Auf
CogitoSum zwar unablässig kommuniziert (z.B.
hier... ) - gemeinhin aber ungeglaubt. Die Szenarien der letzten
Monate und Wochen entwickeln sich mehr und mehr zu einem surrealen
Katastrophen-Thriller. Selbst die wichtige Landtagswahl in NRW -
sonst mehrtägiger und angesichts des Wahlergebnisses gar
mehrwöchiger Garant für Schlagzeilen und Talkrunden - wurde
überschattet vom Brandthema schlechthin: die Euro-Krise.
Insbesondere die deutsche Strategie "Wasch mich - aber mach mich
nicht nass..." scheint auf EU-Ebene nicht mehr durchsetzbar.
Höchste Zeit - will man meinen, denn: Es kann ja nicht angehen, dass
ausgerechnet jene Volkswirtschaft, die am meisten von der EU
profitiert, sich weiter der Illusion hingibt, beim Zusammenkehren der
Scherben aus der Finanzkrise abseits stehen zu können. Übernacht -
so könnte man formulieren - ist der Michel am Tag 1 nach der
NRW-Wahl in der EU angekommen worden. Und seinem reichlich verzerrten
Weltbild dürften noch erhebliche Strapazen bevorstehen. In einer
Hauruck-Aktion übers Wahl-Wochenende (hier
nachzulesen...) hoben die EU-Gewaltigen einen Rettungsschirm von
gigantischen 750 Mrd Euro aus der Taufe. Ein Zeichen, dass in diesem
Ausmaß sowohl Spekulanten wie viele Ökonomen überrascht haben
dürfte. Und es bedeutet vor allem eines: Nein - auch für den Michel
wird es außerhalb der EU oder gar gegen sie keine bessere
wirtschaftliche Zukunft geben, ebensowenig wie für jede andere
EU-Wirtschaft (wo wir GB mal nicht dazu zählen wollen...). Seit dem
Wochenende ist die EU nun eine Schicksalsgemeinschaft und marschiert
- bislang eher eine Union von Kapital- und Eliteinteressen als eine
der Völker - zwar nur halbfertig, dafür aber umso beherzter in den
weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrieg. Doch - wohl für Wochen noch
wird hierzulande Verwirrung vorherrschen... Warum? Was kommt da auf
uns zu, was auf die EU - und wie wird oder kann man dem entgegen
treten?
Genauer
betrachtet liegt die Bankrott-Erklärung deutscher Sprawahns(Deflations)-Politik
nun offen auf dem Tisch. Nein - Neoliberalismus und Sparwahn schützen
eben doch nicht vor Krisen - haben sie auch noch nie getan. Soviel sollte inzwischen Jedem deutlich
geworden sein. Gleich in Serie dürfte nun simple Wahlkampf-Rethorik und
abstruses Ökonomen-Geschwurbel implodieren, in denen der Michel sich
bislang so gerne sicher fühlte. Warum richtet sich die Spekulation
gegen den Euro - warum gegen die EU? Die Ursache hierfür ist
einfach: Eine EU widerstreitender Einzelinteressen bietet Spekulanten
permanent Angriffsfläche im Scheunentor-Format - und im Gegensatz zu
den USA oder GB ist im Euroland auch noch etwas zu ergattern - sprich:
hier lässt sich mit Raubzügen und Zerstörung von Realwirtschaft immer noch
Rendite schaufeln. Der Erkenntnis dieser Gefahr wich man im Euroland
längstmöglich und im Falle Deutschlands gar besonders sorgfältig aus.
Dabei
weist die Retorten-Währung Euro einen äußerst schwerwiegenden
Geburtsfehler auf: fernab jeglichen ökonomischen Sachverstands
wurden wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Gemeinschaftswährung nicht geschaffen. Mit ihrer Einführung wäre
zügig eine Angleichung der Steuer-, Abgaben-, Rechts- und
Sozialsysteme vonnöten gewesen - dies ist bis heute nicht einmal
ernsthaft begonnen. Wie absurd es dagegen besonders in Deutschland
zugeht, zeigt der Umstand, dass selbst nach 20 Jahren die ökonomische
Integration der Ex-DDR noch immer nicht vollständig gelungen ist.
