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Die
Kunst des Propagandisten
Die
Kunst des Propagandisten ist hier relativ einfach zu beschreiben - er
muss lediglich für willkürliche Unterteilungen sorgen und
diese Teile dann gegeneinander aufhetzen. Dummheit,
Neid und Besserwisserei indes sind menschliche Schwächen, auf
die er hierbei jederzeit ungesehen bauen kann. Das Ganze ist
dann ungemein praktisch - gerät hierbei doch ein Umstand völlig
in Vergessenheit:
Wie
wäre es denn, wenn man mal dort zu sparen begänne, wo es
sich wirklich lohnt... Bei Promis, bei Multimilliardären, bei
Irrsinnsgehältern, bei Nebeneinkünften für Politiker
u.v.m. Diesem Gedanken wird heute mit fast religilöser
Überhöhung von Individualität, Recht und Freiheit und
freier Marktwirtschaft entgegen gearbeitet - die es allesamt in
Wahrheit für den ärmeren und auf Arbeit angewiesenen
Menschen immer weniger gibt. Wie stets wenn Religion ins Spiel kommt -
insofern Augen auf bei den C-Parteien - wird’s es brenzlig.
Wer glaubt, das Ende der Zumutungen sei absehbar, der irrt. Gerade
erst (siehe
hier) dokterte DIHK-Geschäftsführer Wansleben munter am
Urlaub deutscher Arbeitnehmer herum: Arbeitnehmer sollen ihrem
Unternehmen Urlaubstage für ihre Weiterbildung spendieren - weil
die Deutschen ja Urlaubsweltmeister seien. Aha! Wir dachten zwar,
Leistung soll sich lohnen - was hier aber kommt, ist ein uralter Hut
aus der ganz staubigen Mottenkiste. Wir verstehen ihn ja - den armen
Wansleben: Als Reichem würden mir dauernd überfüllte
Flieger und Badeorte auch stinken, wenn man schon seinen Maybach auf
der von LKW verstopften Autobahn nicht mehr ausfahren kann und der
Nachwuchs in der Penne immer noch täglich neben einem pickeligen
Hartzler-Kind sitzen muss.
Es
ist doch so einfach - auf Märkten lässt sich ungeheuer viel
Geld verdienen. Wenn aber Macht (ersatzweise viel, sehr viel Geld...)
Märkte zu ihren Gunsten deformieren kann, was derzeit unstrittig
so sein dürfte - dann wird so eben noch viel mehr Geld verdient,
zumindest durch jene die Kontrolle über diese Macht haben. Was
sie auf solche Weise mehr verdienen aber - und
das ist leider logisch zwingend - MUSS zu Lasten anderer
Marktteilnehmer gehen. Im Wettbewerb zwischen Multi-Millionär
und Multi-Milliardär mag solches noch hinnehmbar sein - denn
hier geht es nichts als um sowieso überflüssiges Geld. Der
Kleinaktionär indes mag sich an diesem einfachen Zusammenhang
schon mal seine aktuelle Chance auf Gründung einer
Finanzdynastie ausmalen. Erst beim Börsencrash
2001 wurde bei ihm schwer abgeräumt. Spätestens
aber, wenn es bereits an die Existenz und existenzielle Versorgung
für Arme, Kranke und Alte geht, endet jeder sportliche
Wettbewerb.
Wirtschaften
in Gesellschaften ist eigentlich so gedacht, dass alle Menschen damit
zurecht kommen können - schließlich müssen
gesellschaftliche Regeln und nicht zuletzt das Geld auch durch alle
anerkannt werden. Nur ein Wirtschaftssystem, dass dieses leistet kann
so auf Dauer gesellschaftliche Legitimation erfahren. Tatsache über
Marktwirtschaft aber ist, dass sie mit existenziellen Gütern und
Gefahren noch nie besonders gut umgehen konnte. Die angebliche
Effizienz der Marktwirtschaft in diesem Bereich war schon immer ein
Märchen. Marktwirtschaft kommt mit existenziellen Abhängigkeiten
prinzipiell nicht zurecht - denn der Preis für ein
existenzielles Gut muss im Falle begrenzter Ressourcen unendlich hoch
steigen. Unter bestimmten Randbedingungen zwar kann die
Marktwirtschaft zwar auch existenziellen Bedarf erfüllen, jedoch
nie bei freiem Spiel der Kräfte. Hierzu braucht es ausreichende Ressourcen und
strenge Regulation, damit ein freier Markt sich erst überhaupt
einstellen kann, denn der Abnehmer eines existenziellen Gutes ist
keineswegs "frei", sondern vielmehr natürlich
erpressbar. Marktwirtschaft ist also in
existenziellen Belangen zu regulieren - d.h. Einschnitte in solche
Belange sind ihr zu entziehen. Das passt natürlich
nicht wirklich zur anhaltenden Privatisierungsorgie öffentlichen
Eigentums - denn solches bildete sich meist in genau solchen
Bereichen. Dennoch ist das eine Art "goldenes Gesetz" für
Marktwirtschaften - und selbst wenn es nur 5% einer Gesellschaft
sind, die eine bestimmte Form von Marktwirtschaft mit ihrem Elend
bezahlen, stellt diese Form sich hiermit schon in Frage.
Ich
denke, nach dieser langen Reise wird manchem Leser klar geworden
sein, wie sehr und wieso wir bereits heute schon in Absurdistan
leben. Dennoch: die ungute Entwicklung ist weltweit - globalisiert
sozusagen - und sie ohne historisches Beispiel. Aus sozialen
Demokratien gingen Medien- und Informationsgesellschaften hervor, die
zwar formell noch gewaltengeteilte Staaten scheinen - realiter aber
bestimmen längst Medien- und Informationskonzerne und deren
Eigentümer aus der undemokratischen
Wirtschaft das Weltbild in den Köpfen von Menschen.
Sie wären keine Kapitalisten, würden sie nicht versuchen,
aus dieser unverdienten "Freiheit" das meistmögliche
Kapital zu schlagen. Die heute allgegenwärtige Absurdität
ist dann nur noch eine unvermeidliche Folge dieser Verhältnisse - und ein
unübersehbares Zeichen dafür, dass Gesellschaften einen
vernünftigen Umgang mit der schönen neuen Informationswelt
erst noch erlernen müssen. Viel Zeit für diese notwendige
Entwicklung ist bereits vertan - und so könnte es am Ende gar zu
einer Überlebensfrage für die Menschheit werden, diesen Lernprozess endlich
- auch gegen alle Widerstände - zu beginnen.
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