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Geschrieben von Jürgen Scheffler   
Sonntag, 16. Mai 2010

Auf CogitoSum zwar unablässig kommuniziert (z.B. hier... ) - gemeinhin aber ungeglaubt. Die Szenarien der letzten Monate und Wochen entwickeln sich mehr und mehr zu einem surrealen Katastrophen-Thriller. Selbst die wichtige Landtagswahl in NRW - sonst mehrtägiger und angesichts des Wahlergebnisses gar mehrwöchiger Garant für Schlagzeilen und Talkrunden - wurde überschattet vom Brandthema schlechthin: die Euro-Krise. Insbesondere die deutsche Strategie "Wasch mich - aber mach mich nicht nass..." scheint auf EU-Ebene nicht mehr durchsetzbar. Höchste Zeit - will man meinen, denn: Es kann ja nicht angehen, dass ausgerechnet jene Volkswirtschaft, die am meisten von der EU profitiert, sich weiter der Illusion hingibt, beim Zusammenkehren der Scherben aus der Finanzkrise abseits stehen zu können. Übernacht - so könnte man formulieren - ist der Michel am Tag 1 nach der NRW-Wahl in der EU angekommen worden. Und seinem reichlich verzerrten Weltbild dürften noch erhebliche Strapazen bevorstehen. In einer Hauruck-Aktion übers Wahl-Wochenende (hier nachzulesen...) hoben die EU-Gewaltigen einen Rettungsschirm von gigantischen 750 Mrd Euro aus der Taufe. Ein Zeichen, dass in diesem Ausmaß sowohl Spekulanten wie viele Ökonomen überrascht haben dürfte. Und es bedeutet vor allem eines: Nein - auch für den Michel wird es außerhalb der EU oder gar gegen sie keine bessere wirtschaftliche Zukunft geben, ebensowenig wie für jede andere EU-Wirtschaft (wo wir GB mal nicht dazu zählen wollen...). Seit dem Wochenende ist die EU nun eine Schicksalsgemeinschaft und marschiert - bislang eher eine Union von Kapital- und Eliteinteressen als eine der Völker - zwar nur halbfertig, dafür aber umso beherzter in den weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrieg. Doch - wohl für Wochen noch wird hierzulande Verwirrung vorherrschen... Warum? Was kommt da auf uns zu, was auf die EU - und wie wird oder kann man dem entgegen treten?

Genauer betrachtet liegt die Bankrott-Erklärung deutscher Sprawahns(Deflations)-Politik nun offen auf dem Tisch. Nein - Neoliberalismus und Sparwahn schützen eben doch nicht vor Krisen  - haben sie auch noch nie getan. Soviel sollte inzwischen Jedem deutlich geworden sein. Gleich in Serie dürfte nun simple Wahlkampf-Rethorik und abstruses Ökonomen-Geschwurbel implodieren, in denen der Michel sich bislang so gerne sicher fühlte. Warum richtet sich die Spekulation gegen den Euro - warum gegen die EU? Die Ursache hierfür ist einfach: Eine EU widerstreitender Einzelinteressen bietet Spekulanten permanent Angriffsfläche im Scheunentor-Format - und im Gegensatz zu den USA oder GB ist im Euroland auch noch etwas zu ergattern - sprich: hier lässt sich mit  Raubzügen und Zerstörung von Realwirtschaft immer noch Rendite schaufeln. Der Erkenntnis dieser Gefahr wich man im Euroland längstmöglich und im Falle Deutschlands gar besonders sorgfältig aus.

Dabei weist die Retorten-Währung Euro einen äußerst schwerwiegenden Geburtsfehler auf: fernab jeglichen ökonomischen Sachverstands wurden wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Gemeinschaftswährung nicht geschaffen. Mit ihrer Einführung wäre zügig eine Angleichung der Steuer-, Abgaben-, Rechts- und Sozialsysteme vonnöten gewesen - dies ist bis heute nicht einmal ernsthaft begonnen. Wie absurd es dagegen besonders in Deutschland zugeht, zeigt der Umstand, dass selbst nach 20 Jahren die ökonomische Integration der Ex-DDR noch immer nicht vollständig gelungen ist. Offenbar glaubte die Politik-Elite EU-weit, sich um solche ohne Zweifel schwierigen Kraftakte "herummogeln" zu können. Vor allem in Deutschland setzte sich  leider die Wahnvorstellung durch, man könne sich "aus der Krise heraus sparen". Wie man nun überrascht feststellen muss - tat man genau das Gegenteil.

