Geld regiert die Welt
Geschrieben von Jürgen Scheffler   
Mittwoch, 27. September 2006

Die meisten Menschen in der westlichen Welt wähnen sich heute in hochmodernen Staaten und Gesellschaften und halten die hiesige Lebensart und nicht selten auch sich selbst für die Speerspitze menschlicher Entwicklung und Fortschrittlichkeit. Und in der Tat, das Ausmaß in welchem unser Lebensstil sich derzeit den Globus unterwirft, scheint beeindruckend. Unser Alltagsleben wird von Vernunft bestimmt, ist befreit von religiösen Zwängen. Wir leben existenzieller Sorgen entledigt mit einem hohen Maß an individueller Freiheit und sind gebildeter, wissender als jede bisher je gesichtete Gesellschaft. Wir führen ein weitgehend selbst bestimmtes Leben in demokratischen verfassten Staaten. Bis hin zur intimsten Körperlichkeit leben die Menschen unserer Gesellschaft von archaischen Tabus emanzipiert. Hierzulande sind Geschlechter und Randgruppen gleichberechtigt - kurzum - keine Kultur ist so frei, so offen, entwicklungsfreudig und tolerant wie die unsere und natürlich gibt es keine Kultur auf Erden, die besser wissen könnte, wohin der Zukunftsweg zu führen hat, als die unsere. So oder so ähnlich muss sie wohl lauten, jene Illusion, die uns scheinbar schon mit der Muttermilch verabreicht wird und der viele ihr Leben lang treu bleiben.


Dass wir auf vielen Ebenen tagtäglich tausendfach auf Gegenbeweise für das zuvor beschriebene Hochglanz-Abbild unserer Gesellschaft gestoßen werden, lässt die kollektive Illusion selbst merkwürdig unberührt. Stoisch werden solche Gegenbeweise zumeist in das Land des Vergessens, Verdrängens oder gar des Verdeutens verbannt. Fragen stellen und in Frage zu stellen ist unbeliebt - fast scheint es, als beharre hier eine ganze Gesellschaft auf der auch realen Existenz ihrer Illusion, ohne jedoch auch nur einen Finger dafür zu krümmen oder einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, ja - sogar ohne auch nur mal genauer hinzusehen. Genaues Hinsehen nämlich ruft sofort tiefe Verwirrung hervor - zu viele Aspekte, Einzel- und Sonderinteressen fließen ein oder sind scheinbar zu berücksichtigen, als dass hinter dem Ganzen noch grundlegende Konturen unserer angeblich so fortschrittlichen Gesellschaft auszumachen wären. Angesichts dessen neigt der Einzelne, das Individuum in unserer Gesellschaft, schnell zur Resignation - hält sich für zu dumm oder zu inkompetent, um sich in diesem Wirr-Warr zu recht zu finden. Deshalb haben wir uns bei CogitoSum vorgenommen, insbesondere Gesellschaftsfragen peinlichst genau auf den Grund zu gehen und uns diesen Fragen von einem offenen, d.h. weder weltanschaulich festgelegten noch anderweitig vorgedachten sowie von einem nach unseren Kräften wahrheitsgemäßen Plafond aus zu nähern.

Gesellschaft heute

Wer es nicht glaubt, der möge das Kurzexperiment wagen und mit ein Paar Zeitgenossen seiner Wahl ein Gespräch über konkrete Grundzusammenhänge unserer Gesellschaft suchen. Sofern er sich nicht vom Thema abbringen lässt, wird er alsbald auf Wüste und Leere bei seinen Gegenübern stoßen - und das praktisch unabhängig von deren Bildungsstand oder sozialen Status. Offenbar sind umfassende Vorstellungen über mögliche Grundzüge einer vernunft- und zukunftsorientierten Gesellschaft höchst rar geworden, wozu sich noch die Frage gesellt, ob solche je besonders verbreitet waren.

Dieser nachdenklich machende Befund mag für manche erschreckend sein, gleichwohl haben wir hier quasi mit dem ersten Spatenstich unseres Gesellschaftsprojekts bereits die Ursache für die merkwürdige Feststellung aus der Einleitung frei gelegt. Das mit der Realität nur schemenhaft verwandte Hochglanzabbild von unserer heutigen Gesellschaft hält sich - trotz aller Risse und Widersprüche - so hartnäckig, weil es in den Köpfen der Menschen umfassende Vorstellungen dazu schlicht nicht gibt.

Völlig entgegen gesetzt aber fällt der Befund aus, wenn man sich auf die Diskussion von Einzel- und Teilaspekten einlässt. Hier haben nahezu alle, überwiegend organisiert in Prioritäten persönlicher Betroffenheit, doch sehr konkrete Ansichten und Ideen darüber, wie man diesen oder jenen Teilaspekt viel besser lösen könnte und eigentlich auch müsste. Besonderes Engagement des Gesprächspartners wird sich da stets vor allem in solchen Belangen bemerkbar machen, die ihn selbst direkt betreffen.

