Europas
technologisches Prunkstück steckt tief in der Krise. Der ehedem
so strahlende Flugzeughersteller Airbus scheint ins Trudeln geraten,
ohne dass die Steuermänner offenbar auch nur die Idee eines
Planes hätten, wie man da wieder heraus kommen könnte.
Dabei hatte man es bereits weit gebracht - dem ewigen Branchenprimus
Boeing standen die Schweißperlen bereits auf der Stirn - mit
der vom Markt begeistert angenommenen Vorstellung des A380 war für
Boeing die Gefahr, demnächst ein Dauerabo für nur Platz 2
unter den Großflugzeugherstellern gewonnen zu haben, bereits
mit Händen zu greifen. Doch Hochmut (wie hier
zu lesen) kommt vor dem Fall. Der frenetisch gefeierte Erstflug ist
grad einmal gut anderthalb Jahre her - länger braucht es
anscheinend nicht, ein Prunkstück in einen maroden
Saniernungskandidaten zu verwandeln. Was ist geschehen?
Nun
- zunächst einmal wagte man viel bei Airbus, sehr viel. Ermutigt
durch das Vertrauen in die gewachsene eigene technische Kompetenz und
durch den anhaltenden Erfolg der eigenen fortschrifftlichen
Flugzeugfamilie gegenüber dem Erzkonkurrenten Boeing wagte man
den Angriff auf dessen "Eingemachtes". Bisher nämlich
konnte sich Boeing stets auf seinen Langstrecken-Großraum-Saurier
B747 zurückziehen, wenn es am Markt mal eng wurde. Das bedeutet:
mit den in diesem Monopol-Segment (ein Flugzeug dieser Klasse wird
weltweit ausschließlich von Boeing angeboten - und das seit 40
Jahren) sprudelnden satten Gewinnen kann Boeing weniger überzeugende
Bestandteile seiner Produktpalette "quersubventionieren".
Ärgerlich für Airbus - denn einem so gestalteten Preisdruck
hatte man nichts entgegenzusetzen, ausser rötlich eingefärbten
Bilanzzahlen - was bekanntlich der hier besonders wichtigen
Kapitalakquise nicht sonderlich dienlich ist.
Und
das sollte der A380 nun ändern - und zwar im Eiltempo. Im April
2005 hob der Prototyp zu seinem Jungfernflug ab und weltweit wurde
der Anbruch einer neuen Luftfahrt-Ära gefeiert - außer bei
Boeing, wo rund 170 Bestellungen für den größeren,
modernen und wirtschaftlicheren A380 tiefe Sorgenfalten auf der Stirn
hinterlassn mussten. Gut 12 Mrd € Entwicklungskosten hatte das
Projekt zwar verschlungen, doch würde auch diese Summe sich bei
weiter anhaltender Airbus-Manie locker rasch wieder einspielen.
Querelen
gab indes mit dem britischen Airbus-Miteigner BAE - die Briten kochen
bekanntlich ja gerne ihr eigenes und nicht immer durchsichtiges
Süppchen. Lange rang man um den Preis des Ausstiegs - ein Ringen
in dessen Verlauf sich die Top-Analysten der Welt die Klinke nur so
in die Hand gaben und - und daran sollte man sich unbedingt erinnern
- jede Menge unverlangter, kostenloser Ratschläge in die Welt
setzten. Airbus müsse unbedingt Teilfertigung in
Niedriglohnländer auszulagern, Werke in Hochlohnländern zu
schließen, die gesamte Einkaufs- und Beschaffungsstruktur
reorganisieren und wegen nationaler Eifersüchteleien
geschafftene Doppelstrukturen beseitigen sowie den - von dieser Seite
stets als Inkarnation des Leibhaftigen gebrandmarkten -
Staatseinfluss zurückdrängen.
Daneben
stellte sich ein bedenkicher Verschleiss an Spitzenmanagern ein, was
das Unternehmen wenigstens zum Dauergast in den Schlagzeilen machte -
in munterer Folge rochierten irgendwelche Leute aus den politischen
und wirtschaftlichen Top-Strukturen der beteiligten Länder durch
das Unternehmen wie einst Fahrensleut durch Reichsstädte. Was
sich aber derweil schon seit Längerem und das in weitgehend
ungestörter Ruhe vollzog, war hinter den Kulissen die
Metamorphose vom behäbigen staatsnahen Unternehmen zum angeblich
so agilen und profitableren Unternehmen neu-kapitalistischer Machart
- die Devise: alles was nicht direkt die Hausmacht irgendeeines
Managers betrifft, lässt sich "outsourcen", natürlich
mit dem Ziel, die Kosten deutlich zu senken.
Mit
dieser Art Unternehmenspolitik lässt sich vielleicht Billigramsch noch billiger herstellen - im Bereich hochkomplexer Systeme mit
bisweilen jahrzehntelangen Entwicklungs- und Produktionszyklen greift
die neo-kapitalistische Kurzfrist-Denke voll ins Leere oder auch in
Schlimmeres... Schon die ersten sich abzeichnenden Lieferprobleme
deuteten an, dass es im industriellen Unterbau des strahlenden
Unternehmens gewaltig knirscht - er herrschte und herrscht Mangel an
qualifiziertem Personal und auch die Dienstleister können sich
solches nicht aus den Rippen schneiden.
