Es
wird wohl nichts - mit einem ruhigen Hinübergleiten in einen
gemütlichen Winter. Krisen- und Katastrophenmeldungen scheinen
sich zu überschlagen - wie zum Beispiel diese
hier. In was für einer Welt leben wir eigentlich, wenn der
Umstand, dass ein Unternehmen geplante Zuwachsraten („nur“ 16
statt 24%) nicht erreicht, bereits zum Krisenphantom aufgestylt wird?
Haben wir eigentlich keine anderen Sorgen? Legt der gesunde
Menschenverstand nicht nahe, dass in wohl unbestreitbar schwierigen
Zeiten ein Unternehmen selbst dann noch gut da steht, wenn es Zuwachs
Null und beim Gewinn eine schwarze Null vorweisen kann? Und davon
erscheint SAP noch beachtlich weit entfernt - dennoch verlieren die
Aktien zwischenzeitlich zweistellig. Ohne jeden Grund - wenn wir
einmal annehmen wollen, dass da alles in Ordnung ist mit der
Rechnungslegung. Genau dies aber kann natürlich auch durchaus
bezweifelt werden, wie Beispiele aus dem wohl eher nur hemd- und
krawattenmäßig ach so blitzsauberen Bankbereich - zuletzt
bei HRE - erschütternd demonstrieren. Dagegen dürfte SAP
selbst bei Vermutung recht kreativer Bilanzierung immer noch als gradezu
grundsolide gelten. Offenbar scheint die ins ganze Dilemma
mitverwickelte Elite von Politik und Journalie trotz alledem finster
entschlossen, so weiter machen zu wollen, wie bisher. Und so ganz besonders
schwer scheint ihnen die Unterlassung der Volksverblödung zu
fallen.
Offenbar
gedenkt der Rest der Hyänenmeute, dem Volk ein paar Bauernopfer
zum Fraß vorzuwerfen und sich auf diese Weise aus der eigenen
Verantwortung zu stehlen. Fast wäre sie amüsant - die
Einvernahme Richard Fulds (Ex-Chef von Lehmans) vor einem Ausschuss
des amerikanischen Kongresses. Zusammengefasst stellt er sich
achzelzuckend hin und gibt zu Protokoll, bei Lehmann habe man
lediglich das gemacht, was alle anderen auch gemacht hatten. Hat wohl nicht
ganz Unrecht damit. Sein Unternehmen fiel womöglich nur rein
zufällig durch den Rost - nämlich jene Lücke, die sich
zwischen Präsident G.W. Bush denkwürdigem Satz
„...kurzfristig
mögen diese Anpassungen schmerzhaft sein...“
(13.09.2008) und dem 700 Mrd $ schweren Rettungspaket wenige Tage
später aufspannte. Dieser kleine Fauxpas brachte zwar eine
Lawine ins Rollen. Aber wen juckt das schon, wenn man sein Schäfchen
bereits im Trocknen hat.
Stirnrunzeln
müssen die Vorgänge bei HRE hervorrufen. Vorstands- und
Aufsichtsratsvorsitzender sollten auf allgemeinen Druck ihren Hut
nehmen. Da wollte die Politik nach den - gemäß Spiegel
so auffällig oft klar genannten - Worten unserer Kanzlerette hart
durchgreifen. Hat
sie auch.
Aufsichtsratvorsitzender Kurt Viermetz hat seine Deaktivierung mal
gleich verweigert. Naja - er will halt nicht, was kann man da schon
tun? Aber es kommt noch besser. Kollege Georg Funke,
Vorstandsvorsitzender, tritt zwar brav zurück - und sogleich ist
klar: natürlich hat dieser das Debakel vollkommen auf sich
allein gestellt durch den Laden gepeitscht. Die erkorene Nachfolge
indes MUSS
aufhorchen lassen: hierzu folgendes Zitat von FTD-Online: „...
Funkes Nachfolger Wieandt kommt aus einer prominenten Bankenfamilie:
Seine Schwester Dorothee ist Managing Director bei Goldman
Sachs und verheiratet mit Commerzbank-Chef
Martin
Blessing. Ihr Vater Paul Wieandt war einer der bekanntesten
Banker Deutschlands: 1984 bis 1990 war er Vorstandsvorsitzender der
Landesbank Rheinland-Pfalz, anschließend sanierte er die Bank
für Gemeinwirtschaft. Zudem war er Chef der SchmidtBank, später
auch Verwaltungsratsvorsitzender der Frankfurter Sparkasse...“.