Feine Gesellschaft - fühlt man sich fast genötigt, festzustellen: "Jeder denkt an sich, nur ich denke an mich..." und dürfte damit der gegenwärtigen Massenhaltung zum Thema Gesellschaft wohl recht dicht auf den Fersen sein. Dabei müsste Jedem eigentlich schon instinktiv klar sein, dass sich mit dieser Haltung keine ordentliche Gesellschaft und wohl auch kein solcher Staat machen lässt.

Bevor nun ans Eingemachte gegangen wird, muss zuvor noch eine Ebene zeitgenössischer Diskussion hervorgehoben werden - jene nämlich, die wir den Vordenkern neoliberalen Ungeists verdanken. Exemplarisch für diese mag Magaret Thatcher stehen, die mit ihrem griffigen Spruch "There is no such thing as society... " (dt: So etwas wie eine Gesellschaft gibt es nicht...) die Zielrichtung Neoliberalen Denkens so ziemlich auf den Punkt brachte.

Bis heute leben Haltung und Ziel dieser Denkrichtung vor allem in den Köpfen Privilegierter, Reicher und Mächtiger fort und wurden zusammen mit einer Deformation des Freiheitsbegriffes zu einem konturlosen Brei vermengt, der vor allem eines nicht leisten kann und wohl auch nicht soll - einen vernunftorientierten und soliden Gegenpol zu den Angriffen jener zu bilden, die - heute bereits in Besitz von Reichtum und Macht - diese auf Kosten aller noch weiter mehren wollen.

Dass die These von der Nicht-Existenz der Gesellschaft staatsphilosophisch völlig unhaltbar ist, stört die Protagonisten nicht im geringsten. Doch - an welcher Interessenlage bitteschön soll ein Staat sich denn orientieren? Woran sollen er und die Menschen erkennen, was richtig und was falsch ist, wenn die Betrachtungsebene Gesellschaft als solche ausgeblendet wird? Auch entziehen sich Fragen nach der Legitimität staatlichen Handels und des Rechts den Boden, negiert man die Gesellschaft als übergreifendes Konstrukt. Woher will man denn Kriterien für die so wichtige Gerechtigkeit gewinnen? Und letztlich die wichtigste Frage überhaupt: messen sich Erfolg und letztlich auch Recht eines Staates denn nicht am Zustand seiner Gesellschaft und vor allem an ihrer langfristigen Überlebensfähigkeit?

 


Symptomatik

Schon eine kurze Analyse heutiger Verhältnisse unter den zuvor genannten Aspekten könnte einen in hoffnungslose Depression verfallen lassen. Von übergreifender Zukunftsorientierung oder auch nur konsequentem Willen zur Zukunftsgestaltung kaum eine Spur - vielmehr aber scheint dafür der Rückfall in fast schon mittelalterlich geprägte Denkschemata des Feudalismus programmiert, obwohl uns jahrtausendelange Erfahrung eines lehrte: Nichts lähmt den Fortschritt einer Gesellschaft so sehr, wie gesellschaftsweite Konflikte und Auseinandersetzungen. Dem Unsinn des Krieges nach außen gleicht der Unsinn des Krieges nach innen bis aufs Haar. Doch die alten feudalen Denkschemata scheinen noch allzu gut verhaftet im kollektiven Gedächtnis.

Mutwillig und unbelehrbar zerstört derweil vor allem die westliche Welt fortwährend die Lebensgrundlagen Aller auf diesem Planeten und verbraucht einen Großteil dessen eigentlich Allen zustehenden Rohstoff-Ressourcen. In gleicher Weise überzieht sie die Welt mit militärischen Auseinandersetzungen zur gewaltsamen Durchsetzung und Absicherung ihrer fragwürdigen Ziele. Die ihrem eigenen Trugbild von sich selbst erlegenen Gesellschaften stehen so nach nur wenigen Jahren "Neuer Politik" in ihrem eigenen Inneren am Rande sozialer Konflikte von Ausmaßen, wie es sie seit den Revolutionen vergangener Jahrhunderte nicht mehr gegeben hat.

Diese Symptomatik wird in der viel gescholtenen islamischen Welt aus zwei Gründen sehr viel deutlicher gesehen, als es dem übersättigten Europäer oder US-Amerikaner möglich ist. Erstens verfügen diese Gesellschaften im Gegensatz zu den unseren durch ihre noch vorhandene religiöse Orientierung über ein vielleicht fragwürdiges, aber wenigstens noch  vorhandenes Wertesystem jenseits des Preisschildes und zweitens nehmen die meisten Muslims an den weniger reichlich gedeckten Tischen dieser Welt Platz, dort also, wo sich die Brüche unseres für so überlegen gehaltenen "Systems" sehr viel deutlicher offenbaren als hierzulande.

So gesehen ist es kein Wunder oder unglückliche Fügung mehr, dass nach Ende der bipolaren Welt - Kapitalismus gegen Kommunismus - die Demarkationslinien vermehrt entlang der Grenzen zwischen unsinnigem Reichtum und bitterer Armut verlaufen. Die Rolle von Marxismus und Kommunismus werden in diesem Zusammenhang noch genauer zu analysieren sein. Für den Moment sollen zwei Feststellungen dazu genügen: 1. Diese Ideologien haben ihre Unbrauchbarkeit bereits hinreichend unter Beweis gestellt und 2. sind sie in Wahrheit gar keine umfassenden Gesellschaftstheorien, sondern eher unvollständige Artefakte einer solchen.