Noch selten hat ein deutscher Wirtschafts-Minister sich derart lächerlich gemacht, wie der völlig fehlbesetzte Rainer Brüderle (FDP)  im März: "Die deutsche Regierung hat auch nicht die Absicht, einen Cent zu geben...", "Jedes EU-Mitgliedsland ordnet seine Dinge selbst...", "Die Regierung in Athen müsse ihren Sparplan konsequent umsetzen..." polterte er noch ganz im Dienste neoliberalen Gedankengutes. Was - wenn nicht solches - könnte jene Wirtschafts-Kompetenz in Frage stellen, die man dem neoliberalen Wahlverein FDP so gerne unterstellt? Mehr noch - wie kann ein veritabler Wirtschafts-Minister der größten EU-Volkswirtschaft überhaupt einen derartigen Blödsinn absondern - angesichts der Lage, angesichts einer Gemeinschaftswährung? Angesichts der Tatsache, dass gerade Deutschland große Teile seiner Wirtschaftskraft via EU generiert?

Es erhärtet sich der - zumindest bei mir schon lange bestehende - Verdacht, dass der kollektive Sachverstand der FDP in Sachen Wirtschaft eher im Bereich ihrer "Schulden-Expertin" Silvana Koch-Merin angesiedelt sein könnte. Diese brachte bei "Hart aber Fair" das Kunststück fertig, die Zunahme der Staatsverschuldung Deutschlands innerhalb von 75 Sende-Minuten auf sage und schreibe 6000 Euro ( in Wahrheit sind es ca 20 Mio! ) zu "schätzen". Knapp daneben - kann man nur sagen... Als FDP-Spitzenkandidatin für die EU-Wahl und amtierende Vize-Präsidentin des EU-Parlaments wirft die gute Silvana hier doch eindringlichst die Frage nach der Qualität unser EU-Elite auf.

Der jetzige, von deutscher Seite gewiss nicht vorangetriebene, EU-Kraftakt indes macht klar - der tatsächliche Wasserstand muss inzwischen bei den Designer-Schuhen europäischer Politik-Eliten angelangt sein. Und siehe da - plötzlich mag man sich dem Druck zum Handeln nicht mehr entziehen. Der Rettungsschirm ist ein wenn auch später dafür umso überraschend entschlossener Schritt gegen das globale Spekulations-Casino. Warum? Hier geht es weniger um die Schwindel erregenden 500 Mrd Euro - durch den IWF um 50% auf 750 Mrd aufgestockt - als vielmehr um den anderen Teil des Beschlusses: Die Europäische Zentralbank (EZB) soll - falls erforderlich - in großem Stil Staatsanleihen von Mitgliedstaaten ankaufen, die künftig in Turbolenzen geraten.

Letztlich besagt dies nicht mehr und nicht weniger, als dass EU-Staaten in der Finanzierung ihrer Staatsausgaben bis auf Weiteres nicht mehr allein dem "freien Kapitalmarkt" ausgesetzt sein werden. Dass es gerade dieser Schritt ist, der neoliberale Gralshüter zur Weißglut treibt, wird hier * deutlich.

 * Nachtrag: der Link auf FTD-Online führte plötzlich zu einem ganz anderen Beitrag...  Hier noch der "Rest" auf der Homepage der FTD - inzwischen sind Beitrag und Link verschwunden
 * Nachtrag2: eingehende Prüfung ergab: der Artikel verschwand nicht - er wurde neu "umverpackt" und bildet nun die Mitte eines umfassenderen Artikels. In seiner ursprünglichen Form schien er der FTD wohl zu brisant.

