Offenbar
hat man mal wieder Großes vor in Absurdistan. Flankierend zur
Fabel vom "Boom auf dem Arbeitsmarkt" sehen seit dem
vergangenen Donnerstag 1000nde von regelmäßigen Nutzern der
Jobbörse auf der bundesweiten Website www.meinestadt.de
sich schlagartig mit einem drastisch reduzierten Stellenangebot
konfrontiert - und manche dürften sich wohl gefragt haben: "Was
ist geschehen?" - Ob Medienstar Orkan Kyrill etwa all die vielen
Stellen "weggepustet" hat? Wir bei CogitoSum gingen dieser
Frage nach und stießen auf keineswegs weniger Sensationelles -
auch wenn feststeht: der Orkan ist unschuldig an dem Vorkommnis.
Diese
Stellenbörse von meinestadt.de dürfte zu Deutschlands
beliebtesten und meist frequentierten Stellenbörsen zählen.
Hierfür sind vor allem zwei Gründe ausschlaggebend: 1. fand
der Arbeitssuchende dort einen der wenigen halbwegs kompletten
Überblicke über die Arbeitsangebote in seiner Region (und
nicht kreuz und quer durch die Republik) und 2. zeichnete sich der
Stellenmarkt von meinestadt.de durch eine eingängige und auch
für Computerlaien leicht zu bewältigende Bedienung aus. Das
folgende Bild vermittelt einen Eindruck über den Aufbau des
Stellenmarkts bei meinestadt.de:
Viele
der Millionen Arbeitssuchenden hierzulande dürften sich ab
18.01.2007 die Augen gerieben haben - denn bis vor kurzem wurden
nahezu alle offenen Stellen der BA auch im Stellenmarkt auf
meinestadt.de veröffentlicht. Dem Bewerber stand hierdurch ein
ausgesprochen effektives Mittel zur Verfügung, sich einen
Überblick sowohl über die Angebote in seinem Beruf zu
verschaffen wie auch einen Blick in angrenzende Bereiche zu werfen
(um sich z.B. anders zu orientieren...) Damit ist es nun vorbei -
d.h. konkret im Beispiel oben (Friedrichshafen) wo heute 1.159
Stellenangebote ausgewiesen sind, waren es bis vor einigen Tagen noch
weit über 2.700...
Bei
der Suche nach Erklärungen für dieses Vorkommnis - das
angesichts der Arbeitsmarktlage im Lande schon Skandalformat annimmt
- findet der verstörte Arbeitssuchende auf meinestadt.de
Folgendes:
Im
Forum von meinestadt.de häufen sich inzwischen verbitterte
Stellungnahmen von Arbeitssuchenden, die man unserem Arbeitsminister
Müntefering unbedingt direkt auf den Tisch packen müsste.
Neben gelegentlicher Beschimpfung und Pöbelei kann man dort -
angesichts dessen um was es geht - erstaunlich sachliche Statements
finden, die sich bei aller Unterschiedlichkeit zu fast 100% in
Einem Punkt einig sind: Dieser Schritt der BA ist an Absurdität
kaum noch zu übertreffen.
Über
die wahren Hintergründe indes kann nur spekuliert werden. Auch
wir bei CogitoSum informierten uns über meinestadt.de über
die wahren Zustände auf dem lokalen Arbeitsmarkt und führten
diverse Statistiken über das Jobangebot. Dies betrachten wir
auch als legitim und sogar notwendig - vor allem wenn die sich die
Resultate daraus deutlich von dem unterscheiden, was BA und Medien
fortwährend als Trendpropaganda in Umlauf bringen.
