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Zimmer- und Milchmädchen PDF Drucken E-Mail
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Geschrieben von Jürgen Scheffler   
Samstag, 3. März 2007

Da beißt die Maus keinen Faden ab - Hartz IV ist in der Realität unterste Grenze für den längst überfälligen Mindestlohn. Betrachten wir im Folgenden, was das genauer bedeutet. Hierfür gehen wir von einem Single ohne Kinder aus - denn das ist jener Fall, der mindestens funktionieren muss - Kinder gut und schön, Ehefrau als Hausfrau auch wunderbar - nur ändert all dies nichts an dem eigentlichen Austauschverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, welches wir mal etwas konkreter betrachten wollen.

Wenn ein solcher Mensch nun im Monat ein Brutto von 800 € bezieht, so heißt dies: 5 € bei 40 Std und gut 5,70 € bei 35 Std die Woche, was ihn im Vergleich zu den in diesem Link genannten Beträgen schon fast (und das ist durchaus zynisch gemeint) zum Großverdiener werden lässt. Von seinen üppigen 800 € brutto kann unser wackerer Kandidat also einen monatlichen Geldsegen von sage und schreibe 632 € auf seinem Konto erwarten - der Rest verschwindet bei den selbstverwalteten Sozialversicherungen. In den Kreis jener Priviligierten indes, die ihr Hirn mit Steuersparmöglichkeiten plagen müssen, gehört unser Kandidat nicht - er zahlt keine und kann so seine satten 632 € Monat für Monat nach Gutdünken verbraten.

Okay - im Vergleich zu seinem von Amts wegen als arbeitsscheu eingestuften Hartz-IV-Nachbarn muss er zunächst einmal etwa 18€ der GEZ spendieren - denn die braucht der andere im Austausch gegen ein mittleres Behördenmarathon nicht zu bezahlen - somit bleiben ihm: 614 €. Natürlich ist unser Kandidat mit seinen Ansprüchen voll auf der Höhe der Zeit - d.h. er möchte mit Bad/Du/WC in der eigenen Wohnung, und nicht auf dem Flur oder gar auf dem Hof, mit Tageslicht in den Fenstern und nicht im umgebauten Kohlenkeller und vor allem mit einer halbwegs erträglichen Verkehrslage zu seiner Arbeit wohnen - denn Verkehrsmittel kosten nun mal auch richtig Geld.

Eine solche Wohnung ist meistenorts in Deutschland unter 300 € warm im Monat kaum zu haben - womit man erschreckt feststellt: die "goldene" 345-Euro-Hartz-IV-Grenze ist bereits unterschritten - denn im oben ewähnten Nachbar-Fall ist es ja der Staat, der für dessen Wohnung aufkommt. Zumindest wird das behauptet - in Wahrheit aber wäre der Hartz-IV-Nachbar eigentlich nicht mehr sein Nachbar, sondern längst umgezogen, weil eine solche Wohnung aus Amtssicht bereits unangemessen teuer wäre - max. 258 Euro dürfe sie in einem solchen Fall kosten.

Da der Hartz-IV-Nachbar aber nicht von der guten Verkehrslage weg irgendwohin in die Pampas ziehen will, peppt er seine Miete eben aus seinem Regelsatz auf - womit die beiden dann tatsächlich wieder ungefähr gleich da stehen. Nun kommt das bevorzugt im Alpenvorland anzutreffende Milchmädchen ins Spiel, das so gerne rechnet. So wie eben beschrieben, rechnet es, darf es nicht sein - schließlich arbeitet der eine und der andere nicht - und dennoch leben beide auf gleichem Niveau? Das ist eine schreiende Ungerechtigkeit...

Vor Beantwortung dieser Frage ist - und das wird allerdings von den Söders & Sinns der Republik nur allzugern vergessen - dieses Niveau zu betrachten, was wir vor längerer Zeit hier schon einmal ausführlich getan haben. Dort erhärtet sich die Vermutung, dass dieses Niveau in etwa die Grenze zu einem grade noch selbstbestimmten und menschenwürdigen Leben in diesem Lande darstellt. Das heißt im Klartext: wenn die Milchmädchen unserer Republik fordern "Arbeit muss sich lohnen", fordern sie entweder höhere Löhne (im Falle der Söders & Sinns wohl auszuschließen) oder aber Archipel Gulag für Langzeitarbeitslose.