Was zu den wenigen positiven Elementen in der Symptomatik zählen mag, sind einzelne Teilaspekte in unseren westlichen Gesellschaften, die es zu einer Art Allgemeingut gebracht haben. Hier sind vor allem eine weit verbreitete Verachtung gegenüber dem äußeren Krieg und eine nicht minder weit verbreitete Sorge um unsere Umwelt zu nennen. Hier konnten sich zwei Einzel-Ideen, welche eng mit der Zukunftsfähigkeit der Menschheit verknüpft sind, in unseren Gesellschaften zumindest etwas Bahn brechen. Wohl nicht zuletzt auch wegen der kollektiv-traumatischen Erfahrung, die der zweite Weltkrieg für uns Europäer darstellt.

Sind die alles andere als beruhigenden Symptome schon vielgestaltig, so sind es die Einflussfaktoren und die Einfluss Nehmenden noch viel mehr. Wir haben heute nicht mehr die Gesellschaften der vorindustriellen Zeit, gleich wohl aber basieren Denkansätze in der Staatsphilosophie noch heute massiv auf gedanklichen Errungenschaften der Aufklärung. Seit dem ist nahezu Stillstand zu verzeichnen - dieses Beinahe-Vakuum ist ein gefundenes Fressen für jene, die diesen Zustand aus ganz nahe liegenden Interessen unbedingt beibehalten und wenn möglich sogar noch ausbauen wollen. Unsere Gesellschaften sind im Umbruch - weg von der industriellen Produktionsgesellschaft hin zu... ja - wohin bloß? Informationsgesellschaft wäre vielleicht eine akzeptable Beschreibung.

Gesellschaftsbegriff

Da man Gesellschaft nicht anfassen kann - ja sogar ihre Existenz in Frage gestellt wird, soll hier zunächst einmal versucht werden, einen zeitgemäßen Gesellschaftsbegriff zu umreißen. Wir halten uns da eng an die Gegebenheiten der heute existierenden Welt. Diese ist unterteilt in Staaten, die Träger des kollektiven Handelns sind. Der Handlungsraum eines Staates wird beschrieben durch das positive Recht - positiv bedeutet dabei: aufgestelltes, gesetztes Recht - also das von Menschen gemachte Recht, was uns in Form von allerlei Gesetzen begegnet, die zu beachten den Angehörigen eines Staates bei Strafandrohung auferlegt ist.

Bereits dies, nämlich das Recht zur Bestrafung von Individuen, stellt einen Aspekt dar, der sich ohne Hinzunahme des Gesellschaftsbegriffes nicht mehr schlüssig herleiten lässt. Wer ist denn der Staat, dass er sich dieses Recht nimmt? Wer ist denn der Staat überhaupt? Überrascht stellt man fest: Der Staat ist nicht weniger ein ideelles Konstrukt wie die Gesellschaft - denn er ist nichts weiter als eine Gruppe von Menschen, die bestimmte Aufgaben erfüllen, welche für das Zusammenleben aller notwendig erscheinen. Vor allem ist der Staat heute Inhaber des Gewaltmonopols - er und nur er verfügt über ein Recht, einzelne Individuen zu sanktionieren und ihm stehen Befugnisse zu, die sonstigen Bürgern versagt sind. Zugleich ist der Staat auch faktisch Verwalter des positiven Rechts.

Dieses Recht erlegt allen, vor allem auch dem Staat selbst auf, Handlungen nur innerhalb der gültigen Gesetze vorzunehmen. Die Gesetze stellen ein hierarchisches und in sich konsistentes System von Rechtsvorschriften dar, in denen alle möglichen Belange des Zusammenlebens der Staatsbürger und insbesondere Gewalt- und Autoritätsausübung des Staates geregelt sind. An der Spitze des Rechts steht üblicherweise die Verfassung als das höchste Rechtsgut eines Staates. Insgesamt nimmt damit das positive Recht eine besondere Rolle in einem Staat ein - einerseits schränkt es den Handlungsspielraum von Individuen ein und andererseits verschafft es ihm positive Rechte im Konflikt mit Mitmenschen und vor allem im Konflikt mit dem Staatsapparat.

Bereits das Staatskonstrukt selbst ist ohne Gesellschaft nicht zu verstehen. Wieso sollte ein Staat quasi sich selbst die Arbeit schwer machen - in dem er z.B. Angeklagtenrechte beachtet - wenn er es als Rechtshüter in der Hand hat, sich da die Arbeit einfacher zu machen? Wer nichts böses getan hat, hätte doch von einer derartigen Vereinfachung nichts zu befürchten. Die Erfahrungen insbesondere mit der Fehlbarkeit einzelner Menschen sind da anders - im Mittelalter brannten Frauen bisweilen, nur weil sie unsittliche Anträge Mächtiger verschmähten. Dummheit, Habsucht, Neid, Rache und andere niedere Motive setzten ungezählte völlig unschuldige Menschen Qualen aus oder brachte ihnen den Tod - unter dem Applaus damaliger Gesellschaften.