Offenbar glaubte die Politik-Elite EU-weit, sich um solche ohne
Zweifel schwierigen Kraftakte "herummogeln" zu können. Vor
allem in Deutschland setzte sich leider die Wahnvorstellung durch, man könne
sich "aus der Krise heraus sparen". Wie man nun überrascht
feststellen muss - tat man genau das Gegenteil.
Noch
selten hat ein deutscher Wirtschafts-Minister sich derart lächerlich
gemacht, wie der völlig fehlbesetzte Rainer Brüderle (FDP) im März:
"Die deutsche Regierung hat auch nicht die Absicht, einen Cent
zu geben...", "Jedes EU-Mitgliedsland ordnet seine Dinge
selbst...", "Die Regierung in Athen müsse ihren Sparplan
konsequent umsetzen..." polterte er noch ganz im Dienste
neoliberalen Gedankengutes. Was - wenn nicht solches - könnte jene
Wirtschafts-Kompetenz in Frage stellen, die man dem neoliberalen
Wahlverein FDP so gerne unterstellt? Mehr noch - wie kann ein
veritabler Wirtschafts-Minister der größten EU-Volkswirtschaft
überhaupt einen derartigen Blödsinn absondern - angesichts der
Lage, angesichts einer Gemeinschaftswährung? Angesichts der
Tatsache, dass gerade Deutschland große Teile seiner
Wirtschaftskraft via EU generiert?
Es
erhärtet sich der - zumindest bei mir schon lange bestehende -
Verdacht, dass der kollektive Sachverstand der FDP in Sachen
Wirtschaft eher im Bereich ihrer "Schulden-Expertin"
Silvana Koch-Merin angesiedelt sein könnte. Diese brachte bei "Hart
aber Fair" das Kunststück fertig, die Zunahme der
Staatsverschuldung Deutschlands innerhalb von 75 Sende-Minuten auf
sage und schreibe 6000 Euro ( in Wahrheit sind es ca 20 Mio! ) zu
"schätzen". Knapp daneben - kann man nur sagen... Als FDP-Spitzenkandidatin für die EU-Wahl und amtierende
Vize-Präsidentin des EU-Parlaments wirft die gute Silvana hier doch
eindringlichst die Frage nach der Qualität unser EU-Elite auf.
Der
jetzige, von deutscher Seite gewiss nicht vorangetriebene,
EU-Kraftakt indes macht klar - der tatsächliche Wasserstand muss
inzwischen bei den Designer-Schuhen europäischer Politik-Eliten
angelangt sein. Und siehe da - plötzlich mag man sich dem Druck zum
Handeln nicht mehr entziehen. Der Rettungsschirm ist ein wenn auch später dafür umso überraschend
entschlossener Schritt gegen das globale Spekulations-Casino. Warum?
Hier geht es weniger um die Schwindel erregenden 500 Mrd Euro - durch
den IWF um 50% auf 750 Mrd aufgestockt - als vielmehr um den anderen
Teil des Beschlusses: Die Europäische Zentralbank (EZB) soll - falls
erforderlich - in großem Stil Staatsanleihen von Mitgliedstaaten
ankaufen, die künftig in Turbolenzen geraten.
Letztlich
besagt dies nicht mehr und nicht weniger, als dass EU-Staaten in der
Finanzierung ihrer Staatsausgaben bis auf Weiteres nicht mehr allein
dem "freien Kapitalmarkt" ausgesetzt sein werden. Dass es
gerade dieser Schritt ist, der neoliberale Gralshüter zur Weißglut treibt,
wird hier
* deutlich.
* Nachtrag: der Link auf FTD-Online führte plötzlich zu einem ganz anderen Beitrag... Hier noch der "Rest" auf der Homepage der FTD - inzwischen sind Beitrag und Link verschwunden
* Nachtrag2: eingehende Prüfung ergab: der Artikel verschwand nicht - er wurde neu "umverpackt" und bildet nun die Mitte eines umfassenderen Artikels. In seiner ursprünglichen Form schien er der FTD wohl zu brisant.
Das lässt in etwa ahnen, wie es hinter den Kulissen des
schwarz-gelben Liebeskoalition in Wahrheit ausschaut - und
kristallklar offenbart sich die wahre Interessenlage der FDP genau
so, wie das Westerwell'sche Arbeitslosen-Bashing zu Jahresbeginn es
bereits nahe legte. Diese Schrille ist kein Zufall - die FDP muss
nicht nur den Verzicht auf ihre - in solchen Zeiten vollkommen
hirnrissige - Steuersenkungs-Politik verdauen: inzwischen droht ihr
der Verlust jeglichen realen Einflusses auf die Regierungspolitik
überhaupt.