Um in Sinns Ziehharmonika-Bildnis zu bleiben, es sind nicht die unverschämten Ansprüche der Nichtskönner an den unteren Enden der Lohnskalen, die hier das Lohngefüge von unten her nach oben derart zusammendrücken, dass unsere arme geplagte Wirtschaft von Jahr zu Jahr mehr Not leidet, sondern wenn - sind dies die Minimalerfordernisse für ein halbwegs erträgliches Dasein hierzulande. Vielleicht sollte unser Prof. Sinn einfach nach China auswandern - die kennen da seine Ziehharmonika noch nicht so gut und er könnte damit vielleicht zum Renner bei "China sucht den Superstar" werden. An dieser These jedenfalls ist so gut wie alles falsch - dass Deutschland inzwischen in der Lohnspreizung Platz 1 in der EU erklommen hat, berichteten wir neulich. Man könnte die derzeitige Lage auch mit der einfachen Feststellung, dass die Lohndrückerei hierzulande ihr unterstes Limit erreicht hat, zwar weniger blumig aber dafür um so zutreffender beschreiben.

Ziehharmonikas sollte man besser weiter für das Musikmachen verwenden - und nicht für Propaganda. Denn auch der Status des Arbeitslosen bedarf eingehenderer Betrachtung und Einordnung in den Gesamtzusammenhang. Arbeitslos ist jemand, weil es ihm offenbar nicht gelang, einen Arbeitsplatz zu ergattern. Dabei ist es zunächst einmal vollkommen egal - ob er diesen Zustand nun angestrebt hat, weiter anstrebt oder nicht. Denn - wie wir alle wissen - teilt er sein Schicksal vorerst mit Millionen anderer.

Relevant würde ein seinerseits möglicherweise vorliegendes "Fehlverhalten" eigentlich erst dann, wenn Vollbeschäftigung, ja sogar Arbeitskräftemangel, vorläge - was wohl eindeutig nicht der Fall ist. Das aber glauben die Milchmädchen der Republik nicht, und weil sie in ihrem Verfolgungswahn gleich ganze Heerscharen von abzockenden Finsterlingen hinter den eigenhändig geschönten Arbeitslosenzahlen vermuten, werden Unmengen von im Vergleich zu unserem Kandidaten höchst teurer Behördenarbeitszeit darauf verbraten, diesen gemutmaßten "Missbrauch" einzudämmen.

Das ganze war bisher schon schlimm genug - jedoch: es geht immer noch ein wenig verrückter. Kombilohn ist in aller Munde - propagiert als eine Art Schweizer Universal-Messer, um endlich blühende Landschaften auch dort wieder hervorzurufen, wo schon das letzte Mal keine entstehen wollten. Doch ganz neu ist das im Prinzip nicht wirklich... bereits heute besteht die Möglichkeit, Jobs, die die o.a. Löhne unterschreiten, nach Antragsmarathon per staatlichem Zuschuss auf Hartz-IV-Niveau zu hieven - was nebenbei auch gar nicht mal so selten geschieht, ohne dass die Bezieher solcher Teilleistungen sich in einer der bei Milchmädchen gängigen Statistiken wiederfänden.

Was also soll die Einführung von Kombilohn-Modellen eigentlich? Auch das ist schnell erklärt - das Problem der Grundsicherung aus Sicht der Arbeitgeber ist nämlich - es handelt sich um Grundsicherung, d.h. bevor der Staat einen Job subventioniert (um nichts anderes handelt es sich da) erfolgt die Bedüftigkeitsprüfung und der Staat leistet nur bis zur Grenze dieser Grundsicherung. Hiermit ergibt sich eine Art Grenze - eine Grenze nämlich, ab der Arbeitgeber mit erheblichen Widerständen oder gar Flucht ihrer Mitarbeiter rechnen müssen, wenn deren Löhne unter diese gedrückt werden sollen.

Für Zweitverdiener gar tritt die Kniepigkeit des Arbeitsgebers ganz offen zu tage - denn das Partnereinkommen verwehrt es diesen, ihren kargen Lohn staatlich aufzupeppen. Dass für derartige Schweinelöhne gearbeitet wird, liegt schlicht und ergreifend daran, dass es Menschen gibt, wie z.B. Erben, Ehepartner, Rentner oder bei den Eltern lebende Jugendliche, die sich ein derart niedriges Einkommen sozusagen "leisten" können. Irrerweise muss man also relativ "reich" sein, bevor man sich diese Form von Niedriglohnarbeit überhaupt leisten kann.