Das
in der Erklärung skizzierte neue Geschäftsmodell der BA
indes kann eigentlich nicht ein Grund sein, dieses kleine Stück
bisheriger Transparenz auf dem Arbeitsmarkt "aus dem Verkehr zu
ziehen". Wo dies die Vermittlungschancen erhöhen soll, kann
nur die BA und ihr Management allein wissen. Es liegt auf der Hand,
dass da eher völlig andere Punkte eine Rolle spielten - z.B. mag
es manchen Arbeitgebern unangenehm gewesen sein, anhand von
veröffentlichten Stellenangeboten von einer kritischen
Öffentlichkeit "ausgerechnet" zu werden.
Die
windige Branche der Zeit- und Leiharbeitsfirmen wird davon ebenfalls
wenig begeistert gewesen sein - denn sie können an allem
Möglichen Interesse haben - nur nicht an einem funktionierenden
Arbeitsmarkt, der ja letztlich ihre Pfründe bedroht. Und so läuft das
neue Geschäftsmodell dann auch eher auf eine "Kungelei"
zwischen allen möglichen Playern auf dem Arbeitsmarkt heraus -
nur einer bleibt außen vor: der Arbeitssuchende.
Wie
dieser nämlich künftig das für ihn in Frage kommende
Jobangebote sichten kann, sei an den folgenden Abbildungen kurz
dargestellt:
Nach
einiger Klickerei - bei der computerunerfahrende Zeitgenossen schon
bisweilen mal auf der Strecke bleiben, bevor sie überhaupt dort
hin gelangen - kann der Arbeitssuchende sich am informativen
Startbild für die Stellensuche im Internetangebot der BA selbst
erfreuen.
Man
sieht nicht ein Jobangebot sondern man hat sich - behördenüblich
- zunächst einmal durch einen Wust an Angaben zu quälen.
Herausragendes Merkmal - den gewünschten Beruf soll man
möglichst genau angeben. Vielleicht war es ja früher mal
so, dass Berufe eine halbwegs feststehende Bezeichnung hatten - in
heutiger Zeit kann davon kaum noch die Rede sein und zudem wird von
Arbeitssuchenden unablässig Flexibiliät verlangt... So groß
(und wie wir später noch sehen werden noch viel größer)
kann manchmal der Unterschied zwischen Wort und Tat sein bei jenen,
die Verantwortung für den heutigen Arbeitsmarkt tragen.
Doch
verfolgen wir zunächst einmal die Jobsuche bei der BA weiter.
Mit seinen Klick auf "Beruf auswählen" gelangt der
Stellensuchende sodann auf folgende Seite:
Hier
hat der Arbeitssuchende nun die freie Auswahl - auch wenn er nicht
eine einzige Berufsbezeichnung sieht - er kann eingeben was er mag...
und erhält dann eine mehr oder minder gigantische Auswahl von in
Frage kommenden Berufsbezeichnungen. Wir haben mal nur das Rumpfwort
"Daten" eingegeben - Resultat:
Nicht
weniger als 221 Berufsbezeichnungen werden uns zu unserer
Eingabe angeboten. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass dies
die Anzahl der für den Suchenden überhaupt in Frage
kommenden offenen Stellen in vielen Fällen deutlich übersteigen
dürfte.
Und
wohlgemerkt - dies alles bevor es mit der Suchanfrage selbst
überhaupt losgeht. Eine kleine Flüchtigkeit oder
Unbedachtsamkeit des Suchenden - und schon erhält er
möglicherweise nur einen Teil der für ihn in Frage
kommenden Stellen oder gar völlig Falsche angezeigt. Es ist so
gut wie unmöglich, eine Abfrage zu basteln, mit der der Suchende
ALLE für ihn in Frage kommenden Stellen auch wirklich angezeigt
bekommt - hierzu wird es immer ein ganze Reihe von Abfragen brauchen
- aber Arbeitssuchende haben ja auch Zeit wie Heu...