Tja
Leute - vergesst Eurer Ökonomie-Studium und werdet lieber gleich
Taxifahrer, sofern ihr nicht die Gnade der richtigen Geburt - oder
wenigstens die richtige Heiratspolitik - mitbringt. Es muss
natürlich außerordentlich Vertrauen wecken, wenn man hier
munter weiter Böcke zu Gärtnern macht. Hoch leben die
Netzwerke - Dallas und Denver sollten unbedingt mal wieder wiederholt
werden! Und damit will man uns verkaufen, nun würde alles anders
und vor allem besser? Ja - wir sollen dieser Entschlossenheit
sogar vertrauen? Vorher recherieren wir aber lieber erst noch mal ein wenig
zur BfG-Sanierung... (da sind mir doch glatt noch ein paar Dinge im
Gedächtnis).
Was
den Verantwortlichen in Politik und Journalie nun zunehmend auf die
Füsse fallen wird, ist die gradezu absurde
Desinformationspolitik der Bevölkerung. Und das nicht erst seit
der Immobilienkrise. Wohin man schaut - Kriegsgründe frei
erfunden, Arbeitslosenzahlen getürkt, Politikfolgen diametral
verdeutet, Wirtschaftsprobleme verschwiegen oder klein geredet,
Globalisierung erfunden, Unternehmensperformance vorgespiegelt und
noch vieles andere mehr - seit Jahren feiert der Hype des Absurden
fröhlich Urständ, Tag für Tag. Wer nun glaubt, mit dem
nicht-mehr-leugnen-können des Krise würde dieser
Ungeist endlich weichen, wird verdattert feststellen, dass es im
Prinzip immer noch so weiter geht. Nur die ganz beinharten Propheten
des Neoliberalismus befinden sich derzeit auf Tauchstation - aber die
Leere, die sie in den Medien hinterlassen, wurde, obwohl sie kaum
auffällt, ersetzt durch nicht minder Dummes wie Belangloses aus
so überaus „wichtigen“ Bereichen wie Society, Starkult und
Sport.
Die
Krönung des Irrsinns ist der oft zu lesende unterschwellige
Vorwurf an die abhängig arbeitende Masse, zumindest soweit sie überhaupt noch
„anlagefähig“ ist - ihr „Vertrauensverlust“ sei schuld
an dem Drama. Dabei steht wohl fest wie ein Fels in der Brandung,
dass die Massen sich schon gerne weiter einlullen ließen - denn
nicht sie bescherten der Welt die Krise, sondern die feinen Herren in
den schnieken Anzügen sind es. Deren zumindest behauptetes
„Misstrauen untereinander“ soll ja die Lawine ins Rollen gebracht haben - wird wenigstens gebetsmühlenartig gesendet und
geschrieben. Und da darf man sich wohl denken, die Krawattenträger
werden schon verdammt gute Gründe für ihr Misstrauen haben
- da braucht sich ja nur jeder die Leichen im eigenen Keller zu
begucken, um schlagartig eine Idee davon zu entwickeln, wie es wohl
beim Nachbarn ausschauen könnte.
Okay
- Island steht vor dem (eigentlich ja nicht möglichen...)
Staatsbankrott - naja was solls. Dass die Russen Island aufkaufen
wollten, wurde sogleich wieder dementiert. Hierüber, dass der
sogenannte Staatsbankrott auf lange Sicht unter den obwaltenden
Bedingungen praktisch unvermeidlich ist - wohl nicht nur für
Island - kein Wort. Wers nicht glaubt und 40 min Zeit hat: einfach
mal hier
reinschauen. Fiel halt bei dem 300.000 Einwohner Inselstaat mit
seiner Mini-Währung nur etwas früher auf, das ist alles.
Dafür aber konnten die Astronomen erstmals
einen Astereoideneinschlag vorhersagen (toll - echt - huch - sind wir
schon soooo weit?) und Klinsmann macht ja nun doch alles richtig. Das
sollte es doch nun wirklich mehr als ausgleichen - oder?