Der Kombilohn nun mischt die Karten neu - hier interessiert nicht mehr, wer sich hier was leisten kann - sondern ein bestimmter Arbeitsplatz erhält einfach pauschal einen staatlichen Zuschuss. Hiermit eröffnet sich für den Arbeitgeber die Möglichkeit, einen Teil seiner Arbeitskosten einfach auf den Staat zu verlagern. Tolle Kiste - ich mach den Reibach und der Staat blecht dafür - besser geht’s nicht mehr und ich kann mein gutes Gewissen pflegen, weil mein Arbeitnehmer hierdurch zumindest keinen Nachteil erfährt. Damit ist auch klar, wo dieser Kombilohn kurz über lang Anwendung finden wird - nämlich in jenen Regionen wo heute noch "normal" bezahlte Arbeit besteht.

Wer da immer noch Rosinen im Kopf hat oder gar an RTL und ZDF glaubt, sei stellvertretend für tausende Fundstellen auf hier und auf hier verwiesen. Im ersteren Link wird eines der heute von der CDU so gerne verbreiteten Märchen besonders erschreckend deutlich - nämlich jenes von den vielen Arbeitsplätzen, die dieser Schwachsinn angeblich neu schaffen soll (nachdem es mit der Arbeitszeitverlängerung wohl doch nich so klappte). Ein Hotel muss seine Zimmer immer putzen lassen - gleich wie hoch die Löhne sind - oder es kann zumachen.

Folgt man den Thesen von Prof. Unsinn und weiten Teilen der CDU, stände vermutlich der sofortige Konkurs dieses Hotels bevor, wäre es gezwungen, die Arbeit seiner Zimmermädchen anständig zu bezahlen. Dabei wären in Wahrheit gerade mal  lumpige 1 bis 2 € höhere Kosten pro Zimmer zu erwarten - etwas was sich in Zimmerpreisen von 210 € doch nun wirklich locker unterbringen lassen sollte. So ist der Konkurs des Hotels auch nicht das Problem - sondern vielmehr der Aspekt: wieso sollte das Hotel mehr bezahlen, wenn es scheinbar immer noch ein Stückchen billiger geht?

Mehr braucht man nicht, um die Auswirkung von Kombilohn vollumfänglich zu erfassen. Unternehmen werden sich diese Subventionen mehr oder weniger direkt auf ihren Gewinnkonten auszahlen lassen. Ein staatlich gefördertes Modell zur Unterschreitung von unteren Tarifgrenzen - auf ihren Festbanketten müssen sich Unternehmerverbände doch eigentlich vor Lachen unterm Tisch kringeln - natürlich sorgsam von der Öffentlichkeit abgeschirmt durch gleichfalls kombi-belohnte "Sicherheitsfachkräfte".

Kehren wir zurück zum Ausgangsbild - hier bestimmten wir den Austausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitgeber als maßgeblichen Betrachtungsgegenstand. Arbeitslosigkeit interessiert hier keinen der Partner - und soll sie auch nicht, denn ein Unternehmen muss im Markt kalkulieren. Prof. Unsinn unterschlägt in seinen Thesen - ich behaupte bewusst - den Umstand, dass es diesen Automatismus nicht gibt: niedrigere Löhne = niedrigere Kosten = niedrigere Preise = mehr Umsatz. Dies liegt allein schon daran, dass wir - worüber wir alle froh sind - keine Planwirtschaft, sondern noch so etwas ähnliches wie Marktwirtschaft haben.

Hier werden Preise auf dem Markt ermittelt - und nicht in den Kosten. Will heißen - werden die Kosten für ein Produkt so hoch, dass ein Preisanstieg über ein akzeptiertes Marktniveau hinaus eintritt, wird der Umsatz für dieses Produkt sinken - möglicherweise das Produkt ganz vom Markt verschwinden. Das ist Marktwirtschaft - da gibt es nichts zu jammern oder zu klagen - Ärmel hochkrempeln, anderes Produkt machen - und dann Arbeitnehmer, die das neue Produkt nicht mehr braucht, feuern - und wenn andere gebraucht werden, die eben einstellen - und das ganze möglichst flott, damit der Rubel aus dem neuen Produkt alsbald wieder rollt.