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Das lässt in etwa ahnen, wie es hinter den Kulissen des schwarz-gelben Liebeskoalition in Wahrheit ausschaut - und kristallklar offenbart sich die wahre Interessenlage der FDP genau so, wie das Westerwell'sche Arbeitslosen-Bashing zu Jahresbeginn es bereits nahe legte. Diese Schrille ist kein Zufall - die FDP muss nicht nur den Verzicht auf ihre - in solchen Zeiten vollkommen hirnrissige - Steuersenkungs-Politik verdauen: inzwischen droht ihr der Verlust jeglichen realen Einflusses auf die Regierungspolitik überhaupt.

Und das ist gut so... Irgendwann einmal muss doch selbst dem vernageltsten FDP-Wähler klar werden, dass man heute nicht mit erwiesenermaßen falschen Rezepten von gestern die schwerwiegenden Probleme von morgen bekämpfen kann. Das FDP-Mantra - der freie Markt würde alles zum besten regeln - ging auch bisher immer schon nur für eine Klientel auf: Reiche und Superreiche. So wird es höchste Zeit, dass die Wahlergebnisse und damit der politische Einfluss dieser Interessenvertretungspartei sich dem Anteil derer annähern, zu deren Wohle sie ihre Politik schon immer betreibt - und das sind dann eigentlich eher noch weniger als 5%. Doch zurück zur Finanz- und Wirtschaftsfront.

Der Schritt der EZB bricht vorerst jegliche Kurzfrist-Spekulation, wie wir sie im Falle Griechenland mitansehen mussten. Hier machten finanzstarke Spekulanten durch das gezielte Hochtreiben der Zinsen für griechische Staatsanleihen Kasse im mehrstelligen Milliarden-Bereich - und brachten so eine Volkswirtschaft ans Schlingern, die immerhin Platz 34 in der Welt einnimmt - zwar nicht völlig ohne, aber doch ohne hinreichenden realwirtschaftlichen Hintergrund. Denn 2009 hatte Griechenland ein Wachstum von -2%. Wem das schlecht erscheint - hier noch ein paar Zahlen zum Vergleich: D: -5,0%, GB -4,8%, I: -4,8%, E:-3,6% F: -2,2%.

Der EZB-Schritt nun ist höchst logisch - und womöglich die weitreichendste Entscheidung des Jahrzehnts im anstehenden Finanz-und Wirtschaftschaos. Warum? Vielen unbekannt - und hier offenbart sich die Scheinheiligkeit der FDP-Schelte abermals - aber, wie man wissen sollte , akzeptiert die EZB bereits seit Längerem Schrott-Derivate von Banken als Sicherheit im Gegenzug zur Ausgabe frischen Geldes. Gemessen daran stellt ein Ankauf selbst von griechischen Staatsanleihen noch eine geradezu hochsolide Basis für Geldschöpfung dar - denn bald wird sich zeigen, wie wertlos all dieser Derivate-Müll wirklich ist.

Aufreger für Neoliberale kann hier allein noch die Formalie sein, dass mit dem - durch keinerlei wirtschaftlich zwingende Fakten unterlegten - Anspruch, Zentralbanken hätten von der Politik unabhängig zu sein, gebrochen wird. Zwar wird uns dies seit Generationen als böses Übel eingetrichtert - was aber nichts daran ändert, dass in der jüngeren Geschichte keine Vorfälle relevanten Ausmaßes bekannt sind, in denen eine ausufernde Staatsverschuldung wirklich ursächlich für eine große Krise gewesen wäre. Japan hat seit Jahrzehnten eine Staatsverschuldung von weit über 100% (inzwischen 200%) seines BIP - doch zusammengebrochen ist da bisher nichts. Zusammenbrüche - und es gab etliche - waren dagegen stets eine Folge gleichsam anonymen "Marktverhaltens", das sich an dieser Schwachsinn-These orientierte - nicht aber eine Folge ihr innewohnender Kausalität. Hier wird - wie selten - deutlich, auf welche Weise Manipulation der Hochfinanz mit Kampagnen in den - ihr gehörenden oder von ihr abhängigen - Medien Hand in Hand arbeiten. Das aktuelle Griechenland-Bashing belegt dies beklemmend.

