bevorzugt
Kapitalrentensysteme gegenüber den - eigentlich wesentlich
leistungsfähigeren - Umlagesystemen. Umlagesysteme schneiden
dort zwingend schlecht ab, weil ihnen einen kalkulatorische
Verzinsung der Beiträge "unterstellt" wird, die es
real nicht gibt und die ein Umlagesystem auch gar nicht braucht.
Der
erste Preis für sittenwidrige Argumentation in diesem Beitrag
indes gebührt "OECD-Expertin" Monika Queisser - denn
sie argumentiert: Lafontaine zitiere die Studie zu Unrecht, weil es
ja "nur die Geringverdiener" seien, die von der niedrigsten
Rentenquote betroffen wären. Wie bitte? Sind denn Geringverdiener
keine Menschen - brauchen sie nicht auch genügend Essen &
Trinken und ein Dach über dem Kopf? Zudem muss sich Frau
Queisser als Gegenargument gefallen lassen: Egal wieviel man mit
Prozenten und (eigentlich) unzulässigen Unterteilungen des
wachsenden Rentnerheeres jongliert - aus im Mittel 39,9% deutsche
Rente im Vergleich zu 58,7% im OECD-Schnitt kann nun auch die beste
Akrobatik keine "gute" Zahl und somit auch keine guten
Noten machen. Auch wenn Gutverdiener mit ihrer Rentenquote etwas
dichter am OECD-Schnitt liegen mögen - so müssen selbst sie
zwingend immer noch darunter liegen. Ein bessere Stützung für
Lafontaines Argumentation ist kaum vorstellbar - und mithin ein
weiterer beachtlicher Rohrkrepierer.
Zudem:
was ist denn das überhaupt für eine Logik in der
Beurteilung von Rentensystemen. Auch "Geringverdiener"
sollten eigentlich von ihrer Rente wenigstens leben können. Aber
genau dieses ist - wie wir hier schon häufiger nachwiesen -
bereits heute schon nicht mehr der Fall, und wie die OECD-Studie
eindeutig offen legt, wird sich dies noch zuspitzen. Ähnlich
argumentiert Frau Queisser natürlich hinsichtlich der
realtitätsfernen Anhebung des Rentenalters mit ihrem Kommentar,
die Unternehmen müssten dann halt mehr alte Menschen
beschäftigen. Toll - aktuell aber hat jemand mit über 40 kaum noch
Aussichten, einen ordentlichen Arbeitsplatz zu ergattern. Sollte er
gar das Pech haben, in die Hartz-Mühle zu geraten, sieht es
gar völlig hoffnungslos aus. "Langzeitarbeitslose"
werden derzeit - Boom hin und Fachkräftemangel her - einfach
nicht eingestellt. Basta! Statt dessen aber ventilieren die
nimmersatten Unternehmerverbände bereits die nächste
"Green-Card-Inder"-Kampagne...
Hier jedenfalls stellt sich massiv die Frage, wie es Figuren in der Art von Frau Queisser
möglich ist, von den realen Auswirkungen ihrer ohne Zweifel
wichtigen (und vermutlich überreichlich bezahlten) Tätigkeit
derart zu abstrahieren, dass ihr offenbar jegliches Gespür dafür
abhanden kommt, was ihre Zahlenschubserei für die ganz realen
alltäglichen Lebensumstände von immer mehr Menschen in
Absurdistan wirklich bedeutet. Wie bei den Preiserhöhungen für
Strom und jetzt Milchprodukte (morgen ist es was anderes...) gerade
erst wieder zu sehen, scheint eine "Anpassung" von
jämmerlichen 0,54% für Rentner oder 2 Euro für
Hartzler nicht so wirklich geeignet, die fortwährende Steigerung
der Lebenshaltungskosten aufzufangen. Wenn sich hieran nicht bald
gravierend etwas ändert, werden wir in ein paar Jahren sehr
schlanke Rentner und Hartzler haben - für die es dann in immer größerer Zahl nicht einmal mehr zum Essen reicht.