Wie der Alltag lehrt, setzen sich Kosten für ein Produkt aus vielen Elementen zusammen - und keineswegs nur aus Lohnkosten. Jeder produktiven Arbeitsstunde sind eine Menge Overheadkosten aufgeladen - allen voran die des nicht produktiven Managements und die des ebenfalls nicht produktiven Gewinns. Sinkender Lohn - gleich ob nun über Arbeitszeitverkürzung, Kombilohn oder weiß der Geier wie geschaffen - heißt somit zunächst einmal mehr Spielraum für die von der produktiven Arbeit lebende Kette - Management und Gewinn. Und erst, wenn die den neu entstandenen Spielraum nicht verfrühstücken, kann sich dieser überhaupt bis zum Preis durchschlagen.

Doch - wieso bitte sollte ein Unternehmen seine Preise eigentlich senken - solange der Markt die gegenwärtigen noch hergibt? Solange wird natürlich der alte Preis verlangt - und wenn möglich im Zuge der allgemeinen Preissteigerung sogar noch angehoben, womit sich Management und Eigner abermals die Taschen noch mehr voll stopfen als sie es bislang schon taten. Das und nichts anderes ist die Realität - vor allem im Bereich großer Unternehmen und Ketten.

Die Behauptung, derartige Arbeitsplätze seien nun sicherer - ist in diesem Zusammenhang völlig aus der Luft gegriffen. Denn - wenn hier ein Großunternehmen und dort eine Kette den Besitzer wechselt, geht es nicht um solche Peanuts, sondern um ganz andere Dimensionen. Der neue "Investor" will Cash sehen - und das gleich und verdammt viel davon.

Je nach Bedeutung der Arbeitskosten im Preisgefüge des übernommenen Objekts wird dann eben da "rasiert" - und da ist es dann weitgehend belanglos, ob das Zimmermädchen 3, 5 oder 10 € die Stunde kostet. Wenn da noch etwas einzusparen ist, wird es eingespart - z.B. durch so nette Arbeitsbedingungen wie im Abendblatt-Artikel wunderbar beschrieben, oder in dem man mal eben das eine oder andere Haus einfach schließt. So kommt man schnell auch mit der Hälfte der Zimmermädchen aus - und spart aber immer auf jeden Fall noch zusätzlich an bereits gedrückten Löhnen - die man anlässlich dieses Vorgangs am besten gleich nochmals ein wenig drückt.

Und in diesem Szenario male man sich nun die Wirkung von Kombilohn aus - der mit seitens des Staates von irgendwelchen bedürftigen Mündern abgesparte Kombi zum Lohn wird so bestenfalls etwas für den "kleinen Heuschrecken-Hunger zwischendurch" und fällt ansonsten nicht weiter groß auf. Jegliche positive Wirkung nämlich setzte voraus, dass Kapital sich heute wirklich noch auf lange Sicht Produkt- und Leistungsschaffend betätigen will. Dieser Umstand ist für die weltweit vagabundierenden Kapitalmengen inzwischen eindeutig zu verneinen. Kapital will keine Produkte und Leistungen schaffen - wer hat diesen Blödsinn eigentlich in die Welt gesetzt? Kapital will zunächst mal immer nur nichts weiter, als sich selbst vermehren.

Die Bezeichnung "Investor" für einen Firmenaufkäufer ist denn auch irreführend - es wird nicht wirklich "investiert", sondern es wird Kapitalmacht angewendet, um eine Art Muschel zu öffnen, sie auszulutschen und die Schalen dann noch irgendeinem Trottel aufzuschwatzen, der sie zu kaufen bereit ist. Hat man sich alles Verwertbare einverleibt, ist der Rest wurscht - das hier im Beispiel an eine Hotelkette gebundene Kapital kann nach kurzer Zeit woanders wieder einem neuerlichen "Geschäft" dieser Art zugeführt werden - wo neuerlich enorme Gewinne aus dem kurzfristigen Plündern zuvor intakter Unternehmensstrukturen winken. Also das Ganze von vorne und dann - abstoßen der ausgelutschten Struktur - und eine neue Muschel gekauft.

