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Geschrieben von Jürgen Scheffler   
Mittwoch, 5. November 2008

Hoffnung auf Wandel. Gestern Nacht präsentierte die Bevölkerung der Vereinigten Staaten den US-Konservativen und ihren Bewerbern die Rechnung für acht Jahre G. W.Bush. Auch und gerade aus Sicht der Amerikaner muss da wohl Einiges zusammengekommen sein, denn die Bevölkerung entschied sich in einer solchen Eindeutigkeit für einen Kandidaten und seine Partei, dass es Beobachtern im hiesigen Politik- und Parteienestablishment kalt den Rücken herunter laufen muss. Verstörend für sie muss sein, wie das Phänomen Barack Obama selbst in europäischen Bevölkerungen auf eine neue, nur schwer berechenbare Begeisterung gestoßen ist. Ab heute kann sich dort niemand noch sicher sein, dass er nicht vom seinem Stuhl gefegt würde, wenn er gegen einen solchen Kandidaten anzutreten hätte. Obwohl anderer Hautfarbe, obwohl multikultureller Herkunft und obwohl er nicht zu den engeren Zirkeln des amerikanischen Establishments gehört, fuhr Barack Hussein Obama jr., wie er mit vollem Namen heißt, einen Erdrutschsieg für die Demokraten der USA ein, der seines Gleichen sucht. Nicht nur in der Präsidentschaftswahl ließ der Verfassungsrechtler seinen Gegenspieler McCain um Längen hinter sich - auch wird er sich sowohl im Kongress wie im Senat auf eine komfortable Mehrheit stützen können.


Das amerikanische Volk hat gesprochen - laut und vernehmlich. Nun feiert es seine Demokratie, und das ist gut so. Von einer Wahlbeteiligung um 66% ist die Rede, womit der gewohnte Verweis auf das Politikdesinteresse in den USA fürs Erste obsolet wurde. Dies ist in USA die höchste Wahlbeteiligung seit 1908 und übertrifft damit selbst jene 63,1%, die 1960 anlässlich der Wahl von John F. Kennedy mobilisiert wurden. Der amerikanische Traum scheint auferstanden, und hat den Alptraum der Bush-Administration beiseite gefegt.

Bemerkenswert solche Aussagen von Wählern, wie: „Ich möchte wieder in die Welt reisen können, ohne überall als Bad Guy angesehen zu werden...“. Kaufen kann man sich hierfür nichts, aber es fallen Wahlentscheidungen auf solcher Basis, zumindest in USA noch. Wie stark nimmt sich da der Kontrast aus zum trotzigen „Victory“-Zeichen eines Ackermann im Mannesmannprozess. Wo es sich darum drehte, dass Vorstände gegen üppiges Entgeld 50.000 Arbeitsplätze verscherbelten, nachdem zuvor ein Widerstands-Scheingefecht gegen die Übernahme durch Vodaphone inszeniert worden war. Dieser und ähnlichen Haltungen wird künftig noch ein kräftiges Stück mehr an ihrer öffentlichen Legitimierung fehlen.

Anders als viele es vielleicht glauben, hatte Barack Obama es nicht leicht. Zunächst musste er sich innerhalb der Demokraten gegen die ebenfalls sehr ambitionierte Hillary Clinton durchsetzen, und dann stand ihm in John McCain ein Kandidat gegenüber, der aus amerikanischer Sicht verdienstvoll und durchaus nicht unpopulär war. Doch der makellosen und besonnenen Kampagne des Verfassungsrechtlers hatte dieser wenig entgegen zu setzen, was sich im Abgleiten der McCain Kampagne mit dem Herannahen der Wahl sehr deutlich zeigte. Allerdings wäre ohne McCain's Missgriff in Form der „Hockeymom“ Sarah Palin als Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten, und vor allem ohne die Finanzkrise und ihre Folgen das Wahlergebnis wohl nicht derart überwältigend ausgefallen.

Doch es ändert nichts daran - die Zeit wäre auch so reif für den Wechsel gewesen. Obamas größter Wahlhelfer waren letztlich die acht langen Jahre George Walker Bush. Auch Bush hatte das Land bereits einem nie hinreichend erklärten „Change“ unterworfen. Dieser aber nagte inzwischen derart den Wurzeln der nationalen Selbstidentität, dass das Land sich nun mit einem heftigen Befreiungsschlag zur Wehr setzte. Die Tatsache, dass Obama zuletzt Verfassungsrecht an der University of Chicago lehrte, erklärt sein entschlossenes Engagement vielleicht viel besser, als so manche andere Mutmaßung. Denn auf diesem Gebiet ist in den USA seit 911 Ungeheuerliches geschehen. Dabei auch beruhigend: von einem wie auch immer gearteten Bradley-Effekt keine Spur. Das diesem skurrilen Konstrukt zugrunde liegende Gedankengut indes war erst Montag anlässlich dieses armseligen Schauspiels in Hessen zu sichten. Hier lieferte eine obskure Truppe von SPD-Hinterbänklern den Beweis, dass in Deutschland, dem Land des Verbands- und Parteienklüngels, seit heute zwar Grund zu ein wenig Neid auf die USA, aber immer noch kaum Hoffnung auf Wandel hier besteht.