Für die Demaskierung neoliberaler Lügen kann man einen durchaus überzeugenden Beweis vorlegen: Weltweit kursieren nicht weniger als 600000 Mrd $ an Derivaten - von Banken zu über 90% im Eigenhandel bewegt. Das ist mehr als das 10-fache des BIP aller Länder der Welt zusammen genommen. Das ist eine Summe, gegen die aktuelle Staatsverschuldungen wie D: 3600 Mrd $ oder GR: 400 Mrd $ geradezu als Peanuts daher kommen. Zur Verdeutlichung im Klartext: die private Finanzindustrie hat hier eine Blase von über 1000 % des Welt-Jahres-BIP aufgepumpt! Kein Sparprogramm der Welt - von wem auch immer - wäre in der Lage, dies auch nur ansatzweise zu tilgen. Und in verräterischer Weise (oder vielleicht auch aus Gewohnheit?) erstrecken sich sämtliche öffentlichen Debatten bislang noch immer allein nur auf Staatsverschuldungen!

Dabei hieße, Staatsverschuldung zwischen Ländern zu vergleichen, zunächst einmal, dass man auch vergleicht, was mit diesem Geld  jeweils geleistet wird. Das ist in der EU zumeist weitaus mehr, als z.B. in den USA oder (nach jahrelangem neoliberalen Raubbau...) in GB. Die - im CIA fact book jederzeit nachlesbare - externe Gesamtverschuldung einer Volkswirtschaft hingegen ist schon eher eine brauchbare Vergleichsgröße, wenn es um Verschuldung geht. Ein paar Zahlen hierzu: USA: 13200 Mrd $, GB: 9000 Mrd $, D: 5200 Mrd $, F: 5000 Mrd $ ... andere interessante Zahlen: GR: 550 Mrd $, Russland: 370 Mrd $, China: 350 Mrd $ - und Japan: 2200 Mrd $ (!).

Staatschulden sind nicht per se schlecht, denn: hinter Staatsschulden stehen Werte - wenn nach den leidigen Privatisierungsorgien vielleicht auch weniger als zuvor - und zwar deutlich nachhaltigere als hinter den meisten der neuen "Finanzprodukte". Und vor allem sind es Werte, die - im Gegensatz zum Finanz-Müll - in vielen Punkten die Lebensbedingungen von Menschen direkt berühren. Und so sollte es - nach jahrzehntelanger neoliberaler Verirrung - nicht wirklich überraschen, dass die Politik sich nunmehr zum Handeln gedrängt sieht: endlich legt man die Axt an die Bankenmacht. Es darf vermutet werden - ablesbar an der Kehrtwendung der deutschen Regierung und der Beteiligung des IWF - dass all dies wohl kaum ohne Absprache mit den USA zustande kam. Schließlich kämpft dort die Obama-Administration letztlich mit vergleichbaren Problemen.

Die Medienbeschreibung des Rettungsschirms ist ausnahmsweise sogar mal zutreffend - da ist zurecht die Rede von "All in" (ein bekannter Begriff aus dem Pokerspiel...) oder "Nuklear-Option" - kurzum: es geht um Alles oder Nichts. Experten, Analysten und die große Schar der Mietmäuler des Neoliberalismus werden Wochen wenn nicht Monate benötigen, um sich neu zu positionieren - und uns dann ihre Wahn-Thesen neuerlich als alten Wein in neuen Schläuchen präsentieren. Bis dahin erwartet uns ein schrillabsurdes Stimmengewirr und wohl auch Chaos an den Märkten.

"Nun - alles in Butter..." ? Viel Grund zu vorschneller Freude besteht keineswegs - dazu ist der Bruch mit bislang gültigen Paradigmen schlicht zu groß. Hier wird ja nicht das Ende einer uns bislang in ihrem Ausmaß verschwiegenen Krise markiert. Es ist vielmehr der Eintritt in ihre entscheidende Phase - zu dem wir uns schon dankbar schätzen dürfen, dass man die Krise inzwischen - wengistens indirekt - überhaupt zugibt. Gerade mal wenige Tage hielt die Begeisterung an Märkten und Börsen an - inzwischen befinden sich Euro und Dax wieder im Abwärtstrend. Dies legt nahe, dass Hochfinanz und Spekulanten-Gesox nicht im Geringsten daran denken, ihre illegitim errungene Macht so einfach herzugeben.