Es ist stets etwas Besonderes an der Macht, die ein Kollektiv einzelnen Menschen überträgt. Dieses Kollektiv, die Gesellschaft, ist Geber dieser Macht. Sie erhebt die Macht zum Allgemeingut und bindet damit ihren Einsatz an gesellschaftsdienliche Zwecke. Zugleich schafft die Gesellschaft die Anerkennung der Macht durch ihre Mitglieder. Die wesentlichen Charakteristika dieses Prozesses sind für gewöhnlich in einer Verfassung niedergelegt. Diese bildet die Grundlage für den Staat - der ansonsten nichts weiter ist, als Verwalter und Ausführer gesellschaftlichen Willens.

Heutige Demokratien wären bei weitem nicht so stabil, würden die Völker sich nur irgendeine Staatsführung wählen, die fortan mit ihrer Macht und Rechtsobhut anstellen kann, was ihr so in den Kopf gerät. Das erste was eine so gewählte Führung mit dieser Machtfülle vermutlich anstellen würde, wäre, das Abschaffen der ihren Fortbestand bedrohenden Wahlen zu betreiben. Hier kommt ein mit der Demokratie untrennbar verbundener Aspekt hinzu - nämlich der der Gewaltenteilung. Auf gleich drei voneinander unabhängige Säulen, die sich gegenseitig beschränken und kontrollieren sollen, wird die Machtfülle des Staates aufgeteilt: Exekutive = Gewalt- und Autoritätsausübung, Gesetzgebung und Rechtssprechung.

Schließlich geht es um Zusammenhänge von Herrschaft und ihrer Akzeptanz bei den Beherrschten. Letztere hält man heute - anders als früher - für notwendig, weil das Individuum selbst frei entscheiden kann, was es nun tut oder unterlässt. Der Gemeinschaft insgesamt fließt dann der größte Nutzen zu, wenn das Individuum Herrschaft nicht nur duldet, sondern überzeugt hinter seiner Gemeinschaft steht und ebenso für sie eintritt. Der Sinn der Staatsbeschränkung in gewaltenteilenden Verfassungen ist geradezu, Raum für eine solche Gemeinschaft zu schaffen - Gemeinschaft zwischen verschiedenen politischen Überzeugungen, zwischen verschiedenen Gruppen, zwischen historisch verschieden gewachsenen Regionen kurzum: die Gesellschaft.

Niemand wird sich auf Dauer als Mitglied einer solchen Gemeinschaft empfinden und auch entsprechend handeln, wenn er sich gegenüber anderen in der Gemeinschaft systematisch benachteiligt sieht. Hierin lag die große Idee der Gesellschaften in den Wiederaufbaujahren - und in der Tat vollbrachten diese Gesellschaften enorme Leistungen, eben weil sie das Potential aller ihrer Mitglieder weit besser ausschöpften als alle vorangegangenen Gesellschaftsformen.

Historische Entwicklung

Mit den großen Ideen der Aufklärung entstand eine völlig neue Sicht auf die Lebenswirklichkeit des Menschen in seiner Gesellschaft. Hatte man bis da lediglich den Adel, die Kirche und sonstige Mächtige, z.B. reiche Kaufleute überhaupt als Gesellschaft begriffen - wobei man zugleich verächtlich auf das arme und ungebildete Fußvolk herab sah, welches es nach Kräften bestmöglich auszubeuten galt. Zu Zeiten der Revolutionen aber wurde man mit dem Umstand konfrontiert, dass ein kollektiver Aufstand genau dieser Massen für keine der damaligen Staatsmächte mit ihren gedungenen Söldnertruppen beherrschbar war.

Doch brachten diese Revolutionen alles andere als paradiesische Verhältnisse hervor - vielmehr reagierte sich nun Unrecht, Willkür und Unvernunft lediglich mit umgekehrten Vorzeichen ab. Das große Defizit der Massenaufstände war, über kein umfassende Vorstellung eines Ziels zu verfügen, zu dem man sich - oder genauer die Gesellschaft - hin entwickeln hätte können. Die einigende Kraft des Kampfes gegen die alten Mächte war mit deren Beseitigung aufgebraucht. Nach nur wenigen Jahren saß eine Mischung aus Repräsentanten der alten Mächte sowie einer bürgerlichen Elite wieder relativ fest im Sattel und wieder drifteten die Gesellschaften den alten Verhältnissen zu.

Zumindest aber wurde in diesen Zeiten viel über Staat und Gesellschaft nachgedacht - und fast die gesamten Grundlagen moderner Staatsphilosophie geschaffen. Hervorzuheben ist dabei sicher die intellektuell brillante Arbeit von Karl Marx, der die Staats- und damit Herrschaftsfrage auf den bis dahin weitgehend unbeachteten Aspekt Kapital ausdehnte und damit die Gesetzmäßigkeiten der Gesellschaftsbildung von einer seinerzeit eher ideelen Ebene auf eine realere führte. Seine Kommunistische Gesellschaft war in nahezu allem der völlige Gegenentwurf zu den damaligen Feudalgesellschaften und seine Ideen sollten später lange Zeit die bipolare Welt begründen.