Wer will sich bei solchen Perspektiven mit deren Traumrenditen im höheren zweistelligen Prozentbereich noch mit der mühseligen Schaffung und Verbesserung von Produkten und Leistungen aufhalten? Das ist bestenfalls Futter für Analysten-Geschwätz - damit man sich von jenen erst den Kaufpreis niedrig und hernach den Preis für den Abfall möglichst hoch schwätzen lassen kann.

Sie haben gemerkt - inzwischen befinden wir uns mitten im Hirn der höchst simpel verdrahteten Heuschrecke. Sie fragen sich, wann dieses Spiel sein "natürliches" Ende findet? Die leider so erschreckende wie wahre Antwort: Vorerst nicht. Und selbst wenn dann einestages die Wirtschaften der Welt "kahlgefressen" sind - hocken die Heuschrecken immer noch auf unvorstellbaren Mengen so angeeigneten Vermögens und - anders als ihr Vorbild in der Natur - sterben sie keineswegs am dann bestehenden Futtermangel, sondern sind zunächst einmal immens reich und immens mächtig.

Und da kommen wir nun doch mal zu der kritischen Menschen immer so gern in den Mund gelegten "Neiddebatte" - in Deutschland liegt folgende Entwicklung von Millionären vor: (DM)1960.: 140.000 - (DM)1978: 214.000 - (DM)1998: 1.500.000. Nach Börsencrash zu Anfang des Jahrhunderts und Euroeinführung darf man derzeit von etwa 760.000 Euro-Millionären in Deutschland ausgehen. Weltweit sammelten sich weit über 40 Billionen US$ in den Händen von nur 8,3 Mio Menschen - je ein Drittel davon in den USA, in der EU und in dem Rest der Welt. All diese Angaben natürlich mit erheblichen Unsicherheiten behaftet - mal werden Immobilien mitgezählt, mal wird nur das Finanzvermögen erfasst etc.

Und unter diesen 8,3 Mio sind nur 700 US$-Milliardäre (hierzulande etwa 60) - man stelle sich 1 Milliarde einmal vor: das sind 1.000 mal 1 Million. Nur rund 450.000 € würden an unseren Kandidaten im Verlauf seines Lebens ausbezahlt, wovon er hierzulande wie vorgerechnet sein Leben gerade so eben bestreiten bestreiten - Ausbildungsförderung oder Altersunterhalt bleiben bereits da schon im wesentlichen am Staat hängen, obwohl dieser Mensch Sozialabgaben leistet. Nicht mehr als den Gegenwert zweier Luxus-Karossen trägt ein solcher Mensch im Verlauf seines gesamten Lebens zu unserer Gesellschaft noch bei.

Und nun kommt der Kombilohn - der nämlich verringert den "Wert" dieses Menschen noch mehr - indem der Staat der Wirtschaft die Zahlung eines Teils des Lohnes einfach "abnimmt" Im Hamburger Modell gab es einen Brutto-Lohnzuschuss von 3 € die Stunde - d.h. im Klartext 50% trägt der Staat - oder mit anderen Worten er schenkt der Wirtschaft eine von den beiden Edelkarossen, die unserer Kandidat überhaupt noch repräsentiert. Diese wandert denn auch unter Umgehung unseres Kandidaten direkt als Staatsgeschenk zu jenen Leuten, die den Staat dafür auch noch gewohnheitsmäßig wegen angeblich zu hoher Ausgaben beschimpfen.

Der Kombilohn bescheinigt unserem Kandidaten also klipp und klar, in seiner Gesellschaft nicht mehr lebensfähig zu sein - denn er kann ja offenbar nicht einmal in der Arbeitsphase seines Lebens seinen Unterhalt noch erwirtschaften - und das unterscheidet ihn zumindest vorübergehend von seinem Hartz-IV-Nachbarn - der könnte es wenigstens noch - zumindest solange wie ihn keine Behörde auch in einen Kombilohn-Job presst. Diesen nämlich muss er annehmen - ob er will oder nicht - und nun das schönste: Für diese hohe Wertschätzung dürfen dann beide auch noch ihr Leben lang schuften UND der Staat hat dazu noch an den Kosten für ganze Schiffsladungen voller verschenketer Edelkarossen zu knabbern.