Man muss nur den Kern aktueller Medienkampagnen betrachten, um zu erahnen, wo die winzige Finanzoligarchie weiterhin keine Gelegenheit auslassen wird, die Brechstange anzusetzen, um Widerstand gegen ihre weltweite Machtergreifung aufzubrechen. Jene Erregung, mit der z.B. Deutsche und Griechen sich in diesen Tage gegenseitig beschuldigen, sollte uns allen Weckruf zur Besinnung sein - für das was noch kommen könnte. Strategisch vollkommen richtig wird man die Brechstange am Grundproblem nahezu aller Demokratien weltweit ansetzen:

Kein Land - und schon gar nicht die EU oder sonst irgendeine supranationale Institution - hat bislang ein zukunftsgerichtetes Modell gesellschaftsverträglichen Wirtschaftens entwickelt - wobei man anmerken muss: dies ist gewiss auch nicht einfach - und schon gar nicht unter dem Regiment einer privaten Geldschöpfungs-Industrie. Dass diese die mit der Geldschöpfung verbundene Macht nicht zum Gemeinwohl sondern zu ihrem Eigennutz einsetzen wird, war allerdings schon immer klar und vorhersehbar.

Wie groß diese - entgegen gängiger Auffassung - staatenlose Macht ist, erleben wir gerade. Lemminggleich stürzten und stürzen sich die Regierungen - auch unsere - die Klippe hinunter und ruinieren ihre Staatfinanzen immer noch mehr. Nutzen wird dies - insbesondere den Bevölkerungen - nichts, denn bisher landeten alle gigantischen Hilfsprogramme durchweg bei jenen, die in Wahrheit die Krise verursachen: bei gobalen Großbanken und Großkonzernen. Die Griechen werden nichts davon haben - und unsere Bevölkerung - deren weiter brav ackernder Teil für all den Unsinn aufkommen müssen wird - auch nicht.

Das Rettungsschirm der EU schafft unserer Politik lediglich die Voraussetzung, sich überhaupt zur Wehr zu setzen. Ob sie es denn auch tun wird, steht noch auf einem völlig anderen Blatt. Im Moment mögen Optimisten den Tsunami der Sparappelle noch als Beschwichtigungsrethorik deuten - schließlich muss gerade die deutsche Regierung ihren Wählern eine beachtliche Kehrtwende verklickern. Sollte sie aber dermaßen vom Wahnsinn gebeutelt sein - die bisher schon grottenfalsche Politik der Verarmung breiter Massen und des Staates fortzusetzen - womöglich sogar verschärft - dann ist Chaos auf allen Ebenen vorprogrammiert: hier, in der EU, und weltweit...

Die Zielvorstellung hinter den Kulissen dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit lauten: Hoch-Inflation... und hier nicht die Zahlen hinter dem, sondern jene an den ersten paar Stellen vor dem Komma. Hierzu hält unsere "Ökonomie-Weisheit" ja den Lehrsatz bereit, dass Inflation ein Ergebnis einer überproportionalen Erhöhung der Geldmenge sei. Leider stammt dieser Lehrsatz aus vergangenen Jahrhunderten - und heute kann man ihn allenfalls noch als "Leersatz" betrachten. Moderne Produktionssysteme sind längst über weite Bereichen skalierbar in ihrer Produktion - damit man eben stets dicht am sich in einer Sättigungswirtschaft rasch wandelnden Bedarf produziert. Sollte mehr Geld im Breitenhand (wovon derzeit gewiss keine Rede sein kann...) die Nachfrage wirklich anziehen lassen, könnte und würde die Produktion entsprechend hochgefahren werden - ohne Investition, ohne neue Arbeitsplätze. Hiermit entfällt die Voraussetzung für dauerhafte Preissteigerungen nachhaltig.