Wer
will, findet im Rauschen der Meldungen allerhand Kleinigkeiten, wie z.B. dass die deutsche Industrie sich besorgt zeigt, ausreichend
Kredite zu erhalten. Doch schon? Und so frühzeitig? Hierzu passt
zwar nicht so recht, dass VW-Aktien heute zeitweilig die Kleinigkeit von 55% im Plus
standen (innerhalb weniger Stunden... ). Mit VW wurde heute ein
Börsenvolumen von fast 4 Mrd € bewegt - und VW endete dennoch
bei 1,8% im Minus. Der Name dafür ist auch schon gefunden:
VW-Mysterium.
Wenn da nicht noch bald das „Wunder von Wolfsburg“ draus wird.
Man kann sagen was man will - nachdem sich immer weniger Menschen von
der Glotze unterhalten lassen wollen - tut man wirklich was für
unsere Unterhaltung. Im Realen.
Am
„Wunder von Wolfsburg“ jedenfalls wird deutlich wie selten,
welchen Nutzen und welchen Zweck die Errungeschaften des
Casinokapitalismus erfüllen - nämlich gar keinen, zumindest
keinen, der irgendetwas mit wirtschaftlich relevanten Zusammenhängen
zu tun hat. Niemand, der noch bei Trost ist, würde heute groß
in Autoaktien einsteigen - gleichwohl aber bleibt: es sind solche
Prozesse, die jeden Tag auf Neue über Wohl und Wehe ganzer
Unternehmen und Wirtschaften entscheiden.
Zum
Beweis: Opel, Daimler, BMW und Ford verkünden, dass sie sich
gezwungen sehen, ihre Produktion zu drosseln. Auch von
milliardenschweren Kreditwünschen der Branche an die Regierung
wird berichtet, um die Investionen in die für sie - natürlich
so gar nicht vorhersehbaren
- höheren Umweltauflagen zu finanzieren. Sowas nennt sich eben
„freier
Markt“.
Man ist so frei, sich fortwährend bei der Allgemeinheit zu
bedienen - während man zeitgleich bei der Minirente der Oma
durch die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages gleich
nochmal ein paar Euro Fuffzig abzockt.
Keine
Panik, so das wie gewohnt klare Wort aus Berlin - zum Ausgleich soll
ja der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinken. Angesichts
der zu erwartenden Wirtschaftsturbolenzen sicher eine ganz besonders
sinnvolle und nahe liegende Maßnahme
- oder etwa nicht? Nur eben die Oma - die hat halt Pech - denn sie
zahlt (noch) keine Arbeitslosenversicherung. Selber schuld die Oma -
warum iss sie nicht vorher groß bei AIG eingestiegen und hat
sich dort gleich in erster Reihe über den Löffel barbieren lassen?
Private Vorsorge heißt eben das Modell der Zukunft
- na und wenn mal 95% flöten gehen - ned so anstellen,
schließlich brauchen unsere Leistungsträger ja auch ein
bischen Geld. Sind schon taff drauf, die Jungs der New Economy - hier
vielleicht der Prototyp eines Zukunftmodells für
wohlverstandene Eigenverantwortung?
Am
Nachmittag ringt die EU sich dann - wer hätte es je zu fürchten
gewagt - zu einer kollektiven Garantie für das Überleben
der großen „systemrelevanten“ Banken (was
auch immer man darunter verstehen mag...) durch - hinsichtlich
der Sparer jedoch wurde man sich nicht einig, dort schien nicht mal
eine Garantie von 100.000 € einigungsfähig (20.000 € sind es
jetzt schon...). Hatte die Kanzlerette nicht grade erst...? Ja schon
- aber wir müssen Verständnis haben - sie ist halt
Politikerin. Wie wäre denn der Vorschlag,
bis 20.000 € gar nichts - und erst darüber dann Alles zu
garantieren? Nehmt Leute - greift zu... man muss auch mal gönnen
können. Käme auf alle Fälle deutlich billiger und Leistung würde sich
hier auch wieder so richtig lohnen.