Man
kann immer nur auf jenes Personal zurückgreifen, dass man sich
zuvor mit einer ebenso zielgerichteten wie kontinierlich
konstruktiven Personalpolitik geschaffen hat. Anscheinend haben
Manager verlernt, dass Umstrukturierung und Umorganisation in
Unternehmen stets mit einem Absinken des Leistungs- und
Effizienzniveaus sowie mit einer nachhaltigen Verstörung des
Personal einhergehen - da mag die neoliberale Rechung bei der
Müllentsorgung vielleicht noch so eben aufgehen -
Hochtechnologie aber erfordert verlässliche und stabile
Strukturen, will man nicht das Risiko eines unübersehbaren
Debakels eingehen, und dieser Umstand sollte eigentlich selbst
Share-Holder interessieren - deren Repräsentant bei Airbus
derzeit übrigens Tom Enders ist.
Genau
einem solchen Debakel sieht Airbus sich ausgesetzt - nur anderthalb
Jahre freie Hand für das Nietentum in Nadelstreifen genügten,
um dieses technologisch hoch leistungsfähige Unternehmen so gut
wie an die Wand zu fahren. Und so ergibt sich eine Situation, die
sich in keinem Wirtschaftslehrbuch für Elite-Manager finden wird
und die auch jeder Form von Vernunft in einer Weise Hohn spricht, wie
es blanker nicht mehr geht.
Airbus
hockt auf prallen Auftragsbüchern von über 2.000 Flugzeugen
- aber selbst nach inzwischen über einem Jahr Krisenmanagement
ist der A380 keineswegs in trocknen Tüchern sondern die
Erstauslieferung scheint sich eher zu einer Art "Unendliche
Geschichte" zu verstetigen - und immer noch schenken Manager
ihren Kennzahlen und dem sonstigen Neu-Kapitalistischen Schwachsinn
mehr Aufmerksamkeit als der Realität. Sie haben nicht verstanden
- und hier bleibt als Ursache fast noch nur Blödheit oder
Sabotage - wenn der A380 floppt, kann man das Unternehmen Airbus
einäschern - denn das wird es dann gewesen sein. Dies dürfte
zwar Stirnpartie der Boeing-Manager wieder etwas glätten - aber
es nutzt uns hier im "alten Europa" wenig.
Wer
bei einer solchen Auftragslage mit den dazugehörigen
Lieferverpflichtungen - von denen insbesondere die A380 Pleite wohl
einem geradezu idiotischen Sparwahn nach dem Motto: "Wir sparen
- koste es was es wolle..." geschuldet ist, sein Heil immer noch
weiter in Werksschließungen und weiteren Entlassungen sucht,
dem ist definitiv nicht mehr zu helfen.
Man
wird letztlich nur einen Beweis antreten können - und zwar den,
dass es einem unfähigen oder wer weiß, vielleicht ja auch
... vornehm ausgedrückt ... einem in verdeckten
Interessenkonflikten gefangenem... Management jederzeit möglich
ist, ein leistungsstarkes Unternehmen im Zeitraffertempo zu
ruinieren.
Die
heute überall erhältlichen Zutaten dafür:
Sparprogramme, Umorganisation, sogenannte "strategische"
Allianzen und wenn dies alles nicht hilft - externe Berater! Und wenn
die es dann immer noch nicht gerichtet haben (was selten vorkommt) -
ja dann muss man halt die Politik zu Hilfe holen - spätestens
dann klappt es. Genau in dieses Stadium trat man neulich bei Airbus
neulich ein. Airbus muss doch kaputt zu kriegen sein... und wenn
jetzt die bösen Gewerkschaften auch noch streiken, kriegt man
sogar noch den Schuldigen, den unsere gekauften Medien hernach 24
Stunden 7 Tage die Woche anprangern können, auch noch frei Haus
geliefert - es geht halt nichts über kooperative
Gewerkschaften...
Der
Sinn des Streiks scheint indes überdenkenswert - denn es erhebt
sich die Frage, ob er im Falle großer oder gar internationaler
Konzerne noch Nutzen bietet. Im globalen Raubtier-Wettbewerb wird
nämlich aus dem Streik des einen das Geschäft des Anderen.
Wie man in England längst weiß, ist die traditionelle
Gewerkschaftswaffe stumpf geworden - Gewerkschaften mögen zwar
aufgrund ihrer Tradition die richtigen Wege hier und da noch erkennen
- aber sie vermögen solche immer weniger durchzusetzen.
Gewerkschaften
sind Interessenvertreter der Arbeitsnehmer - doch wenn die
Gesellschaft ein derartiges Ungleichgewicht zugunsten der Arbeitgeber
und irgendwelcher sonstigen Schranzen duldet, ist auch eine
Gewerkschaft mit ihrem "Latein am Ende", wie man das so
treffend nennt. Gewerkschaften sind eben nur einer der Akteure im
Wirtschaftssystem - wichtig schon, aber bei weitem nicht Alles und
schon gar nicht die gesamte Gesellschaft.