Und
das ist gut so... Irgendwann einmal muss doch selbst dem
vernageltsten FDP-Wähler klar werden, dass man heute nicht mit
erwiesenermaßen falschen Rezepten von gestern die schwerwiegenden
Probleme von morgen bekämpfen kann. Das FDP-Mantra - der freie Markt
würde alles zum besten regeln - ging auch bisher immer schon nur für
eine Klientel auf: Reiche und Superreiche. So wird es höchste Zeit,
dass die Wahlergebnisse und damit der politische Einfluss dieser
Interessenvertretungspartei sich dem Anteil derer annähern, zu deren
Wohle sie ihre Politik schon immer betreibt - und das sind dann
eigentlich eher noch weniger als 5%. Doch zurück zur Finanz- und
Wirtschaftsfront.
Der
Schritt der EZB bricht vorerst jegliche Kurzfrist-Spekulation, wie wir sie
im Falle Griechenland mitansehen mussten. Hier
machten finanzstarke Spekulanten durch das gezielte Hochtreiben der
Zinsen für griechische Staatsanleihen Kasse im mehrstelligen
Milliarden-Bereich - und brachten so eine Volkswirtschaft ans
Schlingern, die immerhin Platz 34 in der Welt einnimmt - zwar nicht
völlig ohne, aber doch ohne hinreichenden realwirtschaftlichen
Hintergrund. Denn 2009 hatte Griechenland ein Wachstum von -2%. Wem
das schlecht erscheint - hier noch ein paar Zahlen zum Vergleich: D:
-5,0%, GB -4,8%, I: -4,8%, E:-3,6% F: -2,2%.
Der
EZB-Schritt nun ist höchst logisch - und womöglich die
weitreichendste Entscheidung des Jahrzehnts im anstehenden Finanz-und
Wirtschaftschaos. Warum? Vielen unbekannt - und hier offenbart sich
die Scheinheiligkeit der FDP-Schelte abermals - aber, wie
man wissen sollte , akzeptiert die EZB bereits seit Längerem
Schrott-Derivate von Banken als Sicherheit im Gegenzug zur Ausgabe
frischen Geldes. Gemessen daran stellt ein Ankauf selbst von
griechischen Staatsanleihen noch eine geradezu hochsolide Basis für
Geldschöpfung dar - denn bald wird sich zeigen, wie wertlos all
dieser Derivate-Müll wirklich ist.
Aufreger
für Neoliberale kann hier allein noch die Formalie sein, dass mit
dem - durch keinerlei wirtschaftlich zwingende Fakten unterlegten -
Anspruch, Zentralbanken hätten von der Politik unabhängig zu sein,
gebrochen wird. Zwar wird uns dies seit Generationen als böses Übel
eingetrichtert - was aber nichts daran ändert, dass in der jüngeren
Geschichte keine Vorfälle relevanten Ausmaßes bekannt sind, in
denen eine ausufernde Staatsverschuldung wirklich ursächlich für
eine große Krise gewesen wäre. Japan hat seit Jahrzehnten eine
Staatsverschuldung von weit über 100% (inzwischen 200%) seines BIP -
doch zusammengebrochen ist da bisher nichts. Zusammenbrüche - und
es gab etliche - waren dagegen stets eine Folge gleichsam anonymen
"Marktverhaltens", das sich an dieser Schwachsinn-These
orientierte - nicht aber eine Folge ihr innewohnender Kausalität.
Hier wird - wie selten - deutlich, auf welche Weise Manipulation der
Hochfinanz mit Kampagnen in den - ihr gehörenden oder von ihr
abhängigen - Medien Hand in Hand arbeiten. Das aktuelle
Griechenland-Bashing belegt dies beklemmend.
