Wenn
es für Unvernunft einen Preis gäbe - das Politikinstitut
Berlinpolis und mit ihm der Spiegel - hätten ihn auf Monate
hinaus in Gold gebucht. Berlinpolis für die Erzeugung dieses
Schwachsinns
- und der Spiegel für dessen Verbreitung. Wieder einmal wird
eine neuerliche Verwirrungskampagne im eindeutigen Interesse einer
bestimmten Art von Politik - nämlich der bereits bekannt
falschen - durch den Medienwald geschoben. Da steht - der
unvorbereitete Betrachter mag sich die Augen reiben -
Baden-Württemberg sei angeblich das sozialste Bundesland, gefolgt von
Bayern(!!!).
Aber
zunächst der Reihe nach - der Spiegel-Redakteurin Sonja Pohlmann, Eingeweihten nicht ganz unbekannt, fiel die ehrenvolle Aufgabe zu,
das an sich schon schwachsinnige Untersuchungsergebnis von
Berlinpolis mundgerecht für das Publikum aufzubereiten. Das ist
schon interessant - immerhin hält Frau Pohlmann auch die
Christen für die meistverfolgte Religion auf Erden (Quelle). Schließlich sind es seit Jahrzehnten auch christliche Staaten, in denen Unruhen angezettelt werden oder die man mal eben mit Krieg überzieht. Nach dieser verqueren Logik wäre Bush dann so etwas wie ein verkappter Moslem? Jedenfalls lässt sich mit solchem Unsinn der "Kampf der Kulturen" wunderbar herbei reden und schreiben.
Ihrer Nähe zu angeblich christlichen Werten folgend stellt denn
auch die Berlinpolis-Studie den C-Partei-geführten
Bundesländern durchweg gute Noten - den anderen hingegen zumeist
schlechte aus. Der
gedachte Schluss für Otto Normalverbaucher soll sein: die sind
halt auch "besser". Dies schwebt über allen diesen
unsinnigen und inzwischen zunehmend gefährlichen Kampagnen.
Gefährlich sind sie nicht deswegen, weil sich hier am Ende ein paar Wenige noch mehr selbst bedienen, als sie es sowieso schon
tun - sondern weil dies unsere Gesellschaft absehbar dem braunen Sumpf
in die Fänge treibt - woran diese Wenigen natürlich auch
noch - wie schon einmal - "völlig leistungsgerecht"
verdienen werden.
Um
Frau Pohlmann richtig einschätzen zu können (falls man dem
durchschimmerndem Weltbild misstraut) darf man denn gerne auch mal
hier
hin sehen - es handelt sich um ein Allianzpapier im Umfeld der
Hauptversammlung 2006 mit sehr netten, aber bekanntermaßen völlig anders gemeinten, Phrasen zum massiven
Arbeitsplatzabbau bei diesem Unternehmen. Verantwortlich im Sinne des
Presserechts zeichnet auf diesem - offenbar nur intern gedruckten und
verteilten - Papier wer? Richtig: eine Frau Sonja Pohlmann. Zwar
haben wir keine letzte Gewissheit, dass die die beiden Sonja
Pohlmanns identisch sind - jedoch scheint die Wahrscheinlichkeit so
groß dass wir uns ausnahmsweise mal der neoliberalen
Kommunikations-Standards bedienen: frisch behauptet ist halb bewiesen
(gilt auch vollumfänglich für die Berlinpolis-"Studie").
Nun
wissen wir ja, dass die Allianz schon seit Längerem auf das
große Geschäft mit der Übernahme der ehedem
staatlichen Sozialsysteme Gesundheit und Altersversorgung spekuliert.
Dieses wissend wird uns auch in Verbindung mit dem letzten Absatz
klarer, wieso gerade die C-Parteien so gar fürchterlich "sozial"
sind - zumindest in Augen der Frau Pohlmann. Denn die setzten dem
beabsichtigten Übernahmemanöver praktisch keinen Widerstand
entgegen - so wie es die zwar von Schröder entgleisten, aber
immerhin noch, "Genossen" von der SPD tun.