Frau
Queisser bleibt dann auch ihrer realitätsfernen Linie treu,
indem sie sich wundert, dass Lafontaine die "guten Noten"
der OECD für die deutsche Rentenreform ignoriere und nicht
zitiere - man kann Lafontaine in diesem Punkt gut folgen, denn von
"guten Noten" können sich Rentner nun mal ebenso wenig zu
Essen kaufen, wie Geschäftsleute von gutem "Kosumklima"
ihre Angestellten bezahlen können.
Natürlich
konnte dieser unterirdische Panorama-Beitrag das Feld Außen-
und Sicherheitspolitik nicht ausklammern. Hier vermanschte man zunächst
gleich mal alles - damit nur ja nicht etwas wirklich Verwertbares
erkennbar wird. Auf jeden Fall aber: Lafontaine sage bezüglich
seiner Haltung zum Kosovo-Einsatz die Unwahrheit. Und
abermals ein gewaltiger Rohrkrepierer - es wird argumentiert,
Lafontaine habe in seiner Kabinettszeit gegen diesen ersten Einsatz
deutschen Militärs nach dem zweiten Weltkrieg nichts
unternommen. Was bitteschön kann ein veritabler Bundesminister
und SPD-Vorsitzender MEHR unternehmen als Ministeramt,
Bundestagsmandat und SPD-Vorsitz nieder zu legen? So geschehen am
11.03.1999 durch Lafontaine - knapp zwei Wochen vor Beginn des
Kosovo-Krieges am 24.03.1999. Hier steht Leuten, die nicht einmal genügend Zivilcourage besitzen, wenigstens in Sichtkontakt mit der Wahrheit zu bleiben, gewiss kein Kommentar zu. Über die wahren Beweggründe
für seinen Schritt gibt Lafontaine sich wortkarg. Indes können
wenig Zweifel daran bestehen, dass der Kosovo-Krieg zumindest eine
wichtige Rolle hierbei spielte, denn schon wenige Wochen nach seinem
Rücktritt kritisiert Lafontaine die rotgrüne
Bundesregierung ab Mai 1999 öffentlich wegen der Teilnahme an
diesem Krieg.
Zusammenfassung
des Beitrags insgesamt: ein grandioser Rohrkrepierer reiht sich an
den anderen. Nichts - aber auch rein gar nichts bleibt von den
haltlosen Vorwürfen gegen Lafontaine übrig. Wie sollte es
auch - man mag Lafontaine ja allerhand unterstellen, aber doch wohl
Eines gewiss nicht: nämlich, dass er ein kompletter Vollidiot
ist. Denn nur ein solcher könnte es in seiner exponierten
Position fertig bringen, allzu leichtfertig mit Tatsachen und
Wahrheit umzuspringen. Dieses
hingegen gelingt den Redaktueren des Beitrags sowie den interviewten
"Zeugen", darunter Prof. Falter und Jürgen Trittin,
mit beeindruckender Leichtigkeit - und noch ein letztes Mal behält
Lafontaine Recht in diesem Beitrag - Glaubwürdigkeit dürfte
und muss zu einem wichtigen Zukunftsthema in Absurdistan werden.
Und
dieser Beitrag war zu allem Möglichen angetan - nur nicht dazu,
die ohnehin stark ramponierte Glaubwürdigkeit selbst der
öffentlich-rechtlichen ARD zu erhöhen (vom ZDFund den
Privaten reden wir lieber erst gar nicht....). Fernseh-Zuschauer
müssten eigentlich das für diesen Beitrag verschwendete
Geld ihrer Gebühren zurück fordern - denn dieses an
Armseligkeit kaum noch zu überbietende Machwerk gehört in
jene große Tonne, auf der in großen Lettern steht:
"Wertloser neoliberaler Propaganda-Müll".
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