Gespannt
darf man sein, wie die Überlebensgarantie
für all die weniger Vermögenden oder gar Armen angesichts
der zur erwartenden Verwerfungen denn aussehen mag - oder die für
die vielen Kleinrentner, deren Rente da vor gut 10 Jahren ja schon
sowas von „sicher“ war. Und wie die Garantie für die
Arbeitslosen erst aussehen wird. Hier bin ich persönlich
besonders auf die neue Dimension der Kreativität gespannt, mit der man uns in Bälde
die aktuellen Zahlen „nahe bringen“ wird. Aber hier gehts ja auch nur um Menschen - da sind doch systemrelevante
Großbanken, die durch unsere Wirtschaft brettern wie Bulldozer,
was völlig anderes... Am Rande von Interesse sicher auch noch die
Geschwindigkeit, mit der die Buchstaben bei Finanzminister Peer
Steinbrücks Plänen so durchrasseln werden. Bis heute wissen
wir: Plan A gab es nicht , wie Plan B ausschaut, weiß keiner.
Oder vielleicht doch lieber gleich zwei Buchstaben? Plan AA, Plan AB
usw...
Dann
ist da noch der Mehdorn. Der sieht in Allem nun überhaupt kein
Problem - solange der Fahrplan zur Verschleuderung öffentlichen
Eigentums nur ja eingehalten werde. Zur Not geht die Bahn eben auch
für die Hälfte über den Ladentisch... spielt doch
keine Rolex, es ist Sommerschlussverkauf und wir habens ja. Unsere
Kanzlerette kaum anders - da garantiert sie doch en passant sozusagen
gleich mal Alles (bis zu 1.400 Mrd € werden da geschätzt...).
Nur damit die Menschen ja nicht aufwachen, und womöglich noch
„ungesteuert“ aktiv werden.
Doch
auch hier zeigt man weitsichtige Aktivität - inmitten sich
deutlich abzeichnender Krisensymptome versuchen unsere gewählten
„Elite-Vertreter“ nun noch schnell von ihrer Möglichkeit zur
Grundgesetzänderung in einem besonders heiklen Punkt Gebrauch zu
machen. Denn ob sie nach der Wahl 2009 selbst als große
Koalition noch mal die Chance dazu haben werden, dürfte
angesichts der sich für 2009 abzeichnenden Perspektiven langsam
fraglich werden. Eines der ewigen Streitthemen in der großen
Koalition findet so plötzlich ein nahezu geräuschloses
Ende. Die Bundeswehr soll im Rahmen von „Terrorabwehr“
künftig auch im Inneren und zwar mit durchaus militärischen
Mitteln Amtshilfe leisten dürfen. Immerhin viel billiger als die
langen Anreisewege und Auslandsvergütungen für Bosnien,
Östliches Mittelmeer und Afghanistan - wo man doch aufstocken
musste, weil die Generäle sonst keine Chance zum Endsieg mehr
sehen. Vielleicht können wir die Krise ja durch Ausbeutung von Afghanistan bereinigen?
Mangels
konkreter Bedrohung aber wird sich vortrefflich streiten lassen, ob
und was nun als Terrorbedrohung einzuordnen ist. Den Plänen
nach soll die Entscheidungskompetenz beim Innen- und
Verteidigungsministerium angesiedelt werden - wobei „Kompetenz“
da schon ein irgendwie mulmiges Gefühl zurück lässt.
Immerhin - demnächst besteht immerhin die Möglichkeit, die
eigenen Streitkräfte zu Hilfe zu rufen. Naja - irgendwo muss
halt eine Terrorgefahr herbei generiert werden - aber diesbezüglich
übt man ja bereits seit Längerem kräftig (Link).
Dazu ein Beispiel aus dem Höhepunkt des US-Wahlkampfes: der
zunehmend abdriftende Kandidat der Konservativen McCain glaubt den
Terrorismus plötzlich ganz nah - nämlich im Dunstkreis des
Konkurrenten Obama, mit dem gemeinsam man letzte Woche noch das
Rettungspaket durchdrückte. Chapeau - Feuerzeug an - Laola -
Zugabe... die Show wird immer besser. Womöglich
wird dann in nicht allzu ferner Zukunft unsere Bundeswehr den dann
gewählten Obama an einer Ansprache am Brandenburger Tor hindern?
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