Zum
"Institut" Berlinpolis gibt es eh nicht viel zu sagen - ein
Blick hierhin
genügt, um voherzusagen in wessen Interesse alle zurückliegenden
und auch alle zukünftigen Studienergebnisse liegen werden. Kein so großes
Wunder, denn Berlinpolis scheint ein Ableger der eigentlich sattsam
bekannten - und von Arbeitgeberverbänden üppig finanzierten -
Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft zu sein - und selbst ohne die
lesen sich die Referenzen noch abschreckend genug. Dort ist alles
mögliche versammelt - nur weit und breit nichts mit auch nur
rudimentärer Sozialkompetenz - und so degenerierte die aus der Studie abgeleitete "Sozialkarte" Deutschlands dann auch mehr zu einer Reichtumskarte.
Überhaupt
sollten Sie, verehrte LeserInnen, grundsätzlich allen
Nachrichten misstrauen, in denen sich das Stichwort "Ranking"
findet. Ranking bedeutet nämlich soviel, wie eine nach zumeist
unklaren und nicht selten interessengeleiteten Kriterien hergestellte
- böse Zungen würde sagen, bewusst herbei manipulierte -
Bewertungsrangfolge. "Ranking" sollte heutzutage eigentlich schon längst der Inbegriff des
Kurzdenkens sein. Hier wird eine fragwürdig ermittelte Rangfolge zwar zur Nachricht geadelt,
nicht aber die Art und Weise, wie die Rangfolge zustande gekommen ist. Jeder Statistiker weiß um die Bedeutung dessen und die Wertlosigkeit so hervorgebrachter Aussagen. Da wollen wir nun doch einmal genauer hinschauen.
Nur ein Blick auf die Tabelle des Ranking sagt denn auch mehr, als jede
veröffentlichte Interpretation - durchweg Bundesländer mit hohen
Einkommensspreitzungen und solche mit miesen Armutswerten
befinden sich auf den hier in der Summe ausgewiesenen Spitzenplätzen.
Das sind nun mal zufällig alle, wo es den Menschen nach einer
Wahlkampfaussage unserer Kanzlerin nur angeblich "besser" geht.
Nun - da nähere Informationen über dieses sicherlich hoch
wissenschaftliche "Ranking" nicht dabei stehen, wird man
wohl bei der Ranfolgenbildung einfach die Spitzennoten pro Bundesland
gezählt haben oder etwas Belangloses in dieser Art.
Irgendein
Herr Daniel Dettling (Chef von Berlinpolis) aber glaubt da anscheinend nun, die Empfehlungen erkannt zu
haben, die man unserer heutigen Gesellschaft zur Lösung ihrer
Probleme geben muss. Die Ost-Bundesländer sind in seinen Augen scheinbar - verzeihen sie
den Ausdruck - Scheiße (und sowieso Schuld an allem - wobei sie
in Wahrheit von der Regierung Kohl epochal verladen wurden) und das "Ländle" des spürbar überforderten Oettingers steht gaaaanz weit vorne
- immerhin wurden hier ja auch als Erstes Studiengebühren
eingeführt. Stärkere "Regionalisierung" sei denn
auch die Lösung - nach Dettling - denn dem schwebt offenbar eine
"Produktive Ungleichheit" vor. Wie fast immer, wenn aus wenig bekannter Ecke grob Vernunftsbeleidigendes aus der Taufe gehoben wird, ist dieses Netzwerk im Spiel, zu dem Daniel Dettling natürlich auch gehört.