Für
die Demaskierung neoliberaler Lügen kann man einen durchaus
überzeugenden Beweis vorlegen: Weltweit kursieren nicht weniger als
600000 Mrd $ an Derivaten - von Banken zu über 90% im Eigenhandel
bewegt. Das ist mehr als das 10-fache des BIP aller Länder der Welt
zusammen genommen. Das ist eine Summe, gegen die aktuelle
Staatsverschuldungen wie D: 3600 Mrd $ oder GR: 400 Mrd $ geradezu
als Peanuts daher kommen. Zur Verdeutlichung im Klartext: die private
Finanzindustrie hat hier eine Blase von über 1000 % des
Welt-Jahres-BIP aufgepumpt! Kein Sparprogramm der Welt - von wem auch
immer - wäre in der Lage, dies auch nur ansatzweise zu tilgen. Und
in verräterischer Weise (oder vielleicht auch aus Gewohnheit?) erstrecken sich sämtliche öffentlichen Debatten bislang noch immer allein nur auf Staatsverschuldungen!
Dabei
hieße, Staatsverschuldung zwischen Ländern zu vergleichen, zunächst
einmal, dass man auch vergleicht, was mit diesem Geld
jeweils geleistet wird. Das ist in der EU zumeist weitaus mehr, als z.B. in den USA
oder (nach jahrelangem neoliberalen Raubbau...) in GB. Die - im CIA
fact book jederzeit nachlesbare - externe Gesamtverschuldung einer
Volkswirtschaft hingegen ist schon eher eine brauchbare
Vergleichsgröße, wenn es um Verschuldung geht. Ein paar Zahlen
hierzu: USA: 13200 Mrd $, GB: 9000 Mrd $, D: 5200 Mrd $, F: 5000 Mrd
$ ... andere interessante Zahlen: GR: 550 Mrd $, Russland: 370 Mrd $,
China: 350 Mrd $ - und Japan: 2200 Mrd $ (!).
Staatschulden
sind nicht per se schlecht, denn: hinter Staatsschulden stehen Werte
- wenn nach den leidigen Privatisierungsorgien vielleicht auch
weniger als zuvor - und zwar deutlich nachhaltigere als hinter den
meisten der neuen "Finanzprodukte". Und vor allem sind es
Werte, die - im Gegensatz zum Finanz-Müll - in vielen Punkten die
Lebensbedingungen von Menschen direkt berühren. Und so sollte es -
nach jahrzehntelanger neoliberaler Verirrung - nicht wirklich
überraschen, dass die Politik sich nunmehr zum Handeln gedrängt
sieht: endlich legt man die Axt an die Bankenmacht. Es darf vermutet
werden - ablesbar an der Kehrtwendung der deutschen Regierung und der
Beteiligung des IWF - dass all dies wohl kaum ohne Absprache mit den
USA zustande kam. Schließlich kämpft dort die Obama-Administration
letztlich mit vergleichbaren Problemen.
Die
Medienbeschreibung des Rettungsschirms ist ausnahmsweise sogar mal
zutreffend - da ist zurecht die Rede von "All in" (ein
bekannter Begriff aus dem Pokerspiel...) oder "Nuklear-Option"
- kurzum: es geht um Alles oder Nichts. Experten, Analysten und die
große Schar der Mietmäuler des Neoliberalismus werden Wochen wenn
nicht Monate benötigen, um sich neu zu positionieren - und uns dann
ihre Wahn-Thesen neuerlich als alten Wein in neuen Schläuchen
präsentieren. Bis dahin erwartet uns ein schrillabsurdes
Stimmengewirr und wohl auch Chaos an den Märkten.
"Nun
- alles in Butter..." ? Viel Grund zu vorschneller Freude
besteht keineswegs - dazu ist der Bruch mit bislang gültigen
Paradigmen schlicht zu groß. Hier wird ja nicht das Ende einer uns
bislang in ihrem Ausmaß verschwiegenen Krise markiert. Es ist
vielmehr der Eintritt in ihre entscheidende Phase - zu dem wir uns
schon dankbar schätzen dürfen, dass man die Krise inzwischen -
wengistens indirekt - überhaupt zugibt. Gerade mal wenige Tage hielt
die Begeisterung an Märkten und Börsen an - inzwischen befinden
sich Euro und Dax wieder im Abwärtstrend. Dies legt nahe, dass
Hochfinanz und Spekulanten-Gesox nicht im Geringsten daran denken,
ihre illegitim errungene Macht so einfach herzugeben.