Man mag über das amerikanische Demokratiesystem denken, was man will - eines hat es uns voraus: In ihm ist offenbar noch Platz für „Change“. Dies schaut in Deutschland anders aus. Hier nennt sich sowas „Reform“ und die Mehrheit der Bevölkerung kann dieses Wort nicht mehr hören - Reform dürfte seit 2000 zum meist geschändeten Begriff im Lande geworden sein. Unsere Politik, gleich die welcher Partei, hat Überblick und Bodenhaftung längst verloren. Wer es in unserer stark zerklüfteten Gesellschaft noch wagt, an große verbindende Gefühle, die auf Solidarisierung statt Egomanie zielen, zu appellieren, gilt in Absurdistan als „Populist“.

Im Land der Bedenkenträger klare Sachverhalte auch so zu benennen wie sie sind, ist verpönt. Das KISS-Prinzip wird in Deutschland - wenn überhaupt - bestenfalls als „Keep ist simple and stupid“ (Halte es einfach und dumm...) verstanden - Obama führte vor: Es kann auch „Keep it simple and smart“ bedeuten (Halte es einfach und klug...). Ein deutscher Obama aber wäre hier derart durch den Medienwolf gedreht worden, dass nicht ein gutes Haar an ihm übrig wäre (was im Übrigen teilweise auch erfolgte...). In den USA hingegen kann jemand allein mit dem glaubwürdig und entschlossen vorgetragenen Versprechen, es besser machen zu wollen, noch politische Entscheidungsmacht erringen.

Hierzulande schlägt indes seit Jahr und Tag die Stunde der kleinkarierten Interessen- und Klüngelverwalter. Kompromisse bei Differenzen im politischen Prozess hierzulande bestehen zumeist im Ausgleich der hinter den jeweiligen Kontrahenten stehenden Partialinteressen, nicht aber in der Lösung des Problems oder wenigstens einem ernst gemeinten Versuch hierzu. Wir können da von den Amerikanern - wer hätte das gedacht - etwas lernen. Viele schwer reiche und den Demokraten nahe stehende Amerikaner unterstützten Obama - obwohl er ihnen mehr Steuern „versprach“. In den letzen Wochen vor der Wahl liefen sogar große Teile der Medien zum ihm über. Gemeinnutz überwindet Eigennutz. Hier undenkbar - das wäre in etwa so, als würde Dieter Hundt Arbeitsminister Scholz öffentlich zur Rücknahme der Rente 67 drängen, weil ihm endlich mal aufgegangen ist, dass die Arbeitsplätze für diesen Unfug weder da sind, noch auf absehbare Zeit je da sein werden.

Gönnen wir den Amerikanern aufrichtig ihre Freude an diesem epochalen Aufbruchsignal, welches ein mit bewundernswerter Konsistenz und Souveränität um seine visionären Ziele kämpfender Barack Obama samt Millionen von Helfern auf die Beine gestellt haben. Man ist bereit, kollektiv die Ärmel hochzukrempeln (wie Obama es meist auf seinen Wahlkampfveranstaltungen auch tat...). Nun sind nicht nur die Trümmer der Bush-Jahre beiseite zu räumen, sondern Obama will die USA auch wieder konstruktiv in die Lösung der großen Weltprobleme einbringen. Ab 20. Januar 2009 wird er so als 44. Präsident der USA einen Job antreten, um den er nicht zu beneiden ist.

Und die Liste der Herausforderungen ist lang. Es wird keine ruhige Zeit werden - die USA ist gesellschaftlich neu zu ordnen - für sich allein schon eine gigantische Aufgabe in diesem großen Land. Und das steht in enger Wechselwirkung zum gewiss nicht kleineren internationalen Aufgabenpaket: Dort ist eine neue Weltfinanzordnung zu schaffen, der globale Umweltschutz steht auf dem Plan, der Kampf der Kulturen ist zu zivilisieren, und das Verhältnis zu Europa ist zu erneuern sowie das zu Russland überhaupt erst einmal ehrlich zu definieren.

Hierfür erhielt Barack Obama ein Mandat, wie es überzeugender kaum noch hätte ausfallen können. Dies verleiht ihm ein Maß an Spielraum und Rückenfreiheit, dass er auch dringend brauchen wird. Denn sein Weg wird von Sachzwängen und Widerständen gepflastert sein. In der Restwelt sollten die Erwartungen nicht zu hoch geschraubt werden, denn dieser Präsident hat erklärtermaßen vor, das Wohl des Volkes seines Landes in den Vordergrund zu stellen. Für andere Nationen wird er so weder ein einfacher noch ein ausrechenbarer Partner sein können. Sollte er diesen Weg auch beschreiten, wird eine Kollision mit vielen mächtigen Interessen unausweichlich. Ob sich Länder finden, die bereit sind, sich dann trotzdem seinem Ruf nach „Change“ international wie daheim anzuschließen, wird sich zeigen... zu hoffen bleibt es für uns alle und die Welt allemal.

 

 


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