Machen
Sie sich keine Illusionen darüber, wie die beabsichtigte Ungleichheit (Hartzlinge erfahren sie bereits am eigenen Leibe) aussehen könnte
- einige Bundesländer kommen den Mächtigen und Reichen noch
mehr entgegen, als man es in dem Gesamtverantwortung tragenden Berlin
je könnte, und schwupps geraten auch die anderen
Bundesländer unter Druck, die weiteren Verschlechterungen in der Verteilung
der Gesellschaftlichen Macht einzuführen. Von Nichts anderem ist in Wahrheit
die Rede... ein Wettbewerb um den schönsten Standort für
die Reichen und Schönen und zugleich um die miesesten und nicht etwa die besten Sozialstandards.
Sozusagen - das gegenwärtige EU-Konzept übertragen - vorbei
an unserer Verfassung - auf Deutschland.
Schwachsinn
ist das Ganze schon deswegen: Sozialaufgaben sind eine verfassungsgemäße Verpflichtung im gesamten Gültigkeitsbereich dieser Verfassung - und so müssen sie überall in gleicher Weise erfüllt werden, da es sonst zwingend zu Ungerechtigkeit kommen muss. Insofern kann es dem Hartzling in
Baden-Württemberg nicht anders gehen, als dem in
Mecklenburg-Vorpommern - so wie es derzeit ja auch ist. Vergleichbares gilt auch für Armutsrentner und alle sonstigen Sozialaufgaben der Gesellschaft - hier eine Politik verschiedener Ausgestaltung in 16 Bundesländern zu verlangen, kommt der Forderung nach einer Balkanisierung Deutschlands gleich.
Nimmt man dann noch die Politik hinzu, für die jeweilige
Landesregierungen eintreten, entpuppt sich die Berlinpolis-Studie als
vielleicht noch als gute Büttenrede für einen Burschenschaftsabend (Vielleicht dem vom Söder?). Denn gerade Ba-Wü und Bayern treten
entschieden für die weitere Entsolidarisierung der
bundesdeutschen Gesellschaft ein. Allen voran Bayerns sattsam bekannter
CSU-Generalsekretär Markus Söder - ein höchst
unsympathischer Burschenschaftsfuzzi - macht seine Schlagzeilen vor
allem als "Alter Ego" zum hin und wieder in das
Sozialmäntelchen schlüpfenden Stoiber.
Wir
leben im Zeitalter der Globalisierung - und aus der EU soll ja dereinst
mal etwas werden. Wer zur Hölle kann da eine stärkere
Regionalisierung fordern? Die wird doch nur gefordert, damit sich die
Geldmaschine auf ein paar im Moment wichtige Ecken konzentrieren und den
Rest noch mehr sich selbst überlassen kann. Das ist nun einmal
das Grundgesetz der Entsolidarisierung, wie sich an den Querelen zur
Gesundheitsreform ganz offensichtlich zeigt. Diese Querelen gibt es nämlich
nur - weil die Sozial-Ranking-Spitzenreiter Bayern und Ba-Wü
fürchten, sie müssten aus dem - in diesen Ländern mehr
oder weniger rein zufällig mehr Erwirtschafteten - einen
gerechten Beitrag an die "armen" Länder abführen.
Wir
wollen jedoch nicht vergessen - dass es in Deutschland auch Zeiten
gab, wo gerade die heute sich für so viel besser haltenden
Bundesländer massiv von jenem Ausgleich profitierten, der ihnen
seinerzeit aus jenen Ländern zuteil wurde, wo wirtschaftlich
schon was ging, als die Masse der Bayern noch Vieh gehütet und
Äcker bestellt haben. Die einfache Grundwahrheit ist, dass nur
Gemeinsamkeit wirklich stark macht - und ein Gegeneinander schwächt.
Gemeinsamkeit bedeutet aber auch, dass man in jenen Zeiten wo es
dem Einen besser geht als dem Rest der Gemeinschaft nicht dauernd über die Peanuts
rumjammert, die man den anderen rüberschieben soll. Dies ist der grundlegende Denkfehler in allem Neoliberalen. Wie man das Ganze dann hübsch hinter allerlei sinnwidrigen wie belanglosem Unsinn verbergen kann, kann man kaum irgendwo eindrucksvoller nachlesen als auf der Website genau jenes Netzwerkes , auf das wir hier immer wieder stoßen.