Doch die Schaffung der neuen Gesellschaften in Marx'schem Sinne misslang - was stets entstand waren lediglich neu definierte Oligarchiesysteme, die sich nicht aus den vorangegangenen Eliten sondern aus einem bunt zusammengewürfelten Querschnitt der zuvor Ohnmächtigen rekrutierten. Doch waren diese Gesellschaften nach den Wirren ihrer Formierung recht erfolgreich und es entstand eine auf der Weltbühne relevante Macht, die ihre Existenz mit den Marx'schen Ideen rechtfertigte. Diese erwiesen sich als verhältnismäßig stabil und steckten fortan für Jahrzehnte wie ein Stachel im Fleisch der anderen eher kapital-feudalistisch orientierten Mächte.

Erstmals sahen sich deren Eliten genötigt, eine ideelle Rechtfertigung des eigenen Systems zu schaffen, wollte man nicht das Überlaufen weiterer Völker auf die gegnerische Seite riskieren. Die Finger bewusst auf die Schwächen des Gegensystems legend entstanden nebulöse Konstrukte von Demokratie und Freiheit. Man schuf den Bevölkerungen sozusagen ein Stück Ideal, um dieses zur Abgrenzung gegenüber dem feindlichen System zu benutzen. Hierzu gehörten vor allem Beschränkungen in der Ausübung von Kapitalmacht im Inneren der Gesellschaften sowie ein relativ maßvoller Umgang mit der Staatsmacht.

Eine echte Weiterentwicklung staatsphilosophischer Grundlagen indes kam kaum voran. Gleichwohl zeigte sich schnell, dass diese am ehesten als Gegengesellschaft zum Kommunismus zu verstehenden Gesellschaftsformen stabil und noch etwas leistungsfähiger waren, als die mehr und mehr in die Jahre kommenden Oligarchiesysteme der Gegenseite, die ja in Wahrheit keine wirklich kommunistischen Gesellschaften darstellten. Das Gegenmodell wurde nieder gerungen - und das weitgehend ohne Krieg.

Als der Ostblock Ende der 80er Jahre aufbrach und seinem Zusammenbruch zu driftete, blickte man gleichwohl auf einen intellektuellen Krieg der Gesellschaftsmodelle zurück. Die auf einer zwar geschlossenen aber defizitären Theorie beruhende Seite hat diesen an die oberflächlich offene aber im Kern kapitalistisch geprägte verloren.

Anlass zur ungetrübter Freude war dies jedoch schon damals nicht - zumindest für weiter blickende Menschen. Zwar wurde damit das Damokles-Schwert einer globalen nuklearen Konfrontation von uns genommen doch stellte sich die Frage nach der Zukunft dieser "Kompromiss"-Gesellschaft ohne rechte geistige Grundlage, wenn es den Faktor, der diesen Kompromiss erzwang, nicht mehr geben würde.

Heute, zweieinhalb Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, kann man nur feststellen, dass diese Befürchtungen sich bestätigen sollten. Den als Kompromiss entstandenen Gesellschaften fällt in etwa das gleiche auf die Füße, wie seinerzeit den Revolutionären der französischen Revolution. Es gibt keinen vollständigen Entwurf einer modernen, gerechten Gesellschaft der Allgemeingut in den Köpfen der Menschen geworden wäre. Staat dessen bestimmt eine volatile Mischung aus althergebrachten Identifikationen und jenen nebulösen Konstrukten aus der bipolaren Zeit die Sichtweise der Menschen auf ihre Gesellschaften. Man kann sagen, diese Gesellschaften waren faktisch wesentlich weiter entwickelt, als es dem geistigen Erkenntnisstand der sie tragenden Bevölkerungen entsprach.

Seitdem ist die - eigentlich nunmehr um so dringendere - gesellschaftliche Weiterentwicklung nicht nur zum Erliegen gekommen, sondern fast völlig aus dem Betrachtungshorizont der Menschen verschwunden. Zudem schuf der Wandel der Gesellschaften hin zu Informationsgesellschaften zusätzliche Orientierungslosigkeit. Das primitivste heutiger Systeme, nämlich das des Kapitals hat als Einziges mit all dem keine Probleme - es stößt in das sich auf tuende Vakuum vor und schafft längst Fakten, während die Vernunft noch in den Anfängen der Analyse steckt und nur schwer voran kommt.

Überspitzt könnte man formulieren - noch bevor die Gesellschaften begreifen wie ihnen geschieht - sammelt die uralte Elite das Stück Ideal rasch wieder ein, dass sie zur Bekämpfung des Kommunismus notgedrungen auf den Markt werfen musste. Statt dessen kommt der vehemente Rückfall in Feudalzeiten wieder auf den Tisch. Dabei macht man vortrefflich Gebrauch von den neuen Möglichkeiten der sich erst formierenden Informationsgesellschaft - Des- und Fehlinformation treten an die Stelle der früher gedungenen Söldner, um die eigene Herrschaft in der - oder genauer über die - Gesellschaft durchzusetzen. Eine der alten gesellschaftlichen Gruppe nach der anderen sieht ihre spezifischen Errungenschaften durch die Ausbreitung dieser vermeintlich neuen (und in Wahrheit alten) Strukturen in Gefahr und versucht nun, diese mehr oder weniger auf eigene Faust innerhalb der Gesellschaft zu behaupten.