So
haben Streiks und Demonstrationen der Gewerkschaften - die es derzeit
durchaus zahlreich und nicht nur auf dem Airbus-Sektor gibt - vor
allem die Nebenfunktion, auch die "Nicht-Gewerkschaftler"
wach zu rütteln. Kein nicht zu den bereits gekürten Eliten
zählender Mensch in diesen Landen kann den längst
eingeleiteten Fortgang der Ereignisse wünschen - für
seines Gleichen nicht - und auch für die Gesellschaft nicht.
Die
Bequemlichkeit des Beischlafs mit der Macht ist vorbei. "Cui
bono" wird die Devise der Zukunft und damit das Scheidewasser
zwischen Unrat und Brauchbarem werden, ja sogar werden müssen,
wenn man diese fatale Entwicklung aufhalten und umkehren will. Und
dabei macht "Cui bono" keineswegs halt vor solchen Leuten
aus den vermeintlich eigenen Reihen, die ehrenwerte Ziele zwar
lautstark vor sich her tragen, aber realiter doch immer nur die
eigenen verfolgen. Solche Leute gehören eigentlich nirgendwo hin
- nicht ins Gefängnis, aber auch nicht an die Machtschaltstellen
der Gesellschaft. Und für die meisten unter ihnen wäre
genau dies auch die angemessene und ebenso gerechte wie harte
Strafe. Sollen sie doch mit ihrem Dünkel und Elitentum fortan
für sich selber werkeln...
Würde
dieses Prinzip greifen, stünden uns ganz konkret fast leere
Häuser in Berlin - oder teilweise auch in Brüssel bevor.
Doch diese - da sie nun mal da sind - sollten sich auch wieder füllen
lassen. Lasst uns einfach unsere Eliten "abwählen",
weil sie inzwischen kaum mehr als nur "Mist" produzieren.
Und dies tut dieser - geradezu lächerlicherweise auch noch zum
Großverdiener-Stand aufgestiegene - Personenkreis derzeit auf
nahezu jedem gesellschaftlich relevanten Gebiet von der
Gesundheitsreform bis zu Airbus.
Ziel
kann nur sein: Arbeit von Menschen verdient Anerkennung - über
das Ausmaß dieser Anerkennung, das z.B. die Klientelgänger
in der Union in Wahrheit zu gewähren bereit ist, informiert uns
die Haltung dieser Leute zu den einsehbar notwendigen und richtigen
Thema Mindestlohn in Deutschland. Ihr als Ablenkungsmanöver
kreierter Kombilohn ist eine wertlose und vor allem für die
nicht Super-Reichen der Gesellschafft neuerlich nachteilige Schimäre
- es werden nicht mehr Arbeitsplätze geschaffen, sondern ehedem
einkömmliche umgewandelt in prekäre. Nichts als nur das
kann die Folge sein...
Aber:
Dies trifft nicht jene, die heute schon nichts mehr haben - sondern
jene, die heute noch glauben, sie müssten CDU wählen, weil
sie - wenigstens entfernt - dazu gehören würden. CogitoSum
ist nicht parteilich - aber auch wir können uns der Diagnose
nicht entziehen, dass es derzeit die Union ist, die auf nahezu allen
Gebieten, gesellschaftsunverträgliche oder gar
gesellschaftsschädliche Lösungen propagiert und verfolgt.
Dies ist sie aber vielleicht auch - und das sei betont - nur, weil
die FDP und auch die Grünen - derzeit nicht so die Rolle in der
Politik spielen - d.h. es bringt den Feudalherren von Morgen im
Moment nicht so viel, sich diese Leute zu "kaufen".
Und
mögen uns die Medien noch so viel "Ablenkung"
präsentieren - sei es die Meinungsfreiheit des Kriminellen Klar
oder das tragische Schicksal des Mita - hinter den Kulissen schreitet
beständig nur eines voran - der Umbau unserer Gesellschaft zu
einem rückwärtsgewandten mittelalterlichen Feudalsystem.
Den Ursachen dieser Bauaktivitäten gilt es auf die Spur zu
kommen - und diese Ursachen gilt es, unnachsichtig zu beseitigen.
Jeder der an diesem Umbau aktiv (ohne jede Beachtung irgendwelcher
Sonntagsreden...) mitwirkt, ist mithin mit Skepsis zu betrachten.
Spätestens
da ist dann selbst die Linkspartei keineswegs aus dem Schneider. Denn
der schon lange tote Marx kann auch nicht schaffen, was die derzeit
Lebenden nicht auf die Reihe kriegen. Und schon gar nicht
irgendwelche Professoren oder sonstwer aus dem Elitenkreis. Schaffen
müssen dies allein die verantwortungsbewussten Bürger
dieses Landes - und erst dann werden derart haarsträubende
Vorgänge wie derzeit bei Airbus auch wieder mehr zu den
Ausnahmen statt zur Regel zählen...
ARTIKELENDE
CogitoSum
- Beitragskritik:
Technologie
- Grundlagen
Gesellschaft
- Wirtschaft:
|