Vergleicht
man dieses Schilda-Produkt mit der Jobbörse von meinestadt.de,
wird ganz schnell deutlich, wieso das sündhaft teure
Meisterstück der BA-Beratungsfirmen McKinsey und Roland Berger
beim Publikum so unbeliebt ist - daher zum Vergleich noch mal das
Bild meinestadt.de:
Hier
kann sich der Suchende einfach durchblicken - und selbst beurteilen,
welche Stellenangebote er sich näher anschaut und welche nicht -
das ganze Berufssuch-Brimborium entfällt und es macht auch
keinen Sinn - denn in jeder Stellenausschreibung steht ohnehin in
aller Regel noch mal recht deutlich, welche Ausbildung oder
Qualifikation verlangt wird. Eine einfache und einleuchtende Methode,
die auch jemand ohne viel Computererfahrung sofort und unmittelbar
richtig anwenden kann.
Das
war dann wohl doch zu einfach - zu übersichtlich - zu
transparent und sowieso zu erfolgreich. Dachten sich zumindest die
chronisch unterbeschäftigte BA und deren hochkarätige
Berater mit Tagessätzen von weit über einem Monatssatz des
Hartz IV Empfängers. Wie erfolgreich meinestadt.de mit diesem
Konzept war belegt indes noch folgendes Schreiben, das kaum mal vier
Wochen alt ist (Anm: die allesklar.com AG steht hinter
meinestadt.de)
Ob
eines derartigen Versatzstückes mitten aus den Niederungen
Absurdistans kann der Laie nur noch staunen und Fachmann sich wundern
- was doch hierzulande nicht alles möglich ist. Doch im
Schreiben oben - dort steht die Email-Adresse des zuständigen
Ministers. CogitoSum wird dem Minister eine Email mit diesem Artikel
und der höflichen Bitte zukommen lassen, dieser Angelegenheit
nachzugehen und dafür zu sorgen, dass die vorigen Verhältnisse
bezüglich der Veröffentlichung des Virtuellen
Arbeitsmarktes der BA umgehend wieder hergestellt werden. Es wäre
sicherlich hilfreich, wenn der eine oder andere Leser sich dem
anschließt...
Wenn
es der BA schon so dermaßen nach Arbeit dürstet, dann
könnte sie diese wesentlich fruchtvoller darin investieren,
ihren offenen Stellenbestand mal kritisch zu durchforsten und dabei
alle Doppelungen und offensichtlichen Scheinangebote (jahrelange
"Dauerläufer") raus zuschmeißen. Dies würde
- im Gegensatz zur aktuellen Maßnahme - zumindest einen Sinn
ergeben.
Offenbar
bleibt es für die Verantwortlichen auf unserem Arbeitsmarkt ein
bislang scheinbar nicht bewältigbarer Lernprozess, einfach mal
die simple Tatsache anzuerkennen, dass kein noch so schönes
"Geschäftsmodell" etwas daran ändern wird, dass 4
Mio fehlende Arbeitsplätze weiterhin fehlen... Im übrigen
ebenso wenig wie noch mehr Druck auf Arbeitslose. Schon gar nicht,
wenn Menschen über 50 schlicht nicht mehr eingestellt werden -
denn auch die Drohung mit Erschießung macht diese nun mal nicht
jünger...
Soweit
uns bekannt ist, müht sich auch meinestadt.de, das alte Angebot
wieder herzustellen - und dies steht im Interesse aller - auch
anderer Kooperationspartner mit der BA - zu hoffen. Für den
Nutzer war dieses Angebot von hohem Wert und zudem haben Bürger
und Öffentlichkeit ein Recht, ständig aktuell über den
Zustand des Arbeitsmarktes informiert zu werden - und nicht nur zum
Zeitpunkt irgendwelcher zusammenfassender Pressekonferenzen Monate
später. Wenn der Staat diese Zahlen (die immerhin im einzelnen
nachprüfbar waren) künftig vor der Öffentlichkeit
geheim halten will - so bleibt dem kritischen Bürger nur der
eine Schluss: er wird dann schon seine Gründe dafür
haben... Was ihn dann aber erst recht nicht zu diesem Schritt legitimiert.
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