Anhänger
des Prinzip "Teile und Herrsche" werden langfristig immer
dasselbe erfahren, was sie schon seit Jahrtausenden erfahren: sie
sind auf lange Sicht schwächer - weil sie keine gerechten und
erst recht keine sozialeren Gesellschaften hervorbringen. Es wird letztlich der Wähler und keine Generation Golf, Single oder sonstwas sein, der darüber zu entscheiden hat - und wenn man
etwas als interessant ansehen kann, dann wäre es eine sauber
ermittelte Sozialstudie zu dem Fall, das in Ba-Wü oder in Bayern
vielleicht mal die Regierung einer anderen Partei regiert, als jener, die es immer schon
tat.
Wenn
es denn ein Institut gibt, was für diese Studie nicht in Frage
kommt, so wäre es gewiss Berlinpolis - und zwar wegen allzu
offensichtlichem Mangel an Kompetenz und wegen allzu offensichtlicher
Verbiegung der Ergebnisse. Über den Spiegel sagen wir nicht mehr
viel - der scheint, wie alle anderen der sich prostituierenden Medien
auch - eh alles zu verbreiten, was Geld bringt. Und davon haben die
Protagonisten der Kampagne - nicht zuletzt dank gefügiger
Politik - mehr als genug.
Sie,
verehrte LeserInnen, können indes ganz getrost davon ausgehen,
dass jegliche öffentliche Kampagne heutzutage derartigen "Plots"
folgt. Irgendwelche zwielichtigen Institute, Initiativen oder sonstige Netzwerke ziehen hier hinter den Kulissen die Strippen. Der Zufall spielt hier praktisch keine Rolle mehr, wenn andere
mit Ihrem Schicksal ein - wie diese es nennen - "Geschäft"
machen. Der Kernsatz des Herrn Daniel Dettling (Berlinpolis) in dem schier
unerträglichen Spiegelartikel lautet dann auch: "...Denn
wenn es den starken Ländern besser geht, würden auch die
schwachen Länder profitieren..." Nach mehr als tausend
Jahren Sozial- und Solidaritätsgeschichte sollten wir alle - Sie und
ich - es nun wirklich langsam mal besser wissen...
Wir
haben heute in Deutschland genau eine Gesellschaft - nämlich die
des Gültigkeitsgebietes unserer Verfassung. Diese prägt -
abgesehen von den unlegitimierten Eingriffen den EU - unsere Welt des Rechts und der Sozialstaatlichkeit vollumfänglich. Der Gesellschaftsvertrag der
bundesdeutschen Verfassung gilt auch in Bayern - was denen da gelegentlich entfällt
- und wer etwas anderes möchte, muss zunächst einmal die
Bundesrepublik auflösen.
Wir
leben heute in einer Realitiät wo unsere Verfassung an vielen
Stellen - und da beziehe ich die fast belanglose Gesetzgebung der
weitgehend überflüssigen Länder-Bürokratien ausdrücklich mit ein - längst durch die
Interessen irgendwelcher dahergelaufenden Anspruchsdenker fast bis
zur Unkenntlichkeit ausgehöhlt ist. Der richtige Weg ist, den
Förderalismus-Unsinn, der in der Verfassung mal unter
vollständig anderen Randbedingungen zustande kam, in den
Mülleimer zu kicken. Sechs Bundesländer sind besser als
sieben, sieben besser als acht... usw. Niemand käme auf die
Idee, im internationalen Wettbewerb demnächst nach Regionen zu
unterscheiden. Mal ehrlich - würden Sie denn ein Produkt
bevorzugen, nur weil da "Made in Bayern" statt "Made
in Germany" draufstünde?...
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