Ja - was soll das denn dann mit dem fortwährenden Inflations-Gerede? Und genau hier wird es nun interessant. Der obige Mechanismus gilt allein in der realen Güter- und Leistungswirtschaft. Und nur über diese versorgen sich die Menschen mit allem, was sie brauchen. Inflation hier ließe sich nur erreichen, wenn man die Produktionskapazitäten dramatisch herunterfährt - oder sich ihrer auf anderen Wegen bemächtigt. Freiwillig werden Produzenten sich hierauf nicht einlassen - also muss man ihnen den Markt wegnehmen. Erschreckend: Genau dies ist, worauf das hinausläuft, was in den vergangenen Jahrzehnten an gleich mehreren Fronten betrieben wurde:

Zum einen gibt es in sämtlichen Industrienationen - besonders in USA, GB, aber auch weltweit - einen ungebrochenen Trend zur De-Industrialisierung. Private Equities, Hedgefonds, Basel 2 etc. führten zum Verschwinden am Markt durchaus erfolgreich operierender Mittel-Unternehmen - ersetzt werden ihre Marktanteile meist durch globale Mega-Konzerne - die so immer mehr in marktbeherrschende Positionen geraten. Dies bedeutet: Preise können immer willkürlicher festgelegt werden.

Die frei werdende Arbeitskapazität wurde - zumindest teilweise - von Dienstleistungs-Sektoren aufgenommen, in denen sich recht willkürlich an der Lohn-Schraube herumspielen lässt - und bei denen eine direkte Abhängigkeit von der allgemeinen Einkommensentwicklung besteht. Die restliche Arbeitskapazität hält man sich als Arbeitslose - und es dürfen keinesfalls zu wenig sein, damit stets ein hohes Erpressungs-Potential gegenüber jenen besteht, die man noch für die produktive Arbeit braucht. Bester Trick aller Zeiten hier: Leih- und Zeitarbeit. Der ist gleich doppelt wirksam: erstmal ist der Arbeitnehmer-Lohn hier deutlich geringer als zuvor - und zweitens veranlasst die mit Zeitarbeit einher gehende Unsicherheit Arbeitnehmer, vom ohnehin schon geringeren Einkommen auch noch was auf die hohe Kante zu legen.

Die dritte Front: Privatisierung staatlicher Leistungen. Vor allem in den Sozialsystemen eine höchst wirksame Komponente - wenn die staatliche Daseinsvorsorge ausgehöhlt ist, müssen Menschen deutlich mehr sparen - um eben selbst vorzusorgen.

In de Summe sorgen alle drei Wege dafür, dass der für den Konsum frei verfügbare Einkommensanteil fortwährend schrumpft. Die hiermit rückläufige Breitennachfrage zwingt kleinere Produzenten erst zur Anpassung - dann zu einem gnadenlosen Preiswettbewerb und schließlich zur Aufgabe - allein finanzstarke Riesenkonzerne können diese Entwicklung überleben, bzw. ihre Marktmacht dabei sogar noch ausbauen. Schon heute wechselt so manches Auto hinter vorgehaltener Hand - nur mühsam kaschiert als Re-Import, Sonderaktion u.v.m. mit saftigen Abschlägen auf seinen "Listenpreis" den Besitzer - Verschrottungsprämie hin oder her. Neulich stieß ich auf ein solches Angebot mit fast 50% Preisabschlag. Dies bedeutet nichts weniger - als dass die Listenpreise der Automobil-Konzerne bei weitem zu hoch angesiedelt sind.

In Deutschland war diese Entwicklung besonders verheerend - und sie dürfte uns inzwischen einen beachtlichen Anteil unserer Wirtschaftskraft gekostet haben. Die frei verfügbaren Lohnanteile liegen hier heute immer noch auf - oder unter dem Niveau zur Jahrtausendwende. Ein wirksames Arbeitsrecht in Deutschland existiert praktisch nicht mehr - die Sozialsysteme sind marode und stehen mehr oder weniger vor ihrem Zusammenbruch. Riesige Discounter bestimmten die Lebensmittelpreise für die Masse der Bevölkerung, Energieriesen Preise für die notwendige Energie, vielerorts ist die lebensnotwendige Wasserversorgung schon in den Händen obskurer Auslands-Finanziers (Cross Border Leasing...). Gentechnik-Konzerne setzen alles daran, die gesamte Landwirtschaft in Abhängigkeit von ihrem patentierten Saatgut zu bringen.