Heutige Konfrontation

Die offene Frage bleibt, ob sich diese Entwicklung sich nun rein zufällig ergibt, oder ob sie Resultat eines langfristigen planvollen Vorgehens einer kleinen Elite ist. Solche Thesen wie die der Margaret Thatcher und manch andere im Arsenal neoliberaler Strategie legen letzteres nahe, womit sich auch die Hochkonjunktur diverser Verschwörungstheorien erklärt, zu denen sich eine wachsende Zahl Menschen mehr aus emotionaler Empfindung heraus denn aus rationaler Analyse hingezogen fühlen.

Diese Frage wird dereinst von Historikern zu beantworten sein - für den Moment ist sie nachrangig, denn die Warnzeichen könnten deutlicher nicht sein. Die wesentliche Konsequenz aus den Prozessen ist nämlich ein Zerfall der Gesellschaft dadurch, dass nun jede Gruppe auf eigene Faust versucht, ihre Partialinteressen auszubauen oder wenigstens zu erhalten - ohne jede Rücksicht auf demokratische oder gesellschaftlich sinnvolle Spielregeln. Dabei unterliegen fast alle dieser Gruppen einer Illusion - denn schon heute steht fest: ihr Ziel der eigenen Behauptung werden sie nicht erreichen. Ihre Aktivitäten bestimmen allein, wann sie mit der Entprivilegisierung an der Reihe sind - gewinnen kann bei diesem Spiel nur eine minimale Schicht von Super-Reichen und Super-Mächtigen. So sind nun mal die Gesetze des derzeit als einzig noch wirksamen Primitiv-Systems Kapitalismus. Bis zu diesem Zeitpunkt betätigen all diese Gruppen sich faktisch als Steigbügelhalter für diese neue Aristokratie. Indem sie die Gesellschaft als Ganzes ignorieren, zerstören sie die einzige Gegenkraft, die dem Kapital gewachsen wäre. Hiermit erklärt sich auch die offenbar innige Feindschaft des Kapitals gegenüber dem Gesellschaftsbegriff. 

Dabei leben nicht wir vom Kapital, sondern das Kapital lebt von uns - das ist heute in variierter Erscheinung nicht anders als es schon zu Zeiten des Sonnenkönigs war. Die moderne Gesellschaft allein - die Gemeinschaft ALLER Individuen mit ihren berechtigten Lebensinteressen - ist in der Lage und nach den meisten Verfassungen auch berechtigt, die verhängnisvolle Entwicklung aufzuhalten. Auch wenn es sich fortwährend und das leider sehr einseitig vermehrt - Kapital lebt nicht, Kapital produziert nichts, Kapital leistet nichts. Es sind immer Menschen dies das für das Kapital tun. Somit sind Frondienste dem Kapital gegenüber weder Gott gegeben noch notwendig. Immer ist es schon aus sich heraus genügend stark, und dementsprechend in seinem Einfluss, wie alle anderen Machtformen auch, zu begrenzen. Nicht das dumme Kapital hat uns zu sagen, wie wir unsere menschenwürdige Gesellschaft gestalten müssen, sondern wir als Gesellschaft müssen das dumme Kapital in das Geschirr gesellschaftlich sinnvoller Zwecken einspannen und dort nutzen.


Somit sind Entwürfe einer zukunftsweisenden und vernunftbezogenen Gesellschaft dringend notwendig, wenn wir uns nicht bald unvermittelt im Mittelalter wieder finden wollen. Die Gegenstrategie zur neoliberalen Verrohung des Kapitalismus ist so schwer nicht zu identifizieren: Nehmt dem Kapitalismus einfach die Menschen weg! Genau dies trifft ihn an seiner Archilles-Ferse. Wieso eigentlich sollte heute ein vernunftbegabter Mensch sich noch ausbeuten lassen? Wieso eigentlich sollte er sein wertloses Geld z.B. zur Bank tragen, in der Aussicht noch mehr wertloses Geld dafür zu bekommen? Irgendwann - und nicht wenige fürchten bald - wird es auch offiziell seinen wahren Wert annehmen: Nichts.

In unserer Verfassung steht noch geschrieben, von wem hier die Herrschaft aus geht. Ja - und die Verfassung hat da völlig Recht! Jeder bestimmt mit, wohin die Reise geht - noch jedenfalls. Wer sich durch allfällige Belohnungsversprechen zum Handlanger gesellschaftszerstörender Kräfte macht, wird nicht nur um seine Belohnung betrogen werden, sondern vor allem wie die überwältigende Mehrheit aller anderen auch unter seinem eigenen Werk leiden, wenn es denn einestages keine moderne Gesellschaft mehr geben sollte.

