Nun
- das Thema bleibt heiß. Die Drähte in den Hinterzimmern
glühten - und es brach eine Medien-Kampagne gegen die Kritik an
den US-Abwehrraketenplänen seitens SPD, FDP, Grünen und
Linken los. "Na - wollen wir doch mal sehen, wem die Republik
gehört..." muss wohl sinngemäß als Motto im
Raume geschwebt haben. In nahezu allen Blättern der Nation wird
mal in höherer mal in niedrigerer Konzentration abgrundtiefer
Schwachsinn im Tsunami-Format über die Diskussion gegossen. Da
möchte Ex-General und Konrad-Adenauer-Stifungs-Dozent Klaus
Naumann am liebsten Generäle in der Politik sehen, weil die ja -
dank ihres Sachverstands - alles besser machen würden. (Wann
hätten Generäle in der Geschichte je irgend etwas besser
gemacht?) Josef Joffe gibt sich derweil in der Zeit viel Mühe,
gleich eimerweise Desinformation über Zusammenhänge in der
Nulklearrüstung zu verbreiten, der Spiegel schmückt sich
mit einer schicken Grafik zum Thema, die niemand - vermutlich nicht
einmal der erstellende Grafiker - verstanden hat. Alle zusammen aber
wissen sie Eines ganz genau: Die US-Raketenabwehr in Polen /
Tschechien ist TOTAL harmlos für Russland. Wem
dem so ist...
...wozu
dann bloß die ganze Aufregung? Es dürfte ja wohl als
einigermaßen gesichert angesehen werden, dass mit einer
überhaupt existenten Bedrohung aus dem Iran auf absehbare Zeit
nicht zu rechnen ist. Woher also diese Eile und Aufregung? Was
spricht denn dann dagegen, sich unter "alten Freunden"
hinzusetzen, und das Ganze in Ruhe und für die Öffenlichkeit
transparent zu erörtern? Hat nicht die europäische
Öffentlichkeit ein Recht darauf, dass entscheidende politische
Weichenstellungen für die nächsten 5 Jahrzehnte eingehend
und durchaus auch kontrovers diskutiert werden? Schließlich
rühmt man sich in der NATO so ganz besonders des Wertes der
Demokratie - und es steht doch wohl zu hoffen, dass damit nicht jene
Demokratie gemeint ist, die man jüngst über den Irak
brachte...
Für
den kritischen Beobachter indes bleibt höchst erkenntnisreich,
wie unsere Medienlandschaft mit alledem umgeht und vor allem - wer
sich da so alles zu Wort meldet. Hierzu ein paar Beispiele:
Im
Spiegel
steht zu lesen, die kritische Parteinahme von SPD-Chef Beck gefährde
die Politik der Kanzlerin. Manchmal scheint es ganz gut, die Politik
der Kanzlerin zu gefährden - denn wäre es nach ihr
gegangen, würde das Eiserne Kreuz heute schon im Irak seine
Bahnen durch Wüste und Himmel ziehen. Ihre Kniefall vor der
Politik des George W. Bush hätte Deutschlands Bundeswehr knapp
60 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieg erneut eine Beteiligung an einem
verbrecherischen Krieg eingebracht. Wie immer wenn die Luft
bleihaltig wird, geht unsere Kanzlerin unter Hinterlassung
nichtssagender Allgemeinplätze auf Tauchstation - um dann, wenn
sich aus dem Interessengerangel im Hintergrund die Kontur einer
vorherrschenden Richtung herauskristallisiert, wieder aufzutauchen
und genau diese dann als entschlossene Führung zu verkünden.
Nun
- zu unserem Vorzeige-Ex-General Klaus Naumann. Kohls
Lieblingsgeneral hat sich als wackerer Kämpfer für
Rückentwicklung in der Bundeswehr bereits höchst verdient
gemacht. Er leitete ihren Umbau zu einer Interventionsarmee ein - die
seiner Ansicht nach auch auf Präventivschläge einzustimmen
sei, was nebenbei dem Grundgesetz in jeder Hinsicht widerspricht.
Dies passt nahtlos zur Tonart seiner Politikerschelte
und verrät einiges über seine geistige Heimat. Allein das
Bild im Artikel scheint nicht so recht zum alten FAZ-Slogan passen zu
wollen, dass hinter dieser Zeitung "..immer ein kluger Kopf
stecke".