Bei einem gesetzlichen Mindeslohn sähe die Sache anders aus - der Staat verschenkt nicht einen Cent, sondern macht von seiner legitimen Macht, Gesetze zu schaffen, Gebrauch. Das kostet praktisch nichts und da steht dann drin, dass unser Kandidat egal für welche Arbeit mindestens soviel zu kriegen hat, dass er davon einigermaßen leben kann - für eine Gesellschaft eine höchst sinnvolle untere Grenze. Denn für jeden der in diesem Bereich arbeitet, darf der Staat schon mal eine Edelkarosse für dessen Ausbildung und Alter einkalkulieren. Jeder Lohn unterhalb dieser Grenze also macht aus Sicht des Staates keinen Sinn, selbst auch dann, wenn Menschen bereit sind, für dieses Almosen zu arbeiten - Niedriglohn dieser Form bleibt so oder so die pure Verschwendung der gesellschaftlichen Investition in diese Menschen.

Die Wirtschaft droht indirekt damit, Mindestlöhne würden direkt zur Vernichtung von Arbeitsplätzen im Niedriglohnsektor führen - ein Zusammenhang, der sich aus unserem Hotelbeispiel so gar nicht erschließt. Die Zimmerreinigung in Hotels dürfte bereits heute schon bis aufs Letzte ausgequetscht sein - dem Hotel bleibt also gar nichts anderes übrig, als seinem Zimmermädchen den vorgeschriebenen Lohn zu zahlen - denn, wenn das Hotel seine Zimmer nicht mehr reinigen lässt, kann es innerhalb einer Woche zumachen. Und dann ist es natürlich auch aus mit 210 € pro Nacht. Nun raten sie mal, verehrte Leser - was das Hotel in diesem Fall wohl machen wird, wo ein Zimmermädchen in einer Schicht z.B. 18 Zimmer fertig zu machen hat? Es wird den Lohn zahlen - und weiterhin versuchen, seine Zimmer so teuer wie möglich zu vermieten und sich natürlich auch weiter dumm und dämlich daran verdienen.

Das Talent des Kapitalisten war immer, dem Beduinen mitten in der Wüste säckeweise Sand zu verkaufen - und genauso verhält es sich hier. Die Wirtschaft "verkauft" dem Staat Arbeitsplätze - die er dann selbst zur Hälfte bezahlen soll. Dass sich durch diesen Akt definitiv kein Mehrbedarf an Hotelzimmern der gehobenen Preisklassen einstellt, liegt auf der Hand - die vorhandenen Hotels aber werden auch jetzt schon gereinigt. Die einzig mögliche Folge: das eigentlich Ziel des Staates, nämlich mehr Arbeitsplätze für Geringqualifizierte zu schaffen, wäre damit schon mal vom Tisch. Übrig bleibt die Umstellung der dort bestehenden Jobs auf Kombi-Lohn - womit man dann so eben mal die Hälfte der Lohnkosten losgeworden ist. Und Absurdistan erstrahlt abermals in feinstem Glanz.

Sicher - es gibt heute viele kleine Betriebe, die um ihr Überleben kämpfen und trotzdem versuchen auch für ihre Leute das beste draus zu machen - und in manchen Branchen mögen andere Verhältnisse herrschen und und und... eines aber bleibt unausweichliche Tatsache: Vom Staat zu verlangen, er solle Arbeitsplätze subventionien, die sich noch nicht einmal für ihn mehr rechnen - stellt eine ähnliche Dämlichkeit dar, wie wenn der Staat derartiges umgekehrt von der Wirtschaft verlangen würde. Die Wirtschaft wird keinen einzigen Arbeitsplatz neu schaffen, nur weil dieser subventioniert wird. Sie wird neue Arbeitsplätze genau dann schaffen, wenn da jede Menge zusätzlicher 210€ für die Kasse winken - und nur dann.

Hiermit dürfte klar sein - einen ordentlichen Mindestlohn ( sagen wir mal 7,50€ ) sind wir uns als eine der reichsten Gesellschaften der Welt schon aus humanitären Gründen längst schuldig. Für den Kombilohn wie für Milchmädchen gilt indes: Finger weg! Wie im übrigen auch für Zimmermädchen, denn DAS geht nun mal seit Menschengedenken schon "Extra"...

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