Entgegen den Versprechungen des Neoliberalismus bescherte uns all dies nicht mehr Markt, sondern weniger Markt. Nicht mehr Binnenkonsum, sondern weniger Binnenkonsum. Nicht mehr Wohlstand, sondern weniger Wohlstand - zumindest für die Masse. Nicht mehr medizinische Versorgung, sondern weniger - nicht höhere Altersversorgung, sondern geringere, nicht mehr Bildung und Qualifikation, sondern weniger.. und und und. Und zu guter Letzt nun: nicht mehr Demokratie, sondern weniger - und wie jeder Hartz IV-ler weiß: auch nicht mehr Recht, sondern weniger... All dies aber liegt inzwischen zurück - und nunmehr erreicht die Entwicklung die nächste Ebene - und ihren vielleicht letzten Widerstand: Innerhalb dieses Systeme haben selbst gewählte Spitzenpolitiker längst keine Spielräume mehr. Nichts macht das so deutlich wie die gigantischen Beträge zur Bankenrettung 2009. Doch offenbar brauchte es dann doch noch die Euro-Spekulation - damit der Politk nun endlich ihre Lage und auch ihre Verantwortung klar wurde. So weitermachen wie bisher wird vorhersehbar in einer Verlängerung der Parallelen zu den 30 er Jahren resultieren.

Da nahezu alle relevanten Parteien hierin bereits zutiefst verstrickt sind, wächst die Gefahr einer Radikalisierung der Bevölkerung nunmehr mit jedem Tag weiteren Zögerns. Und hierzulande lauert die Gefahr schon traditionell keineswegs - wie von den Medien immer noch gerne behauptet - links, sondern rechts. Wer all dies für übertrieben hält und sich etwas wirklich Gruseliges antun will, kann sich davon gerne in diesem bemerkenswerten Artikel überzeugen. Es besteht kein Zweifel - die Volksseele kocht bereits - und doch möchte ich meine Mitbürger dringendst zum Nachdenken aufrufen. Lasst Euch nicht länger an der Nase herumführen! Informiert Euch - hinterfragt alles und jedes - traut den Medien nicht weiter, als ihr deren Behauptungen nachvollziehen könnt. Nein - gleich was Kandidaten welcher Farbe auch immer versprechen - die kuscheligen Jahrzehnte liegen fürs Erste hinter uns. Es wird ruppig werden und man wird u.U. noch mehr Einschränkungen hinnehmen müssen - aber zu Einem sollten wir uns unter keinen Umständen verleiten lassen: irgendeinem braunen Gesox ein aberes Mal den Teppich auszurollen. Übrigens: braun kann man auch unter einer blauen oder sonstig gefärbten Jacke tragen!

Gerade die Masse der Bevölkerung muss jetzt lernen - und zwar schnell. Alle Sparbemühungen der vergangenen Jahre - mit zum Teil gravierenden Auswirkungen für die Bevölkerung - sind seit Anfang Mai sowieso Makulatur. Jede einzelne von ihnen war uns zwar als Heilsbringer verkündet worden, jede Einzelne von ihnen aber hat lediglich die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer gemacht. All diese Opfer sind nun wirklungslos "verpufft". Damit muss nun endlich Schluss sein. Die Sparwut trifft NICHT die Finanzwirtschaft - sie trifft aber die Realwirtschaft und so irgendwann auch ihren Arbeitsplatz: Minus 5% Wachstum 2009 sind ein deutliches Warnzeichen - in dessen Kommunikation sich die Medien hierzulande merkwürdig auffallend zurück gehalten haben. Und so wird entscheidend sein, ob die Massen sich nun weiter gegeneinander aufhetzen lassen - oder ob sie vernünftigerweise die Solidarität unter der einfachen Bevölkerung in allen Staaten suchen. Bekanntermaßen geschah in den 30er Jahren Ersteres - hoffentlich geht diese schäbige Rechnung des widerlichen Packs diesmal nicht auf...