Man
muss nur den Kern aktueller Medienkampagnen betrachten, um zu
erahnen, wo die winzige Finanzoligarchie weiterhin keine Gelegenheit auslassen wird, die Brechstange anzusetzen, um Widerstand gegen ihre weltweite
Machtergreifung aufzubrechen. Jene Erregung, mit der z.B. Deutsche
und Griechen sich in diesen Tage gegenseitig beschuldigen, sollte
uns allen Weckruf zur Besinnung sein - für das was noch kommen könnte. Strategisch
vollkommen richtig wird man die Brechstange am Grundproblem nahezu aller Demokratien
weltweit ansetzen:
Kein
Land - und schon gar nicht die EU oder sonst irgendeine
supranationale Institution - hat bislang ein zukunftsgerichtetes
Modell gesellschaftsverträglichen Wirtschaftens entwickelt - wobei
man anmerken muss: dies ist gewiss auch nicht einfach - und schon gar
nicht unter dem Regiment einer privaten Geldschöpfungs-Industrie.
Dass diese die mit der Geldschöpfung verbundene Macht nicht zum
Gemeinwohl sondern zu ihrem Eigennutz einsetzen wird, war allerdings
schon immer klar und vorhersehbar.
Wie
groß diese - entgegen gängiger Auffassung - staatenlose Macht ist,
erleben wir gerade. Lemminggleich stürzten und stürzen sich die
Regierungen - auch unsere - die Klippe hinunter und ruinieren ihre
Staatfinanzen immer noch mehr. Nutzen wird dies - insbesondere den
Bevölkerungen - nichts, denn bisher landeten alle gigantischen
Hilfsprogramme durchweg bei jenen, die in Wahrheit die Krise
verursachen: bei gobalen Großbanken und Großkonzernen. Die Griechen
werden nichts davon haben - und unsere Bevölkerung - deren weiter
brav ackernder Teil für all den Unsinn aufkommen müssen wird - auch
nicht.
Das
Rettungsschirm der EU schafft unserer Politik lediglich die
Voraussetzung, sich überhaupt zur Wehr zu setzen. Ob sie es denn
auch tun wird, steht noch auf einem völlig anderen Blatt. Im Moment
mögen Optimisten den Tsunami der Sparappelle noch als
Beschwichtigungsrethorik deuten - schließlich muss gerade die
deutsche Regierung ihren Wählern eine beachtliche Kehrtwende
verklickern. Sollte sie aber dermaßen vom Wahnsinn gebeutelt sein -
die bisher schon grottenfalsche Politik der Verarmung breiter Massen
und des Staates fortzusetzen - womöglich sogar verschärft - dann
ist Chaos auf allen Ebenen vorprogrammiert: hier, in der EU, und
weltweit...
Die
Zielvorstellung hinter den Kulissen dürfte mit einiger
Wahrscheinlichkeit lauten: Hoch-Inflation... und hier nicht die
Zahlen hinter dem, sondern jene an den ersten paar Stellen vor dem Komma. Hierzu hält unsere
"Ökonomie-Weisheit" ja den Lehrsatz bereit, dass Inflation
ein Ergebnis einer überproportionalen Erhöhung der Geldmenge sei.
Leider stammt dieser Lehrsatz aus vergangenen Jahrhunderten - und
heute kann man ihn allenfalls noch als "Leersatz"
betrachten. Moderne Produktionssysteme sind längst über weite
Bereichen skalierbar in ihrer Produktion - damit man eben stets dicht
am sich in einer Sättigungswirtschaft rasch wandelnden Bedarf produziert. Sollte mehr Geld im
Breitenhand (wovon derzeit gewiss keine Rede sein kann...) die
Nachfrage wirklich anziehen lassen, könnte und würde die Produktion
entsprechend hochgefahren werden - ohne Investition, ohne neue
Arbeitsplätze. Hiermit entfällt die Voraussetzung für dauerhafte
Preissteigerungen nachhaltig.
Ja
- was soll das denn dann mit dem fortwährenden Inflations-Gerede?
Und genau hier wird es nun interessant. Der obige Mechanismus gilt
allein in der realen Güter- und Leistungswirtschaft. Und nur über
diese versorgen sich die Menschen mit allem, was sie brauchen.