Die großen Lügen

Hartnäckig aber halten sich einige Unwahrheiten in den Köpfen der Menschen. Diese sind bei nur etwas genauerem Hinsehen leicht zu erkennen - die prominentesten unter ihnen sollen hier exemplarisch beschrieben werden. Zu Lügen werden sie, weil Zeitung, Fernsehen und andere Institutionen unserer schönen neuen Medienwelt weder tags noch nachts ruhen, diese Unwahrheiten unablässig auf allen nur denkbaren Wegen in die Hirne der Menschen zu hämmern.

Die Globalisierung erfordere große Opfer von allen. Die verräterischste unter allen neoliberalen Lügen. Was hier globalisiert, ist allein das Kapital und das ohne jede mäßigende Gegenkraft - weder hier noch in China. Verdienen werden daran allein die Reichen und Mächtigen hüben wie drüben. Und diesen Verdienst möchten sie nicht mehr mit jenen Gesellschaften teilen, denen sie ihre Existenz verdanken. Es gibt keine Globalisierung - denn es gibt auch keine Weltstaaten oder Welt-Gesellschaften. Man bewegt sich dort in einem rechtsfreien Raum und versucht die Ausgebeuteten des einen Raums gegen die des anderen aus zuspielen. In jedem noch so hoch entwickelten Staat nimmt noch heute die Binnenwirtschaft die bestimmende Position für die Wirtschaft eines Landes ein - nicht zuletzt und besonders in den USA, deren Thinktanks nicht müde werden, ständig neue Märchen darüber zu erfinden, wie sie sich unverfroren von anderen in der Welt bezahlen lassen. Selbst bei uns als dem Export-Weltmeister liegt der Exportanteil am Bruttoinlandsprodukt unter 10%. Somit opfern hierzulande die Arbeitnehmer ihre mühsam erkämpfte zumindest tendenziell gerechte Teilhabe an der Kollektiv-Leistung unserer Gesellschaft direkt unseren Reichen und Mächtigen - und nicht etwa den Entwicklungsmöglichkeiten ärmerer Länder (was im Hinblick auf die Bildung einer Weltgesellschaft ja vielleicht noch irgendwo akzeptabel sein könnte). Das Schicksal der Entwicklungsländer in den letzten zwei Jahrzehnten beweist dies überdeutlich. Hier opfert in Wahrheit überall und immer nur einer - und zwar der abhängig arbeitende Mensch. Das Kapital opfert hüben wie drüben nichts, sondern streicht in noch nie da gewesenem Ausmaß all das Geopferte ein, nur um damit neuen Unsinn anzustellen (wie z.B. das Aufkaufen ganzer Staats-Segmente). Insgesamt dürfte die Globalisierung schon jetzt die für Kapital und Macht wohl einträglichste Lüge aller Zeiten sein.

Ein Mensch sei besser als der andere. Natürlich sind nicht alle Menschen gleich - aber die ideelle Gleichheit der Menschen ist das einzige Konstrukt was eine Gesellschaftsbildung mit sinnvollem sozialen Verhalten überhaupt ermöglicht und folglich auch der einzige Weg, den dauerhaften Fortbestand der aggressiven Tierart Mensch zu ermöglichen, die sonst an ihrer Selbstzerfleischung und blinden Zerstörungswut gegenüber der eigenen Lebensgrundlagen zugrunde gehen würde. Die Zukunftsperspektiven der Gesellschaften und der Menschheit insgesamt bestimmen sich nicht aus den Leistungen Einzelner oder Gruppen - sondern an dem Ausmaß des vernunftbegründeten Umgangs mit der Realität und dessen Überlieferung von Generation zu Generation. Wer viel leistet, soll ja in seiner Lebensspanne durchaus dafür belohnt werden - ein Anspruch hingegen, diese Privilegierung für alle Zukunft fort zuschreiben ist weder legitimiert noch auch nur ansatzweise sinnvoll.

Eliten brächten eine Gesellschaft weiter. Offen wird seit der Ära Kohl in Deutschland die Wieder-Installation von Eliten betrieben. Dies unter Vorspiegelung der Lüge, hiervon sei Fortschritt für alle zu erwarten. Historische Tatsache ist indes, dass in jahrtausenden Geschichtsschreibung keine der vielen Elitegesellschaften verschiedenster Prägung je auch nur entfernt an das Leistungsvermögen einer modernen gerecht organisierten Gesellschaft heran gereicht hätte. Eliten dienen immer primär der Absicherung von Herrschaft und taugen sonst zu wenig. Hierzu mögen der UNO-Rüffel für das inzwischen schon undurchlässige deutsche Bildungssystem sowie der rapide Qualitätszerfall deutscher Produkte als Mahnmal gelten. Setzen wir diesen Weg fort, werden wir bald inklusive unserer Eliten von jeder offenen modernen Gesellschaft egal wo überflügelt werden.