Dabei ist es einfach... Menschen sind auf Finanzmärkte nicht angewiesen - in der heutigen Industrie-Gesellschaft dagegen sehr wohl auf die Realwirtschaft. Und genau zwischen diesen beiden- und nur zwischen ihnen verläuft - auch wenn man es uns nicht so kommuniziert - die künftige Hauptkampflinie, quer durch Staaten und Wirtschaftsräume. Selbst die Debatte darüber, ob es klug gewesen ist, in der Vergangenheit - ohne zwingende Not - unseren Binnenmarkt zu so derart zu demontieren, muss hinten anstehen. Viel wichtiger ist jetzt: Es darf keinesfalls mehr so weiter gehen! Nicht in Deutschland, nicht in der EU - und auch nicht in den USA. Aufgrund ihrer politischen Tradition tun sich hier EU-Staaten etwas leichter als etwa GB oder die USA. Und die EU ist die größte Wirtschaftsmacht der Welt - und so kann sie wenigstens vom Format her dem herannahenden Chaos entgegen treten.

Dies allerdings wird sich mit Deflations-Politik nicht erreichen lassen - sondern durch Wiederentdeckung und entschlossene Wahrnehmung des eigentlichen Mandats ihrer Bevölkerung. Die Aufgabe lautet: Wiederherstellung des Primats des Gemeinwohls ohne Rücksicht auf Partial-Interessen aller Art - besonders die der Hochfinanz und Superreichen. Vermutlich sehr bald wird sich dann zeigen, wie die Chancen für eine Bewältigung der Finanzkrise überhaupt stehen: innerhalb des Systems sind sie sowieso praktisch gleich NULL.

Gleich einem gigantischen Staubsauger wird die innerlich wertfreie Derivatblase alles aufsaugen, was irgendwo auf der Welt noch entfernt werthaltig sein könnte - und dabei wird sie niemals "satt" werden können. Diesem Staubsauger muss endlich die Luftzufuhr abgeschnitten - oder besser noch - der Motor abgestellt werden. Dies wird ohne drastischen Schritte nicht möglich sein - gleichwohl sind Staaten, demokratische zumal, zu solchen durchaus legitimiert. Wozu immer man sich durchringt - Erfolge werden sich nur einstellen, wenn auf der folgenden Skala von Maßnahmen hohe Übereinstimmungen erreicht werden:

Absolutes Primat für die Realwirtschaft. Weg mit teuren Konzern-Subventionen, Beschäftigungsprogrammen und behördlicher Gängelung von Menschen. Staat und Wirtschaft sind für die Bürger da - nicht der Staat für die Wirtschaft. Auf dem deformierten Arbeitsmarkt muss das Gleichgewicht unter den Marktteilnehmern wieder hergestellt werden - Ersatz großer Teile des Steuer- und des Sozialsystems durch ein bedingungsloses, existenzsicherndes Grundeinkommen, das über Umsatzbesteuerung (mit international abgestimmten Ausgleichsregeln) finanziert wird. Hier ein interessanter Film dazu... Folgen: sichere Steuereinnahmen, Entlastung der Unternehmen von hohen Lohnkosten und Sozialabgaben. Dies schafft neue Sicherheit und Spielraum für Arbeitnehmer und Unternehmen gleichermaßen, sich nach ihren Vorstellungen und Möglichkeiten in volkswirtschaftlich sinnvolle Arbeit einzubringen. KEINEN CENT Staatsgeld für BANKEN mehr - auch nicht indirekt wie z.B. beim Griechenland-Bailout. Hohe Besteuerung aller Formen von Spekulations-Geschäften und leistungslosen Gewinne. Verbot von Leergeschäften. Bilanzierungspflicht und strenge Reglementierung im Eigenhandel der Banken. Zusammenbrechende Banken und Unternehmen sind staatlich zu reorganisieren und bei Bedarf allein auf die Belange der Realwirtschaft ausgerichtet weiter zu betreiben. Bei Banken-Zusammenbrüchen verlorene Sparanlagen und öffentliche Gelder sind bis zu einer angemessenen Grenze staatlich zu ersetzen, während bei Finanzdienstleistern hierfür ein Haftungsvorrang geschaffen wird, der außertariflchen Gehältern und Prämien sowie vertraglichen Gewinnabführungen vorgeht. Eigentumstitel sind übergangsweise unter Gemeinwohlvorbehalt zu stellen, bis die Luft aus der Derivatblase vollständig heraus gelassen ist.

ARTKELENDE


 

 


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