Inflation hier ließe sich nur erreichen, wenn man die
Produktionskapazitäten dramatisch herunterfährt - oder sich ihrer
auf anderen Wegen bemächtigt. Freiwillig werden Produzenten sich
hierauf nicht einlassen - also muss man ihnen den Markt wegnehmen.
Erschreckend: Genau dies ist, worauf das hinausläuft, was in den
vergangenen Jahrzehnten an gleich mehreren Fronten betrieben wurde:
Zum
einen gibt es in sämtlichen Industrienationen - besonders in USA,
GB, aber auch weltweit - einen ungebrochenen Trend zur
De-Industrialisierung. Private Equities, Hedgefonds, Basel 2 etc.
führten zum Verschwinden am Markt durchaus erfolgreich operierender
Mittel-Unternehmen - ersetzt werden ihre Marktanteile meist durch
globale Mega-Konzerne - die so immer mehr in marktbeherrschende
Positionen geraten. Dies bedeutet: Preise können immer willkürlicher
festgelegt werden.
Die
frei werdende Arbeitskapazität wurde - zumindest teilweise - von
Dienstleistungs-Sektoren aufgenommen, in denen sich recht willkürlich
an der Lohn-Schraube herumspielen lässt - und bei denen eine direkte
Abhängigkeit von der allgemeinen Einkommensentwicklung besteht. Die
restliche Arbeitskapazität hält man sich als Arbeitslose - und es
dürfen keinesfalls zu wenig sein, damit stets ein hohes
Erpressungs-Potential gegenüber jenen besteht, die man noch für die
produktive Arbeit braucht. Bester Trick aller Zeiten hier: Leih- und
Zeitarbeit. Der ist gleich doppelt wirksam: erstmal ist der
Arbeitnehmer-Lohn hier deutlich geringer als zuvor - und zweitens
veranlasst die mit Zeitarbeit einher gehende Unsicherheit
Arbeitnehmer, vom ohnehin schon geringeren Einkommen auch noch was
auf die hohe Kante zu legen.
Die
dritte Front: Privatisierung staatlicher Leistungen. Vor allem in den
Sozialsystemen eine höchst wirksame Komponente - wenn die staatliche
Daseinsvorsorge ausgehöhlt ist, müssen Menschen deutlich mehr
sparen - um eben selbst vorzusorgen.
In
de Summe sorgen alle drei Wege dafür, dass der für den Konsum frei
verfügbare Einkommensanteil fortwährend schrumpft. Die hiermit
rückläufige Breitennachfrage zwingt kleinere Produzenten erst zur
Anpassung - dann zu einem gnadenlosen Preiswettbewerb und schließlich
zur Aufgabe - allein finanzstarke Riesenkonzerne können diese
Entwicklung überleben, bzw. ihre Marktmacht dabei sogar noch
ausbauen. Schon heute wechselt so manches Auto hinter vorgehaltener
Hand - nur mühsam kaschiert als Re-Import, Sonderaktion u.v.m. mit
saftigen Abschlägen auf seinen "Listenpreis" den Besitzer
- Verschrottungsprämie hin oder her. Neulich stieß ich auf ein
solches Angebot mit fast 50% Preisabschlag. Dies bedeutet nichts
weniger - als dass die Listenpreise der Automobil-Konzerne bei weitem
zu hoch angesiedelt sind.
In
Deutschland war diese Entwicklung besonders verheerend - und sie
dürfte uns inzwischen einen beachtlichen Anteil unserer
Wirtschaftskraft gekostet haben. Die frei verfügbaren Lohnanteile
liegen hier heute immer noch auf - oder unter dem Niveau zur
Jahrtausendwende. Ein wirksames Arbeitsrecht in Deutschland existiert
praktisch nicht mehr - die Sozialsysteme sind marode und stehen mehr
oder weniger vor ihrem Zusammenbruch. Riesige Discounter bestimmten
die Lebensmittelpreise für die Masse der Bevölkerung, Energieriesen
Preise für die notwendige Energie, vielerorts ist die
lebensnotwendige Wasserversorgung schon in den Händen obskurer
Auslands-Finanziers (Cross Border Leasing...). Gentechnik-Konzerne
setzen alles daran, die gesamte Landwirtschaft in Abhängigkeit von
ihrem patentierten Saatgut zu bringen.