Sozialen Friede sei zum Null-Tarif erhältlich. Sozialer Friede ist ein hohes - wenn nicht das höchste Gut einer Gesellschaft. Nur dieser nämlich erlaubt die bestmögliche Nutzung der kollektiven Intelligenz und Arbeitskraft. Gleichwohl gibt es ihn nicht im Sonderangebot. Wer ehedem friedliche Gesellschaftsmitglieder durch Einengung ihrer Lebensperspektiven zu Raubtieren transformiert, wird kurz über lang auch in einer Raubtier-Gesellschaft leben und wirtschaften müssen. Nicht das prunkvolle Überleben der Stärksten markiert hier den Fortschritt, sondern das vielfach höhere in den Konflikten verschleuderte Potential der gesamten Gesellschaft den Rückschritt derselben. Welche, wenn nicht unsere Gesellschaft sollte in der Lage sein, all ihren Individuen eine von existenziellen Sorgen befreite Lebensperspektive zu eröffnen, um dann ihre Schaffenskraft sinnvollen gesellschaftlichen Projekten zuzuführen? An Betrügereien und Handyklingeltönen kann nichts gesellschaftlich Sinnvolles sein - und auch daran nicht, dass sich Private-Equity-Fonds Unternehmen mit zehntausenden von Arbeitsplätzen zu schmeißen wie heiße Kartoffeln.

Lange noch könnte man mit dieser Aufzählung fortfahren - und das wird in den folgenden Beiträgen zum Thema Gesellschaft hier bei CogitoSum auch geschehen. Für diesen Eröffnungsbeitrag hier aber wollen wir uns noch kurz mehr der Frage zuwenden: Was tun? Und dies soll auch der Aspekt sein, unter dem wir uns den Problemen von allen Seiten hier immer wieder nähern wollen.

Gegenprogramm

Gerade für unsere Gesellschaft an der Schwelle zur Informationsgesellschaft ist es von existenzieller Wichtigkeit zu begreifen, dass Information der Stoff ist, aus dem Zukunft gemacht wird. Somit erhält die Wahrheit von Information einen ganz anderen Stellenwert, als sie je inne hatte - und mithin auch solche Einrichtungen in unserer Gesellschaft, die sich mit der Handhabung und Verbreitung von Information befassen. Ein Eigentum an Information kann es nicht geben - denn Information über die Realität gehört sowieso allen Menschen und das Kristallisationsprodukt von Information, Wissen, sammelt sich nicht aus der Leistung einzelner sondern aus der gesellschaftsweit sorgfältigen Handhabung von Information über viele Generationen hinweg.

Ferner ist es nicht weiter hinnehmbar, dass sich die Medien unter einem derart starken und dazu noch wachsenden Einfluss kleiner gesellschaftlicher Gruppen befinden. Dies raubt der Gesellschaft zugunsten zwielichtiger Interessen ihre Vernunft - etwas was wir derzeit nahezu täglich vielfach bewundern können. Diese Vernunft aber werden wir sowie unsere Kinder und Kindeskinder noch brauchen, um den Herausforderungen existenzieller Bedrohungen zu begegnen, die allein schon die Natur, unsere Einflussmöglichkeiten (Stichwort: ABC-Waffen) und unsere alles andere als umweltverträgliche Lebensweise generieren werden. Für mystische Spielchen gleich welcher Art - auch religiöser - besteht da immer weniger Spielraum.

Geld lebt nicht, Geld produziert nichts, Geld leistet nichts - es ist völlig bedeutungslos im Lichte der Zeiten. Es ist vor allem kein heiliger Götze, dem alle Gesellschaften der Erde Frondienste zu leisten haben. Wer denn unbedingt gerne den Spruch des alten Häuptlings verifizieren möchte: "Erst wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fluss vergiftet und der letzte Fisch gefangen ist, wird der weiße Mann begreifen, dass man Geld nicht essen kann." der sollte sich zuvor auch unbedingt über die Anfangsbedingungen dieses Spruches restlos im Klaren sein.

Geld ist nichts als ein Artefakt, ein Mittel zum Zweck für die Gesellschaften, ihren inneren Leistungs-und Güteraustausch zu bestmöglich zu organisieren. Kreativer Umgang mit dem Geld und auch dem Geldsystem also sind sowohl gesellschaftliches Recht wie auch Pflicht - besonders dann wenn der inzwischen über alle Vernunft gewucherte Geldmoloch weltweit Menschen und ihre Rechte direkt und existenziell bedroht. Welthandel kann auch nicht minder kreativ gestaltet werden - denn es gibt dort keine naturgesetzlichen Zusammenhänge, sondern nichts als reine Absprachen zwischen Regierungen, welche - zumindest bei uns - vom Volke gewählt werden.

Soweit für diesen Eröffnungsbeitrag - der gedacht ist als Anfangspunkt und nicht als Endpunkt einer Diskussion unter interessierten Menschen jeglicher Provenienz. CogitoSum möchte beitragsfähige Menschen gewinnen, sich an dieser Diskussion unter der Überschrift "Gesellschaft" zu beteiligen und in den kommenden Wochen werden weitere Mittel wie z.B. Foren oder Autorenmöglichkeit für Mitglieder bereit gestellt werden. Dann wird auch endlich der von Anfang an geplante Umzug auf eine richtige www.adresse anstehen.

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