Bushbrand in der Klimaforschung |
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Geschrieben von Jürgen Scheffler
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Mittwoch, 30. August 2006 |
Seite 2 von 6 Fragwürdiges Ereignis
Bedeutung gewinnt das Ganze vor allem dadurch, dass dieser Angriff auf Michael Mann nicht irgendwo, sondern im Juli als Anhörung vor dem US-Kongress stattfand, zu der Mann für eine Aussage unter Eid ein bestellt wurde. Das muss man sich mal vergegenwärtigen: Ein Forscher muss vor dem US-Kongress die wissenschaftliche Richtigkeit eines (wie wir noch sehen werden) marginalen Fitzelchens seiner Arbeit rechtfertigen. Vor jeder wissenschaftlichen Diskussion erhebt sich zu aller erst die Frage Nummer 1: Seit wann wachen Parlamente über eine angeblich "freie" Wissenschaft? Wissenschaft etwa als Ergebnis politischen Machtkalküls und Interessenklüngels? Irgendwie fühlt man sich da fast an die Zeiten der Inquisition erinnert - mit dem kleinen Unterschied vielleicht noch, dass Michael Mann vorläufig noch nicht mit seiner Verbrennung auf dem Scheiterhaufen zu rechnen hat. So war denn die Kurvendiskussion im Grunde auch nur Marginalie bei diesem konzentriert vorgetragenen Angriff auf Inhalt und Freiheit von Forschung und Lehre. Eher wohl war daran gedacht, für die Forscher der Welt ein Exempel zu statuieren, dass sie fortan mahnen soll, ihre Forschungsergebnisse bitteschön kompatibel zu den Interessen von Kapital und Macht ausfallen zu lassen oder zumindest so zu kommunizieren. "Wessen Geld ich ess, dessen Lied ich sing" scheint die unterschwellige Mahnnung des US-Kongresses an Forscher im 21. Jahrhundert.
Der wissenschaftliche Faktengehalt des Vorwurfskonstrukts an Micheal Mann indes ist ohne Übertreibung wohl als "streng gegen Null gehend" einzustufen. Gegen Null gehen aber nicht nur die Michael Mann zur Last gelegten Fakten, sondern auch das mögliche wissenschaftliche Resultat des gesamten Manövers überhaupt. So drängt sich der Verdacht auf, hier gehe es gar nicht um einen wissenschaftlichen Disput sondern um ein Manöver platter Meinungsmanipulation hinter dessen Scheinkulisse weitgehend in die Defensive geratene Kapital-Interessen wieder flott gemacht werden sollen.
Da erhebt sich zunächst doch wohl wichtige Frage Nummer 2: "Wieso überhaupt sollten sich weltweit Klimaforscher verschwören? Welches Interesse könnte sie leiten?..." Sehr schade, dass sich viele diese einfache Frage schon gar nicht mehr stellen. Leider neigt unsere von Medienverdummung geplagte Gesellschaft offenbar allzu sehr dazu, höchst komplexe Sachverhalte auf wenige "Kernaussagen" und einzelne Köpfe zu projezieren. Vor allem dies öffnet der Strategie, unbequeme wissenschaftliche Erkenntnisse durch die konzentrierte Bekämpfung solcher Exponenten zu "neutralisieren", Tür und Tor.
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