Entgegen
den Versprechungen des Neoliberalismus bescherte uns all dies nicht
mehr Markt, sondern weniger Markt. Nicht mehr Binnenkonsum, sondern
weniger Binnenkonsum. Nicht mehr Wohlstand, sondern weniger Wohlstand
- zumindest für die Masse. Nicht mehr medizinische Versorgung,
sondern weniger - nicht höhere Altersversorgung, sondern geringere,
nicht mehr Bildung und Qualifikation, sondern weniger.. und und und.
Und zu guter Letzt nun: nicht mehr Demokratie, sondern weniger - und
wie jeder Hartz IV-ler weiß: auch nicht mehr Recht, sondern weniger... All
dies aber liegt inzwischen zurück - und nunmehr erreicht die
Entwicklung die nächste Ebene - und ihren vielleicht letzten
Widerstand: Innerhalb dieses Systeme haben selbst gewählte
Spitzenpolitiker längst keine Spielräume mehr. Nichts macht das so
deutlich wie die gigantischen Beträge zur Bankenrettung 2009. Doch
offenbar brauchte es dann doch noch die Euro-Spekulation - damit der
Politk nun endlich ihre Lage und auch ihre Verantwortung klar wurde.
So weitermachen wie bisher wird vorhersehbar in einer Verlängerung
der Parallelen zu den 30 er Jahren resultieren.
Da
nahezu alle relevanten Parteien hierin bereits zutiefst verstrickt
sind, wächst die Gefahr einer Radikalisierung der Bevölkerung
nunmehr mit jedem Tag weiteren Zögerns. Und hierzulande lauert die
Gefahr schon traditionell keineswegs - wie von den Medien immer noch
gerne behauptet - links, sondern rechts. Wer all dies für
übertrieben hält und sich etwas wirklich Gruseliges antun will,
kann sich davon gerne in
diesem bemerkenswerten Artikel überzeugen. Es besteht kein
Zweifel - die Volksseele kocht bereits - und doch möchte ich meine
Mitbürger dringendst zum Nachdenken aufrufen. Lasst Euch nicht
länger an der Nase herumführen! Informiert Euch - hinterfragt alles
und jedes - traut den Medien nicht weiter, als ihr deren Behauptungen nachvollziehen könnt.
Nein - gleich was Kandidaten welcher Farbe auch immer versprechen -
die kuscheligen Jahrzehnte liegen fürs Erste hinter uns. Es wird
ruppig werden und man wird u.U. noch mehr Einschränkungen hinnehmen
müssen - aber zu Einem sollten wir uns unter keinen Umständen
verleiten lassen: irgendeinem braunen Gesox ein aberes Mal den
Teppich auszurollen. Übrigens: braun kann man auch unter einer blauen oder sonstig gefärbten Jacke tragen!
Gerade
die Masse der Bevölkerung muss jetzt lernen - und zwar schnell. Alle
Sparbemühungen der vergangenen Jahre - mit zum Teil gravierenden
Auswirkungen für die Bevölkerung - sind seit Anfang Mai sowieso
Makulatur. Jede einzelne von ihnen war uns zwar als Heilsbringer
verkündet worden, jede Einzelne von ihnen aber hat lediglich die
Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer gemacht. All diese
Opfer sind nun wirklungslos "verpufft". Damit muss nun endlich Schluss sein. Die Sparwut trifft NICHT die Finanzwirtschaft - sie
trifft aber die Realwirtschaft und so irgendwann auch ihren
Arbeitsplatz: Minus 5% Wachstum 2009 sind ein deutliches Warnzeichen
- in dessen Kommunikation sich die Medien hierzulande merkwürdig
auffallend zurück gehalten haben. Und so wird entscheidend sein, ob
die Massen sich nun weiter gegeneinander aufhetzen lassen - oder ob
sie vernünftigerweise die Solidarität unter der einfachen
Bevölkerung in allen Staaten suchen. Bekanntermaßen geschah in den
30er Jahren Ersteres - hoffentlich geht diese schäbige Rechnung des
widerlichen Packs diesmal nicht auf...
Dabei
ist es einfach... Menschen sind auf Finanzmärkte nicht angewiesen -
in der heutigen Industrie-Gesellschaft dagegen sehr wohl auf die
Realwirtschaft. Und genau zwischen diesen beiden- und nur zwischen
ihnen verläuft - auch wenn man es uns nicht so kommuniziert - die
künftige Hauptkampflinie, quer durch Staaten und Wirtschaftsräume.