Die
Intonation seiner Schelte gegen die Politiker ließ ja nun die
Erwartung aufkommen, es folgen nun wichtige und womöglich sogar
realtitätsbezogene Argumente. Doch weit gefehlt - das "Nur
10 Stück"-Argument jedenfalls kennen wir schon von
Atlantikbrückenpfeiler von Klaeden und Kollegen. Dafür aber
- Karneval ist leider vorbei sonst wäre jetzt ein dreifach
donnerndes "Helau!" fällig - Spotlight auf sein
Verständnis von der Beurteilung internationaler Interessen -
Zitat: "....Wenn Russland behaupte, dass durch einen
Raketenschild in Polen und Tschechien seine Sicherheitsinteressen
berührt würden, grenze dies an eine unverschämte
Manipulation der Öffentlichkeit..."
Bravo
- so muss Politik heute anscheinend aussehen. Was russische
Interessen zu sein haben, beurteilt natürlich nur ein rühriger
Bundeswehr-Pensionär korrekt, der die einzig richtigen und
wahren Interessen Deutschlands nicht zuletzt in Vorständen und
Aufsichtsräten diverser Rüstungsfirmen verfolgt. Mit
solchen Figuren an Spitze scheint Deutschland doch (endlich wieder?)
alles möglich...
So
können nur Menschen argumentieren, an denen Geschichte in großem
Maßstab spürlos vorrüber gegangen ist. Dieser Umstand
versperrt ihnen dann auch die Erkenntnis, dass die Interventions-,
Präventions- und Säbbelrasselpolitik der vergangenen Jahre
- geich wo angewendet - auf breiter Linie grandios gescheitert ist.
So einfach abhaken kann man dies nicht - denn diese grob
vernunftwidrige Politik kostete inzwischen unzähligen Zivilisten
überall auf der Welt das Leben. Krieg war noch nie - und wird
auch nicht zu einem Mittel der Politik, denn Krieg ist deren
Bankrott-Erklärung, weswegen man Politikern zu Recht hohe Hürden
für den Weg in diese Ausflucht errichtet hat.
Nun
zu Josef Joffe - den man ohne Einschränkung als
Amerika-Deutschen charakterisieren kann - und der unter vielem vielem
anderem im Kuratorium der deutschen Niederlassung des stramm
neokonservativen Aspen-Institute Berlin hockt. Dieser zaubert
in seinem langatmigen Zeit-Artikel
neben dem sattsam bekannten Propaganda-Geschwätz der USA eine
Neuigkeit hervor: die "bösen" Russen würden
planan, für 200 Mrd $ die Rüstungsspirale anheizen. Nun -
wie wir in unserem Artikel
darlegten - kann man ihnen angesichts der amerikanischen Pläne
ein Motiv für diesen Schritt nicht unbedingt absprechen. Zudem:
die 200 Mrd. $ wären - selbst wenn es so wäre - gerade mal
ein Drittel dessen, was die USA derzeit Jahr für Jahr in ihre
Kriegsmaschinerie pumpen.
Es
ist wohl unausweichlich, der Frage mal nachzugehen, wie es sein kann,
dass fast ausschließlich nur noch derat stramme Vertreter des
ewig Gestrigen in unseren Medien zu Wort kommen. Irgendwie scheint da
- wie hierzulande schon einmal - das eine oder andere im
Medienbereich mächtig schief zu laufen und nicht nur dort.
Längst machte man Deutschland zur Speerspitze der Zerstörung
der modernen Gesellschaft in Europa. Europameister in Sachen
Lohndrückerei, Sozialabbau und Ausverkauf unseres Landes gegen
wertlose Dollar sind wir bereits schon und wenn es etwas gibt, wobei
es einem eiskalt über den Rücken herunterläuft, dann
bei den sich immer deutlicher herauskristallisierenden Parallelen zu
den Zeiten vor der "Machtergreifung".
Geschichte
pflegt sich vor allem dann zu wiederholen, wenn Menschen das Lernen
aus ihr verweigern. Noch besteht Hoffnung, dass diese Entwicklung von
der schweigenden (und zu erheblichen Teilen nicht wählenden)
Mehrheit der Gesellschaft gerade hierzulande so nicht gewollt ist.
Die historische Aufgabe Deutschlands kann doch nicht sein,
zweifelhaften Strömungen wie jenen um George W. Bush blindlings
hinterher zu rennen, sondern die eigenen zutiefst traumatischen
Erfahrungen unbeirrt immer wieder zum Wohle von Frieden und Vernunft
in die internationale Waagschale zu werfen...
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