Selbst die Debatte darüber, ob es klug gewesen ist, in der
Vergangenheit - ohne zwingende Not - unseren Binnenmarkt zu so derart
zu demontieren, muss hinten anstehen. Viel wichtiger ist jetzt: Es
darf keinesfalls mehr so weiter gehen! Nicht in Deutschland, nicht in
der EU - und auch nicht in den USA. Aufgrund ihrer politischen
Tradition tun sich hier EU-Staaten etwas leichter als etwa GB oder
die USA. Und die EU ist die größte Wirtschaftsmacht der Welt - und
so kann sie wenigstens vom Format her dem herannahenden Chaos
entgegen treten.
Dies
allerdings wird sich mit Deflations-Politik nicht erreichen lassen -
sondern durch Wiederentdeckung und entschlossene Wahrnehmung des
eigentlichen Mandats ihrer Bevölkerung. Die Aufgabe lautet:
Wiederherstellung des Primats des Gemeinwohls ohne Rücksicht auf
Partial-Interessen aller Art - besonders die der Hochfinanz und
Superreichen. Vermutlich sehr bald wird sich dann zeigen, wie die
Chancen für eine Bewältigung der Finanzkrise überhaupt stehen:
innerhalb des Systems sind sie sowieso praktisch gleich NULL.
Gleich
einem gigantischen Staubsauger wird die innerlich wertfreie
Derivatblase alles aufsaugen, was irgendwo auf der Welt noch entfernt
werthaltig sein könnte - und dabei wird sie niemals "satt"
werden können. Diesem Staubsauger muss endlich die Luftzufuhr
abgeschnitten - oder besser noch - der Motor abgestellt werden. Dies
wird ohne drastischen Schritte nicht möglich sein - gleichwohl sind
Staaten, demokratische zumal, zu solchen durchaus legitimiert. Wozu
immer man sich durchringt - Erfolge werden sich nur einstellen, wenn
auf der folgenden Skala von Maßnahmen hohe Übereinstimmungen
erreicht werden:
Absolutes
Primat für die Realwirtschaft. Weg mit teuren Konzern-Subventionen,
Beschäftigungsprogrammen und behördlicher Gängelung von Menschen.
Staat und Wirtschaft sind für die Bürger da - nicht der Staat für
die Wirtschaft. Auf dem deformierten Arbeitsmarkt muss das
Gleichgewicht unter den Marktteilnehmern wieder hergestellt werden -
Ersatz großer Teile des Steuer- und des Sozialsystems durch ein
bedingungsloses, existenzsicherndes Grundeinkommen, das über
Umsatzbesteuerung (mit international abgestimmten Ausgleichsregeln)
finanziert wird. Hier ein interessanter Film dazu... Folgen: sichere Steuereinnahmen, Entlastung der
Unternehmen von hohen Lohnkosten und Sozialabgaben. Dies schafft neue
Sicherheit und Spielraum für Arbeitnehmer und Unternehmen
gleichermaßen, sich nach ihren Vorstellungen und Möglichkeiten in
volkswirtschaftlich sinnvolle Arbeit einzubringen. KEINEN CENT
Staatsgeld für BANKEN mehr - auch nicht indirekt wie z.B. beim
Griechenland-Bailout. Hohe Besteuerung aller Formen von
Spekulations-Geschäften und leistungslosen Gewinne. Verbot von
Leergeschäften. Bilanzierungspflicht und strenge Reglementierung im
Eigenhandel der Banken. Zusammenbrechende Banken und Unternehmen sind
staatlich zu reorganisieren und bei Bedarf allein auf die Belange der
Realwirtschaft ausgerichtet weiter zu betreiben. Bei
Banken-Zusammenbrüchen verlorene Sparanlagen und öffentliche Gelder
sind bis zu einer angemessenen Grenze staatlich zu ersetzen, während
bei Finanzdienstleistern hierfür ein Haftungsvorrang geschaffen
wird, der außertariflchen Gehältern und Prämien sowie
vertraglichen Gewinnabführungen vorgeht. Eigentumstitel sind
übergangsweise unter Gemeinwohlvorbehalt zu stellen, bis die Luft
aus der Derivatblase vollständig heraus gelassen ist.
ARTKELENDE
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